Brose-Investition Stadtrat streitet um acht Bäume

Brose investiert an seinem Stammsitz in Coburg über 100 Millionen Euro. Das ist im Stadtrat von Coburg am Donnerstag nebensächlich. Es geht um acht Bäume, die nicht ins Gesamtkonzept passen. Foto: picture alliance/dpa/Nicolas Armer

Brose investiert in Coburg einen dreistelligen Millionenbetrag. Um die Gestaltung der Außenanlagen desWerksgeländes wird fast eine Stunde lang diskutiert.

 
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In der Coburger Südstadt stehen acht alte Linden. Sie sollen Hainbuchen weichen, die der Autozulieferer Brose im Zuge seines Ausbauprogramms an seinem Stammsitz pflanzen will. Hainbuchen deshalb, weil diese – anders als die Linden – zum äußeren Erscheinungsbild passen, das Brose weltweit an allen seinen Standorten umsetzt.

Baureferentin Mechthild Neumann erläuterte den Stadträtinnen und Stadträten am Donnerstag die Veränderungen im Brose-Masterplan 2030, der eine Investition von über 100 Millionen Euro in Coburg vorsieht. Das Parkhaus in der Bamberger Straße ist bereits fertiggestellt, das neue Logistikzentrum an der Dieselstraße im Bau. Entlang der Uferstraße ist ein neues Produktionsgebäude vorgesehen; andererseits sollen bisher geplante Verwaltungsräume nicht errichtet werden.

Unterstützung der Stadt erbittet Brose bei der Zurverfügungstellung einer Zwischendeponie, um dort rund 17 000 Kubikmeter Erdreich und Abbruchmaterial untersuchen zu können. Anschließend soll es verwertet oder an einer genehmigten Lagerstätte endgültig entsorgt werden. Zudem möchte Brose die Dieselstraße in sein Werksgelände eingliedern sowie zeitnah als Baustraße und Parkfläche nutzen.

Die Investitionen und die damit zusammenhängenden Baumaßnahmen spielten in der knapp einstündigen Diskussion keine oder – bis auf die Zufahrt zum Werksgelände über die Uferstraße – eine untergeordnete Rolle. Gestritten wurde darüber, ob acht alte Linden, die auf städtischem Grund stehen, unter Berücksichtigung der weltweiten Gestaltungsvorgaben der Firma Brose „bei der Ausgestaltung der Grünanlagen und insbesondere bei straßenbegleitenden Bäumen“ weichen dürfen.

Bürgermeister Hans-Herbert Hartan (CSU), der die Sitzung in Vertretung des erkrankten Oberbürgermeisters Dominik Sauerteig (SPD) leitete, und Baureferentin Mechthild Neumann betonten mehrfach, dass die Bäume umgesetzt werden sollen. Das sei, so Neumann, zwar teuer, aber machbar und keinesfalls illusorisch, wie Michael Zimmermann (FDP) meinte. Das Wort „fällen“ habe, wie Hartan in der Debatte betonte, niemand von der Verwaltung in den Mund genommen. Die Baureferentin und der Bürgermeister verwiesen darauf, dass Brose die Grünflächen in der Südstadt auf etwa 30 000 Quadratmeter erweitern und 95 Hainbuchen neu pflanzen wolle. Damit wachse der Bestand in der Coburger Südstadt auf mehr als 200 Bäume an. Wenn die Umsetzung der Linden komme, die man – so Neumann mehrfach – verwirklichen wolle, würden weitere Bäume im Stadtgebiet hinzukommen, ergänzte der Bürgermeister.

Damit wollten sich Wolfram Haupt und Melanie Becker (beide Grüne), Michael Zimmermann (FDP) sowie Wolf-Rüdiger Benzel (Coburger Liste) nicht zufriedengeben. Sie betonten den ökologischen Wert der alten Linden und stellten infrage, ob die vorgesehenen Hainbuchen diesen ausgleichen können.

Hartan zeigte sich verwundert über den Verlauf der Debatte. Man diskutiere nicht über ein dreistelliges Investitionsvolumen von Brose, obwohl die Situation in der Automobilindustrie und insbesondere bei den Zulieferern äußerst schwierig sei, nicht über die Frage, welche Arbeitsplätze erhalten und neu geschaffen werden, „es kommt die Frage nach acht Bäumen“, kritisierte der Bürgermeister. Dabei habe die Verwaltung doch „gebetsmühlenartig klargemacht, dass die Linden erhalten werden können und es in der Südstadt Ersatzpflanzungen gibt“. Er bitte darum, „in anderen Dimensionen zu denken als in Bäumen“.

Melanie Becker (Grüne) widersprach Hartan entschieden. Es sei eher erschreckend und kleinlich, nicht über Bäume zu sprechen, „ich diskutiere mit Ihnen über jeden einzelnen Baum“; Geld könne man nicht essen, und ökologischer Wert gehe verloren. Mechthild Neumann betonte erneut den festen Willen der Verwaltung, die acht Linden umzupflanzen. „Das wäre okay“, so die Antwort von Melanie Becker.

Zuvor hatte Andreas Engel (CSU) erklärt, es sei alles andere als selbstverständlich, dass ein Unternehmen, dessen Branche eine schwierige Phase erlebe, eine hohe Investition umsetze. Zudem verwies Engel darauf, dass Brose zahlreiche Bäume neu pflanzen werde und zusätzliche Grünflächen schaffe. Auch das sei keine Selbstverständlichkeit. Dies gelte es zu berücksichtigen, wenn die Ökologie Thema im Zusammenhang mit der Investition werde. Das, was Brose für Coburg vorstelle, sei „extrem sinnvoll“, auch unter dem ökologischen Blickwinkel.

Barbara Kammerscheid (CSU) stellte den Antrag auf Ende der Debatte. Dem gab der Stadtrat mit 18 gegen 13 Stimmen statt. Den Beschluss, Brose bei der Umsetzung des Masterplans 2030 zu unterstützen, verabschiedete das Gremium mit 25 gegen sieben Stimmen. Diese kamen von der Fraktion der Grünen und von Wolf-Rüdiger Benzel (Coburger Liste)

Michael Dorant (Grüne) erklärte in einer Sitzungspause, seine Fraktion sei nicht grundsätzlich gegen die Erweiterungspläne der Firma Brose, man begrüße diese. Allerdings lehne man es ab, für die Außengestaltung acht alte Linden zu opfern, die Hainbuchen nicht ersetzen könnten. Deshalb habe man in der Besprechung der Fraktionsvorsitzenden, die der Stadtratssitzung vorausgegangen war, eine Einzelabstimmung über die fünf Punkte des Beschlussvorschlags zum Brose-Masterplan 2030 vereinbart. Vier davon hätten die Grünen mitgetragen, nur den einen zu Bäumen nicht, so Dorant. Den Antrag, der Vereinbarung der Fraktionsvorsitzenden zu folgen, lehnte die Stadtratsmehrheit allerdings ab.

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