3000 Jahre alt Chinesische Mauer ist noch älter als bisher gedacht

Markus Brauer

Das größte Bauwerk der Erde ist noch älter als bisher angenommen. Denn die Anfänge der Chinesischen Mauer reichen bis in die Zeit der Zhou-Dynastie vor rund 3000 Jahren zurück.

 
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Abschnitt in Jinshanling: Hinsichtlich Volumen und Masse gilt die Große Mauer der Ming-Zeit als das größte Bauwerk der Welt. Foto: Imago/NurPhoto

„Wer die Mauer nicht gesehen hat, ist kein richtiger Mann“, lautet eine chinesische Volksweisheit. Die Große Mauer reicht vom Shanhaiguan-Paß östlich am Meer nahe des Prominentenbadeortes Beidaihe bis in die Wüste Gobi im Westen Chinas.

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Abschnitt in Jinshanling: Dabei besteht die Mauer aus einem System mehrerer teilweise auch nicht miteinander verbundenen Abschnitte unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Bauweise, deren Hauptmauer 2400 Kilometer lang ist. Foto: Imago/Xinhua
Abschnitt in Zunhua: Der Abschnitt zwischen Shanhaiguan, Yumenguan und Yangguan ist mit einer angegebenen Länge von 3460 Kilometern als „längste Mauer der Welt“ im Guinness-Buch der Rekorde verzeichnet. Foto: Imago/Xinhua

Größtes Bauwerk der Welt

Die Chinesische Mauer gilt als das größte Bauwerk der Welt. Nach neuesten archäologischen Erhebungen gab das chinesische Amt für Kulturerbe im Juni 2012 die Gesamtlänge aller Großen Mauern mit 21.196 Kilometern. Die ersten Anfänge der „Großen Mauer“ wurden vor gut 2500 Jahren aus einem Lehmwall mit Holzpalisaden oder Natursteinen errichtet. Der Großteil der heute bekannten „gemauerten“ Chinesischen Mauer stammt hingegen aus der Zeit der Ming-Dynastie im 14. bis 16. Jahrhundert.

Ihre Anfänge reichen zurück bis in die Zeit der „Streitenden Reiche“ von 474 bis 221 v. Chr.. Damals ließen die Nordstaaten eine Kette von Bastionen aus Erde und Schotter gegen die einfallenden osttürkischen, tartarischen und mongolischen Reitervölker errichten.

Abschnitt in Chengde: Die Mauer wird heute durch staatliche Finanzierung ständig restauriert. Bei Peking steht ein 600 km langer Abschnitt, der größtenteils in einem guten Zustand ist. Foto: Imago/NurPhoto
Abschnitt in Chengde: Es wird angenommen, dass bereits im 7. Jahrhundert v. Chr. Große Mauern errichtet wurden. Die ältesten bisher gefundenen Großen Mauern sind die des Qi-Herzogtums in der heutigen Provinz Shandong und die Große Mauer des Königreiches Chu in der heutigen Provinz Henan. Foto: Imago/NurPhoto

Von der Quin- bis zur Ming-Dynastie

In der Qin-Dynastie (221-207) ließ der erste chinesische Kaiser Qin Shihuangdi, der das Land einte, die Schutzwehre miteinander verbinden und Steinblöcke verstärken. Hunderttausende von Arbeitern, viele davon Gefangene, arbeiteten zehn Jahre daran.

Abschnitt in Badaling: Weitere frühe mauerartige Grenzbefestigungen entstanden wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts v. Chr. in der Zeit der Streitenden Reiche als Schutz gegen die sich untereinander befehdenden Chinesen. Foto: Imago/Xinhua
Abschnitt in Jiankou: Diese einzelnen Mauerabschnitte bestanden aus festgeklopftem Lehm, der zur besseren Haltbarkeit mit Stroh- und Reisigschichten vermischt wurde. Foto: Imago/VCG

Mehrere Dynastien bauten später weiter an dem Schutzwall. Erst unter den Mongolen, die selbst aus dem Norden eingefallen waren, verlor die Mauer an Bedeutung.

