Wie sich herausstellte, waren die Verletzungen potenziell tödlich. Der Sohn konnte durch eine Notoperation gerettet werden. „Er hat alle glücklichen Momente aufgebraucht“, drückte es die Richterin aus. Viel hätte nicht gefehlt, und er wäre an dem Stich gestorben. Dass er überlebt habe, grenze an ein Wunder, meinte Oberstaatsanwalt Christopher Rosenbusch: „Das Opfer war haarscharf am Abgrund des Todes.“ Dass Heimtücke, ein Mordmerkmal, im Spiel war, ist laut Gericht nicht belegt. Dem Vater hielt das Gericht seine „schwerwiegende Einschränkung der Sehkraft“ zugute. Zudem habe bei dem 53-Jährigen der Eindruck entstehen können, dass er in Notwehr handle, obgleich eine Notwehrsituation nie vorgelegen habe. Auffällig war bei dem Verfahren, dass weder Sohn noch Mutter den 53-Jährigen übermäßig belasten wollten. Der Sohn, so Richterin Huber, habe sich sogar selbst einen Teil der Schuld geben wollen. Von einem in dieser Hinsicht „denkwürdigen Verfahren“ sprach Verteidiger Till Wagler. „Täter und Opfer wollen das Gleiche“, meinte er. Der Vater solle eine Entzugstherapie machen und möglichst schnell wieder in den Schoß der Familie zurückkehren. Derartiges habe er noch nicht erlebt. Dies brachte der 53-Jährige am Ende des Prozesses noch einmal selbst zum Ausdruck. Es tue ihm unendlich leid. Und: „Die Familie hat noch eine Chance verdient.“