Blutarmut im Spenderlokal Großer Mangel an Blutprodukten

Luise Evers
  Foto: /McPHOTO / BBO/Imago Images

Die Zahl der Blutspender sinkt kontinuierlich. Der Bedarf bleibt dennoch hoch. Das Rote Kreuz spricht von einer „kritischen Situation“. Gleichzeitig erhalten Bereitschaften zum Teil keine Termine mehr.

 
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Angesichts mangelnder Vorräte ruft das Deutsche Rote Kreuz bundesweit dringend zu Blutspenden auf. „Wir sind im Moment in einer kritischen Situation, weil wir sehr hohen Bedarf an Blutkonserven in Kliniken haben“, sagte der Sprecher der Blutspendedienste des Deutschen Roten Kreuzes, Patric Nohe, anlässlich des Blutspendetags an diesem Dienstag.

So müssten durch die Corona-Pandemie verschobene Operationen noch nachgeholt werden. Demgegenüber stünden Ferien, Feiertage und ein hohes Reiseaufkommen, was zu einer rückläufigen Spendenbereitschaft führe. Viele Spender seien nicht erreichbar. „Wer also noch nie Blut gespendet hat, jetzt wäre ein idealer Zeitpunkt dafür“, betonte der Sprecher. Erhebliche Engpässe in der Versorgung mit Blutprodukten bestätige auch der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI), Hubert Schrezenmeier. Demnach ist der Bedarf aktuell höher als das Spendenaufkommen. Neben den nachzuholenden Operationen führe außerdem auch die Rückkehr vieler Freizeitsportler vermehrt zu Unfällen und einem höherem Bedarf an Blutkonserven.

Wie aus Daten des Paul-Ehrlich-Instituts hervorgeht, gab es im Jahr 2020 deutschlandweit insgesamt fast 3,7 Millionen Vollblutspenden. Statistisch gesehen kamen so 4415 Spenden auf 100 000 Einwohner. Wie ein Vergleich zum Vorjahr 2019 darlegt, hat die Corona-Pandemie was das Spendenaufkommen angeht, nur zu geringfügigen Einbußen geführt. Damals lag der Schnitt bei 4517 Spenden je 100 000 Einwohner. Tendenziell geht die Zahl der Spender aber zurück, wie die Statistik weiter darlegt. Noch vor zehn Jahren, also 2012, lag der Schnitt bei 5930 Spenden je 100 000 Einwohnern.

Wie der Sprecher des Blutspendedienstes auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt, sind derzeit pro Tag 20 mobile Teams unterwegs, um Blutspenden in ganz Bayern durchzuführen. Für die Zukunft plant der BSD nach eigener Aussage „Optimierungspotenziale in Bezug auf die Termineffizienz und -Wirtschaftlichkeit zu analysieren und zu nutzen sowie Terminorte mit hohem Spenderpotenzial weiter auszubauen“.

Dies hat durchaus Folgen vor Ort. Nach Informationen unserer Zeitung haben oberfränkische BRK-Bereitschaften, die bereits seit Jahrzehnten regelmäßig vier Blutspendetermine im Jahr durchgeführt hatten, zuletzt erst weniger Termine pro Jahr und seit diesem Jahr überhaupt keine Termine mehr vom BSD zugeteilt bekommen. Bei diesen Terminen schwankten die Spenderzahlen meist zwischen 70 und 90.

Für den BSD rechnet sich ein Blutspendetermin nach eigener Aussage dann, wenn sich die Spenderzahl um den bayernweiten Durchschnitt bewege. Dieser lag zuletzt bei 120 Spendern, wie der BSD auf Nachfrage mitteilt.

Was die sinkende Anzahl an Blutspendern angeht, setzt der BSD darauf, „das Thema in die Mitte der Gesellschaft zu tragen“. „Blutspenden sind ein unersetzlicher, alternativloser sowie solidarischer Dienst an der Gemeinschaft“, schreibt der BSD dazu. Als Maßnahmen, das Spenden für die Menschen so einfach wie möglich zu gestalten, nennt der Blutspendedienst auf Anfrage unserer Zeitung unter anderem Faktoren wie eine digitale Spendenapp, Terminreservierungen, mit denen seit Kurzem ein fester Zeitpunkt für die Spende gebucht werden kann, sowie kurze Anfahrtswege.

Mit der Entscheidung, Bereitschaften, bei deren Terminen scheinbar zu wenig Menschen zur Spende kamen, keine Termine mehr zuzuteilen, hat der Dienst einige Spender schwer vor den Kopf gestoßen. Mehrere treue Spender, von denen unsere Zeitung weiß, haben bereits angekündigt, nun nicht mehr zur Spende gehen zu wollen.

Und auch bei den Ehrenamtlichen, die bislang immer die Spenden betreut hatten, ist der Unmut groß. „Neulich kam ein Paket vom Blutspendedienst“, erzählt ein betroffener Bereitschaftsleiter im Gespräch mit unserer Zeitung. „Ich habe mich schon gefreut, dass wir anscheinend doch wieder einen Termin zugeteilt bekommen haben.“ Nach dem Auspacken kam dann jedoch prompt die Ernüchterung. Es waren Werbe-Plakate für den Blutspendetermin einer anderen Bereitschaft.

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