Der erste Ming-Kaiser jedoch, der 1368 die fremden Herrscher vertrieb, ließ den verfallenen Grenzwall wiederherstellen. 18 Erweiterungen erfolgten in der Ming-Zeit. 20.000 stark befestigte Tore und Wachttürme stehen jeweils nur 140 Meter voneinander entfernt.

3000 Jahre alte Grenzwall-Relikte entdeckt

Jetzt haben chinesische Archäologen das älteste bekannte Teilstück der Chinesischen Mauer gefunden. Bei Ausgrabungen in der ostchinesischen Provinz Shandong entdeckte ein Team um Zhang Su vom Institut für Kulturerbe und Archäologie die Überreste einer Grenzbefestigung, bestehend aus großen Erdwällen, Gräben sowie Mauern. Diese Mauer-Relikte sind Teil der rund 641 Kilometer langen Großen Mauer von Qi, die bisher als der älteste Teil der Chinesischen Mauer galt.

Die Spatenforscher datierten die Mauerreste mittels Radiokarbonanalyse und Lumineszenz datierten. Dabei stellte sich heraus, dass die ältesten Funde auf die Zeit der Westlichen Zhou-Dynastie zwischen 1050 bis 771 v. Chr. zurückgehen. Weitere Relikte stammen aus einer zweiten Bauphase aus der Zeit der Streitende Reiche von 475 bis 221 v. Chr..

Abschnitt in Zhangye: 214 v. Chr. ließ der erste chinesische Kaiser, Qin Shihuangdi, Schutzwälle errichten, die das chinesische Kaiserreich nach der Expansion über den Gelben Fluss gegen die Völker aus dem Norden, vor allem die Xiongnu, schützen sollten. Foto: Imago/NurPhoto
Abschnitt in Yinchaun: In der Ming-Zeit begannen die Bauten 1442 mit dem Errichten von Wällen auf der Halbinsel Liaodong. Hiernach wurden ab 1473 Wälle im Ordos-Plateau errichtet. Foto: Imago/CFoto
Abschnitt in Jiayuguan: Bis 1550 wurden dann an weiteren Stellen, insbesondere nördlich und nordöstlich von Peking, Wälle oder Mauern aus Trockenmauerwerk errichtet. Foto: Imago/Xinhua

Grenzwall ist 300 Jahre älter als gedacht

Die neu entdeckten Überreste sind damit rund 300 Jahre älter als alle bisherigen Funde. „Diese archäologische Entdeckung verschiebt die Entstehung der Großen Mauer zurück in die Zeit der Westlichen Zhou und macht sie zur frühesten bekannten Großen Mauer in China“, sagt Liu Zheng von der Chinesischen Gesellschaft für Kulturerbe. Das Zhou-Reich gilt als die Wiege der chinesischen Kultur und erstreckte sich größtenteils entlang der fruchtbaren Ebenen am Mittellauf des Jangtsekiang.

Abschnitt in Peking: Ab 1550 wurde nördlich von Peking die zuvor bestehende Mauer aus Trockenmauerwerk durch die heutige Mauer aus vermörtelten Werksteinen ersetzt. Von 1569 bis 1571 wurden hierauf 1200 Türme aus Ziegeln errichtet. Foto: Imago/VCG
Abschnitt in Luanping County: Bis mindestens 1623 wurden dann weitere Mauern mit Ziegelsteinen errichtet. Foto: Imago/VCG

Die Spatenforscher stießen auch auf die Überreste mehrerer Gebäude. Darunter waren Fundamente von halb in den Untergrund eingesenkten Häusern mit abgerundeten Ecken sowie mit Asche gefüllte Feuergruben. Zhang und sein Team vermuten, dass sie von einer kleinen Siedlung stammen, die während der Errichtung des ältesten Grenzwalls bestand. Möglicherweise diente diese Niederlassung der Verteidigung des nahen Flusses, bevor die Mauer errichtet wurde.