Bundestagswahl Grünes Licht für Wagner

Die Wahlkampfstrapazen haben sich gelohnt: Nach Stunden der Ungewissheit feiern die Grünen im Wahlkreis Coburg/Kronach ihren Mann für Berlin, Johannes Wagner (vorne rechts). Foto: /privat

Nach einer spannenden Wahlnacht dürfen die Coburger und Kronacher Grünen jubeln: Ihr Kandidat Johannes Wagner zieht über die Landesliste in den Bundestag ein.

 
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Coburg - Seit 6.44 Uhr hat er Gewissheit, fünf Stunden später sitzt er auch schon im Zug Richtung Berlin: Für Johannes Wagner beginnt an diesem Montag, 27. September, ein neuer Lebensabschnitt. Aus dem Kandidaten ist der designierte Abgeordnete des 20. Deutschen Bundestags geworden. Von Platz 16 auf der bayerischen Landesliste von Bündnis 90/Die Grünen hat er den Sprung ins Parlament geschafft. Und nicht einmal knapp: Insgesamt 18 bayerische Abgeordnete werden der 118-köpfigen Fraktion im Reichstagsgebäude angehören.

Am Wahlabend war das ungewiss, auch noch in der Nacht: „Mit wenig Schlaf und viel Kaffee“ erwartete Johannes Wagner im Kreis seiner Coburger Parteifreunde gespannt die offizielle Benachrichtigung des Wahlleiters. Optimistisch war der 30-jährige Mediziner ja stets gewesen – und dennoch fiel ihm ein Stein vom Herzen, als er im wörtlichen Sinne grünes Licht für Berlin bekam: „Leute, was für eine krasse Nacht! Seit 6.44 Uhr steht offiziell fest: Ich bin im Bundestag! Danke an euch alle!“, postet „der Hannes“ frühmorgens auf Facebook.

Als er sich wenig später umweltschonend auf den Weg in die Hauptstadt macht, wird sein Elan wieder einmal von der Deutschen Bahn ausgebremst: Wegen 90-minütiger Verspätung strandet er in Erfurt. Merke: Es gibt viel zu tun für den angehenden Parlamentarier, der sich unter anderem für eine ökologisch orientierte Verkehrspolitik einsetzt.

Zunächst einmal muss er in der Hauptstadt ankommen – im doppelten Sinne des Wortes. 24 Stunden nach der langen Wahlparty in Coburg steht das erste Kennenlerntreffen der künftigen Fraktion in Berlin bevor. „Am Dienstag bekommen wir eine Einweisung und die Bundestagsausweise“, berichtet Wagner. Virtuell ist er schon Mitglied im hohen Haus: Die Homepage des Deutschen Bundestages listet ihn bereits als einen der 735 VolksvertreterInnen auf. Für die Wohnungssuche bleibt so schnell keine Zeit, „vorerst komme ich bei FreundInnen unter“, verrät Wagner. Mit aller Energie will sich der junge Politiker, der nach eigener Einschätzung zur Ungeduld neigt, in die Arbeit stürzen: „Ich möchte mich mit den neuen Leuten vernetzen und ausloten, wie wir das Beste aus der Situation machen können.“

Die politische Konstellation nach der Wahl macht es den Grünen nicht gerade leicht: „Es wird bittere Pillen zu schlucken geben“, fürchtet Wagner, denn am Koalitionspartner FDP führt wohl kein Weg vorbei. Dessen sozialpolitische Positionen sind für Grüne bekanntlich schwer akzeptabel. Da es für Rot-Grün-Rot keine Mehrheit gibt, stehen die Varianten „Jamaika“ und „Ampel“ im Raum und Wagners Priorität ist klar: „Es ist an der Zeit, dass die Union in die Opposition geht. Das haben ihre großen Verluste gezeigt.“

Über die Gewinne der Grünen ist Wagner froh; mit einem weinenden Auge muss er allerdings erkennen, dass es nicht gelungen ist, das zentrale Thema noch stärker ins Bewusstsein zu rücken: „Der Klimawandel war nicht wahlentscheidend.“ Umso dringlicher ist es aus Sicht seiner Partei, ökologische Politik voranzutreiben – auf allen Ebenen: „Wir haben jetzt eine starke grüne Kraft für die Region in Berlin“, freut sich Kevin Klüglein, der Vorstandssprecher des Kreisverbands Coburg.

Mit dem Ergebnis im Wahlkreis, wo die Grünen fast ein Drittel der Zweitstimmen zulegten und auf 9,3 Prozent kamen, ist er sehr zufrieden, vor allem in Coburg. „In Kronach hätte es besser laufen können“, räumt er ein. Am Ende der Koalitionsverhandlungen wird nach Klügleins Meinung eine rot-grün-gelbe Ampel stehen: „Die CDU wurde abgestraft. Ich sehe keinerlei Chancen für Jamaika“.

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