„Früher war mehr grob“, sagt der fränkische König in Rot, jetzt aber gehe es auch wieder in Richtung Grob. „Ja, das signalisiert die Handarbeit“, sagt der Thüringer König in Blau. Rot: „Früher gab es nur die Mühlen, keine Topmaschinen.“ Blau: „Ja, die Entwicklung des Kutters“ habe entscheidend zur Entwicklung der Bratwurst beigetragen. Hier Thüringen, dort Franken, aber welcher Geschmack ist jetzt der beste? Blau: Geschmackssache. „Sonst würden wir uns alle in dieselbe Frau verlieben.“ Einhellige Expertenmeinung: „Bratwurst geht immer.“ Es kommt die zweite.
Aber dass sie zum bloßen Fast Food verkommen ist, stimmt nicht. Selbst Sternekoch Leist hat sie auf der Speisekarte. „Als Hommage an die Regionalität.“ Der König in Rot betont, dass er sie selbst auf dem Staatsempfang zu den Bayreuther Festspielen serviert. „Egal, wie hochdekoriert die Leute sind, das geht immer.“ Es folgt die dritte Wurst.
Gibt es wirklich so viel über die Bratwurst zu reden? Thüringen und Bayern haben bundesweit die höchste Metzgereien-Dichte. Immer noch, auch wenn viele Meisterbetriebe schließen müssen, weil kein Nachwuchs mehr da ist. Den roten König drückt seine Krone, sie ist immerhin aus Metall und schwer. Der blaue kennt das Problem. Der Sternekoch drückt die vierte Wurst zwischen seinen Fingern.
Inzwischen sind die drei auf einen Trend zu sprechen gekommen. Vegane Würste finden sie seltsam. „Wenn ich eine Bratwurst essen will, esse ich eine Bratwurst“, sagt Sternekoch Leist. Überhaupt erteilen alle drei nichttierischen Sachen in Wurst- und Fleischform eine Abfuhr.
Bis die fünfte Wurst kommt, singt der blaue König. „Ne Wurst, ne gute Wurst, das ist das Schönste, was es gibt auf der Welt.“ Ein paar Zeilen weiter: „Drum sei auch nicht betrübt, wenn es einmal Tofu gibt.“ Melodie nach „Ein Freund, ein guter Freund“.
Vor der sechsten Wurst diskutieren die drei darüber, ob es immer Holzkohle sein müsse, oder ob nicht auch ein Gasgrill ausreiche. Eigentlich, auch darüber herrscht Einigkeit, sollte es schon Holzkohle sein. „Aber die Leute werden immer bequemer“, sagt der rote König. Der blaue nickt. Der rote weiß, dass die Leute oft gar nicht mehr mit frischer Ware – Bratwürste sind immerhin rohes Fleisch – umzugehen wüssten. So lange haltbar sind sie nicht. Sie seien verwöhnt vom Discounter, der Wurst sogar in Kleinstmengen verkaufe. Aber mit viel Plastik außenrum. „Aber man beschwert sich, dass keine Plastikbecher für Kaffee über die Straße mehr verkauft werden sollen.“ Die nächste Wurst.
Die knallt auf die Geschmacksnerven. „Ein deutlicher Unterschied“, sagt der blaue König. Und der rote und der Koch nicken. Womit sie beim Kümmel wären. Der Rennsteig gilt als sogenannter Kümmeläquator. „Das gibt’s bei uns Franken nicht“, sagt der rote König. Der blaue sagt über die Bratwurstregion Franken-Thüringen: „Die Geschmacksvielfalt ist das Entscheidende.“ Und auf eine „McDonald’s-Einheitsbratwurst“ wolle sich keiner einigen. Auch die Form ist unterschiedlich. Der rote König erlaubt Bratwurstschnecken, kein Wunder: Er ist der Erfinder des Bratwurst-Lollis.
Letzte Wurst. Die Noten von 1 bis 10 sind wie beim Tanzen vergeben. Dass grobe gegen feine Würste antraten, hat es laut den Königen etwas schwieriger gemacht. Der Thüringer auf seinem Bratwurst-Gipfel in Suhl vergibt sonst eher Noten nach Erscheinung der Bräter und dem Ambiente. Weniger nach Geschmack. Der Franke auf dem Pegnitzer Bratwurstgipfel hingegen benotet auch den Geschmack. Trotzdem sind sich Könige und Koch einig: Alle waren super gebraten. Und geschmeckt haben sie auch alle.
Nach drei Stunden Test sind nur noch die Zipfel übrig. Und die Gewissheit: „Jede ist unterschiedlich.“ Aber alle sind gut. Es ist und bleibt Geschmackssache.