Bilanzpressekonferenz Ende der finanziellen Schieflage

Norbert Klüglein
In der Regiomed-Verwaltung in Coburg stellte Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke am Mittwoch die Bilanz des Regiomed-Konzerns vor. Die Zahlen machen Hoffnung, dass die Finanzkrise bald überwunden sein wird. Foto: /Frank Wunderatsch

Regiomedkonzern will 2022 eine „schwarze Null“ schreiben. Dann soll der Schuldenberg von 40 Millionen Euro abgetragen sein. Es gibt aber noch viele Unwägbarkeiten.

 
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Coburg - Der fränkisch-thüringische Krankenhauskonzern Regiomed will im kommenden Jahr die „schwarze Null“ erreichen. Das sagte Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke am Mittwoch auf der Bilanzpressekonferenz in Coburg. Die Rückkehr in die Gewinnzone peilt das Unternehmen, das 5500 Mitarbeiter in den Landkreisen Coburg, Lichtenfels, Sonneberg und Hildburghausen beschäftigt, spätestens im Geschäftsjahr 2024/2025 an.

„Wir hoffen, dann das Gipfelkreuz zu sehen“, sagte Schmidtke, der die Konsolidierung des Gesundheitskonzerns mit einer Expedition im Hochgebirge vergleich. „Im Moment haben wir das Basislager erreicht. Der Anstieg am Ende wird aber noch sehr steil.“ Wie schnell das Unternehmen, das Schmidtke hoch verschuldet im Juni 2019 übernommen hatte, tatsächlich aus den roten Zahlen herauskommt, liegt allerdings nicht nur an den Sanierungsbemühungen von Geschäftsführung und Mitarbeitern, sondern auch an den politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. „Wäre nicht die Corona-Krise gekommen, dann hätten wir wahrscheinlich schon in diesem Jahr keinen Verlust mehr geschrieben“, zeigte sich der Hauptgeschäftsführer zuversichtlich. Ferner sei noch völlig offen, welche gesundheitspolitischen Akzente eine neue Bundesregierung setzt und wie die sich auf die Krankenhausfinanzierung auswirkt.

Tatsächlich beeinflusste die Corona-Pandemie die Geschäftszahlen der fünf Kliniken nachhaltig negativ, die Regiomed in Coburg, Lichtenfels, Neustadt bei Coburg, Sonneberg und Hildburghausen betreibt. Einerseits seien die Sachkosten deutlich gestiegen, andererseits hätten die Häuser die Belegungsquote der Vor-Corona-Zeit nicht wieder erreicht. „2020 verzeichneten wir einen Rückgang der Fallzahlen um 20 Prozent. In diesem Jahr sind es bisher zehn Prozent“, erläuterte Hauptgeschäftsführer Schmidtke. Er erklärte diese Entwicklung mit der Angst von Patienten, sich möglicherweise während eines stationären Aufenthalts mit Corona zu infizieren und einer zunehmenden „Ambulantisierung“, wie er sich ausdrückte. Gemeint ist damit, dass immer mehr Eingriffe ohne anschließenden Klinik-Aufenthalt durchgeführt werden. Konkret schrieb Regiomed 2020 einen Bilanzverlust von 6,7 Millionen Euro. Einnahmen von fast 400 Millionen Euro standen Personalkosten in Höhe von 254 Millionen Euro, Materialkosten von 91 Millionen Euro und betriebliche Aufwendungen von knapp 42 Millionen Euro gegenüber. Für das laufende Geschäftsjahr geht der Regiomed-Konzern von einer Reduzierung des Verlust auf 3,9 Millionen Euro aus. Erst 2022 sollen sich Einnahmen und Ausgaben etwa die Waage halten.

