Bildband über Indianer Zeigen, was ist und was war

Simon Rilling

Die Aufnahmen des Fotografen Michael Sherwin sind Spiegel und Erinnerung zugleich und unterstreichen eindrucksvoll, dass die Geschichte Amerikas viel älter ist als Christopher Columbus und deutlich reicher als nur europäisch.

 
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Cheyenne - „Steck irgendwo in den USA eine Schaufel in den Boden und Du findest eine Geschichte. Eine, die Du vermutlich noch nie gehört hast und die dir auch in der Schule nicht erzählt wurde“, schreibt Kirsten Rian in ihrem Begleittext zu Michael Sherwins Bildband „Vanishing Points“ – zu Deutsch: Fluchtpunkte.

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Denn die Geschichte Amerikas, sie beginnt nicht erst 1492. Das halbe Jahrtausend seit Kolumbus, in den Augen der Ureinwohner ist es nur ein Sturm, der eines Tages weiterziehen wird – sofern er nicht auch noch die letzten Spuren der indianischen Kultur und Zivilisation verschlingen sollte.

Bilder als Spiegel und Erinnerung

Sherwin hat sich für seine „Fluchtpunkte“ auf die Suche nach heiligen Stätten, ehemaligen Schlachtfeldern und Ausgrabungsstätten der Native Americans gemacht. Er zeigt, was ist und was war. Seine Aufnahmen, zugleich Spiegel und Erinnerung, Gegenwart und Vergangenheit, entfalten oft erst im Kontext des Bildbands ihre Wirkung. Ein toter Fuchs am Straßenrand, eine alte Couch und eine durchgelegene Matratze im Wald.

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Oder das Suncrest Towne Centre in Morgantown, West Virginia. Nachdem bekannt geworden war, dass auf dem Grundstück einst ein Friedhof des Monongahela-Stamms war, sah Walmart davon ab, dort ein Einkaufszentrum zu bauen, und übergab es der Universität von West Virginia. Die wusste nicht, was sie damit anfangen sollte, verkaufte das Land und auf dem einstigen Friedhof entstand: eine Shoppingmall. Immerhin: Die Überreste schickte die Entwicklungsfirma an die Ureinwohner zurück. Dummerweise an die Seneca – die traditionellen Erzfeinde der Monongahela.

Ein Stück Kohle für die Moderne

Ein Stück Kohle, eine leere Flasche Schnaps und eine Dose Insektenspray: Neben großformatigen Landschaftsaufnahmen zeigt Michael Sherwin auch Details. Reste der heutigen Zivilisation, die er vor Ort aufgesammelt hat und mit denen er die Frage in den Raum stellt, was diese Spuren über uns verraten. Die bittere Erkenntnis: wenig Gutes.

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Bildband
Michael Sherwin: Vanishing Points. Kehrer Verlag, 172 Seiten, 87 Bilder, englische Texte, 45 Euro.