Unterschiede werden auch in der Sozialpolitik deutlich
Merz bekräftigte die Absicht, das Bürgergeld grundlegend zu reformieren. "Das System muss geändert werden. Wir wollen eine neue Grundsicherung." Merz rechnete vor, dass der deutsche Staat mit 100.000 Bürgergeldempfängern, die auf den Arbeitsmarkt zurückkämen, "mindestens 1,5 Milliarden Euro" sparen könne. In Deutschland gebe es 1,7 Millionen Bürgergeld-Empfänger, die arbeiten könnten.
Scholz verwies darauf, dass im Bundestag ein Gesetz zur Verschärfung von Sanktionen für Bürgergeld-Empfänger liege, das "spätestens nach der Wahl" beschlossen werden könne. Er stehe für sehr klare Regeln beim Bürgergeld, betonte Scholz. "Ich bin der Politiker, der in Deutschland am meisten für harte Sanktionen im Bürgergeld und auch bei der früheren Grundsicherung steht", erklärte er.
Scholz angriffslustig - Merz nutzt direkte Ansprache
Scholz trat in dem Duell deutlich aggressiver auf als Merz, nannte dessen Äußerungen mehrfach "lächerlich" und warf ihm vor, "Sprechblasen" vorzutragen. Merz parierte die Angriffe des Kanzlers betont gelassen. Er sprach Scholz mehrfach direkt an und stellte ihm Fragen.
CSU-Chef Markus Söder spottete nach dem TV-Duell in der ARD-Sendung "Caren Miosga": "Olaf Scholz wirkte, als hätte er fünf Red Bull vorher getrunken." Für Söder stand fest, dass Merz "der eindeutige und klare Sieger" war. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil wertete das TV-Duell bei "Caren Miosga" als "gutes Duell in der demokratischen Mitte". Der Kanzler sei "sehr faktenstark" gewesen.
Bei aller Härte des Duells gab es ganz zu Beginn aber auch etwas Versöhnliches. Merz sagte, er habe Scholz nicht übel genommen, dass er ihn zu Beginn des Wahlkampfs mal als "Fritze Merz" bezeichnet habe. Am Schluss verabschiedeten sich beide Kontrahenten per Handschlag.
Zuschauerbefragung ergibt Patt-Situation
Bei der Zuschauerbefragung der Forschungsgruppe Wahlen unter 1.374 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten gaben 37 Prozent an, Scholz habe sich besser geschlagen, 34 Prozent attestierten dies Merz. Für 29 Prozent lagen die beiden Kontrahenten auf einem Niveau.
Für 42 Prozent war Scholz glaubwürdiger, für 31 Prozent Merz, 27 Prozent der Befragten sahen keine großen Unterschiede. Den sympathischeren Auftritt bescheinigten 46 Prozent Scholz und 27 Prozent Merz. Bei der Frage nach dem Sachverstand lagen Scholz und Merz mit jeweils 36 Prozent gleichauf, 27 Prozent sahen keinen Unterschied.
Merz mit großem Vorsprung in den Umfragen
Das 90-minütige Duell bei den öffentlich-rechtlichen TV-Sendern zur besten Sendezeit wurde von den Talkshow-Profis Maybrit Illner und Sandra Maischberger moderiert. Das Fernsehduell markiert den Start in die heiße Schlussphase des Wahlkampfs, in die Merz und die CDU/CSU mit großem Vorsprung in den Umfragen gehen.
Die Union kommt derzeit auf 29 bis 34 Prozent, Scholz und die SPD liegen dagegen weit abgeschlagen mit 15 bis 18 Prozent nur auf Platz drei hinter der AfD. Die von der SPD erhoffte Trendwende blieb bislang aus. Scholz hat nun nur noch 14 Tage, den Rückstand von 11 bis 17 Prozentpunkten in den Umfragen aufzuholen. Auch bei den persönlichen Beliebtheitswerten liegt er weit hinten.
Nur Stift und Block zugelassen
Die beiden Kanzlerkandidaten wurde erlaubt, Stift und Notizblock mit an ihre Stehpulte ins TV-Studio in Berlin-Adlershof nehmen - sonst nichts. Merz zog an einer Stelle einen gelben Zettel aus seiner Jacke, um Scholz zu zitieren. Nach Angaben der Sender war das kein Verstoß gegen die Regeln.
Es gab kein Publikum. Bei den Antworten wurde auch anders als bei früheren Duellen keine Uhr eingeblendet. Die Regie achtete aber auf Ausgewogenheit und wollte die Moderatorinnen bei einer Schieflage informieren.
In einer Woche treffen Merz und Scholz auf Weidel und Habeck
In den nächsten zwei Wochen bis zur Wahl am 23. Februar werden die Kanzler- und Spitzenkandidaten in zahlreichen weiteren Fernsehdebatten aufeinandertreffen. Zu einem Novum kommt es nächsten Sonntag (16. Februar): Dann werden sich Scholz und Merz bei den Privatsendern RTL und ntv eine Debatte mit Robert Habeck (Grüne) und Alice Weidel (AfD) liefern. Am 19. Februar, also vier Tage vor der Wahl, soll es bei Welt-TV und "Bild.de" ein weiteres Duell von Scholz und Merz geben.