Die Kostenentwicklung in den einzelnen Häusern ist dabei durchaus differenziert zu betrachten. Während es dem Klinikum Coburg in diesem Jahr vermutlich gelingen wird, den Verlust von einer Million Euro aus 2020 in einen rund gleichhohen Gewinn zu verwandeln, soll der Verlust in Lichtenfels um rund 300 000 Euro auf 640 000 Euro wachsen und in Sonneberg von 247 000 auf 742 000 steigen. Kleinere Bilanzverbesserungen schafften die Klinik Hildburghausen (Abschmelzen des Minus von 3,4 auf 1,9 Millionen Euro) und die Klinik Neustadt bei Coburg. Dort wird der Verlust wahrscheinlich von 1,7 Millionen Euro auf 1, 3 Millionen Euro zurückgehen.

Trotz der Erfolge, die Regiomed mit seinem Restrukturierungsprogramm erreicht hat, gibt es Gefahren, die die Krankenhausfinanzierung per se bedrohen: „Kosten und Erlöse laufen immer deutlicher auseinander“, warnte Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke. Getrieben durch höhere Sachkosten und gestiegene Tarife bei Löhnen und Gehältern öffne sich die Schere zwischen der Einnahmenseite, die gekennzeichnet sei durch weniger Patienten und zu geringe Fallpauschalen, und der Kostenseite immer deutlicher. Die Lücke bezifferte Schmidtke auf rund 1,3 Prozent jährlich. Für Regiomed sind das Millionenbeträge, die zusätzlich zu dem Sanierungsprogramm eingespart werden müssen, soll das Eigenkapital angegriffen werden.

Seit Beginn der Sanierung konnten laut Schmidtke bereits 17 Millionen Euro konzernweit eingespart werden. „Weiterhin wurden 240 Maßnahmen identifiziert, die bis 2025 umgesetzt werden sollen“, sagte er. Der Hauptgeschäftsführer verspricht sich dadurch weitere 28 Millionen Euro an Einsparungen. Schwerpunkte sind hier die Änderung der Medizinstrategie, die Zentralisierung des Einkaufs, Kostenverbesserungen an den Kliniken Coburg und Lichtenfels sowie Einsparungen bei den Servicegesellschaften.

Eine wesentliche Voraussetzung für die Rettung des Krankenhauskonzerns vor der Zahlungsunfähigkeit war die Bereitschaft der Gesellschafter – das sind die Stadt und der Landkreis Coburg sowie die Landkreise Lichtenfels, Sonneberg und Hildburghausen – Kassenkredite zu gewähren und Kapital nachzuschießen. Kein leichter Schritt für die Kommunen. „Es bestand aber nie Zweifel an der Sinnhaftigkeit der kommunalen Strukturen“, bekräftige am Mittwoch Coburgs Landrat Sebastian Straubel, der Vorsitzender der Gesellschafterversammlung ist. Nur so könne eine bestmögliche Gesundheitsversorgung der Bevölkerung gewährleistet werden. Straubel freute sich, dass „das Ende der finanziellen Schieflage nun erreicht ist.“

Trotzdem der Fokus bei Regiomed auf Sparen und Optimieren liegt, wurden auch neue Projekte auf den Weg gebracht, wie Alexander Schmidtke berichtete. Als Beispiel nannte er die Gründung des Zentrums für Altersmedizin. Im allen vier Landkreisen existieren heute Fachkliniken, Ambulanzen und Reha-Einrichtungen zur Behandlung altersbedingter Krankheiten. Darüber hinaus wurde die Großküche in Lichtenfels in Betrieb genommen, Rettungswachen in Sonneberg und Hildburghausen eröffnet, ein Frühchensimulator in der Kinderklinik Coburg angeschafft, das Endokrinologiezentrum am Standort Lichtenfels in Betrieb genommen und Regiomed als Gefäßzentrum zertifiziert. Die Kliniken Neustadt bei Coburg und Hildburghausen erhielten einen neue Ausrichtung.

Ein großes Problem für alle medizinischen und pflegenden Einrichtungen ist der Personalmangel. Auch hier hofft Regiomed dank eigener Anstrengungen darauf, besser dazustehen als konkurrierende Unternehmen: „Wir bilden jetzt schon Pflegekräfte über den eigenen Bedarf hinaus aus“, bekräftigte Alexander Schmidtke. Und nächstes Jahr soll der erste Ärzte-Jahrgang die Medical School des Konzerns verlassen.

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