CO4 bei Meeder Baumpflanzung sorgt für Kritik

Da die Bäume nah beieinander und nah an der Fahrbahn stehen, regt sich Kritik. Anwohner der umliegenden Orte sorgen sich um die Verkehrssicherheit. Foto: Steffen Ittig/Steffen Ittig

Weil entlang der Kreisstraße Bäume direkt am Straßenrand nachgepflanzt wurden, fürchten Anwohner der umliegenden Ortschaften um die Verkehrssicherheit. Der Meederer Bürgermeister teilt die Sorgen, das Landratsamt beschwichtigt.

 
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Fleißig wurde in den letzten Tagen gepflanzt, entlang der Kreisstraße CO 4 zwischen Meeder und Ottowind. Auch im weiteren Verlauf der Strecke, von Ottowind nach Ahlstadt, setzten Gärtner neue Bäume ins Bankett. Es sind Ersatzpflanzungen, zwischen den alten, hohen Bäumen. So adrett sich die Allee auch einfügt in das Landschaftsbild, so besorgt sind auch manche Bürger der umliegenden Ortschaften. Auch der Meederer Bürgermeister Bernd Höfer ist alarmiert und sagt: „Grundsätzlich ist das Nachpflanzen wichtig, da wir hier eine prägende Allee haben, aus der in den letzten Jahren viele Bäume entnommen werden mussten. Mir ist aber auch sehr wohl bekannt, dass es auf dem Streckenabschnitt in der Vergangenheit zu schrecklichen Unfällen kam.“ Da ihn bereits besorgte Bürger auf die Pflanzungen angesprochen haben, wandte sich der Bürgermeister in der vergangenen Woche direkt an das Landratsamt als dem zuständigen Straßenbaulastträger. „Ich habe darum gebeten, an den für mich bekannten besonderen Gefährdungsstellen – Kreuzungsbereich sowie Außenkurven – auf Ersatzpflanzungen zu verzichten“, so das Gemeindeoberhaupt. Er hofft auf eine Abwägung durch die Behörde zwischen Naturschutz und Verkehrssicherheit – die meisten der Bäume sind jedoch inzwischen ohnehin gepflanzt. „Letztendlich ist es der Straßenbaulastträger, der die Entscheidung innehat. Dies ist der Landkreis Coburg. Die Kommune ist nicht entscheidungsbefugt“, stellt Bernd Höfer klar.

Die Bürger der umliegenden Ortschaften sind dennoch verunsichert – und verstehen die Entscheidung, die Bäume so dicht nebeneinander an solch einer kurvenreichen Strecke zu pflanzen, nicht. Ein Ortssprecher, der lieber anonym bleiben möchte, sagt: „Gerade an dieser Straße gab es schon viele Verkehrsunfälle mit Toten. Wenn die Bäume nicht da gewesen wären, würden diese Menschen noch leben.“ Noch allzu gut kann er sich daran erinnern, wie er als Kind zu einem Unfall an der Strecke kam; auch hier gab es ein Todesopfer. „Wenn da kein Baum steht, dann fährt man eben in den Graben – aber das ist lange nicht so schlimm“, meint er und fügt hinzu: „Ich habe nichts gegen Baumpflanzungen an sich, aber an solch einer gefährlichen Strecke mit vielen Kurven, wo es noch dazu oft glatt ist – wieso werden ausgerechnet da Bäume gepflanzt? Bäume gehören da hin, wo es passt. An diese Strecke aber passen sie auf keinen Fall.“

Hinzu komme, dass die Bäume die Unfallgefahr an sich erhöhen und zahlreiche weitere Probleme mit sich bringen. „Da ist es nass, da fällt Laub runter oder Äste stürzen herab. Oft machen auch die Wurzeln den Teer kaputt – und sie ziehen den Felder, die neben der Straße liegen, so viel Wasser weg, dass das Getreide, das dort wächst, ganz kümmerlich ist“, so der Ortssprecher. Auch sei es auf Grund der engen Pflanzungen gar nicht mehr möglich, im Begegnungsverkehr mit großen Landmaschinen auszuweichen. „Entweder nimmt man einen Leitpfosten mit oder man bleibt am Baum hängen“, so der Ortssprecher. Erst letzte Woche sei er selbst mit Schlepper und Wagen von Ottowind nach Heldritt gefahren: „Dort wurden ja auch überall Bäume gepflanzt, aber das ist jetzt so eng, dass die entgegenkommenden Autos an die Seite fahren mussten. Das ist beängstigend, und ich habe ja nur einen kleinen Schlepper.“

Der Ortssprecher ist nicht der einzige besorgte Bürger. So sagt ein weiterer Anwohner: „Das ist ja wie eine Wand – beim kleinsten Fahrfehler hängt man ja schon am Baum. Wer übernimmt denn dafür die Verantwortung?“ Und ein Landwirt, der auf der Strecke regelmäßig mit seinen Maschinen unterwegs ist, hat ebenfalls Bedenken. „Diese Bäume sind kontraproduktiv. Die Straße ist einfach nicht breit genug, damit sich zwei große Fahrzeuge im Falle einer Begegnung ausweichen können. Früher konnte man zwischen die Bäume fahren – aber jetzt sind die neuen Bäume so eng und so dicht an der Straße, das erhöht die Unfallgefahr“, meint er.

Der Pressesprecher des Landratsamtes Coburg, Berthold Köhler, erläutert den Hintergrund der Pflanzungen wie folgt: „Es handelt sich um eine Nachpflanzung innerhalb der seit 70 Jahren bestehenden Allee, in der Lücken im Altbestand gefüllt werden. Bei der Allee – die als Teil des natürlichen und kulturellen Erbes der Region sowie ihrer natürlich Funktion innerhalb der Landschaft Bestandsschutz genießt – stehen die Bäume historisch gewachsen in einem Abstand von 15 Metern zwischen Meeder und Ottowind beziehungsweise von 20 Metern zwischen Ottowind und Grattstadt.“ Bevor die Pflanzungen angeordnet wurden, sei eine Unfallstatistik zu der Strecke ausgewertet worden. „Im Fünf-Jahres-Zeitraum 2017 bis 2021 ist im Abschnitt Ahlstadt-Ottowind kein Fahrzeug von der Straße abgekommen“, so Berthold Köhler, der weiter erläutert: „Zwischen Ottowind und Meeder sind seit 2018 drei Fahrzeuge von der Straße abgekommen, eine Person wurde bei einem Unfall leicht verletzt. Bei drei Unfällen und mehr innerhalb des Fünfjahres-Zeitraums spricht man von einem Unfallhäufungspunkt – deshalb haben wir diesen Abschnitt unter Beobachtung.“ Besonders wichtig sei aus Sicht des Landratsamtes: „Weil wir dort eine Allee und auch viel Wildwechsel haben, gilt nahezu auf dem gesamten Abschnitt eine Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 70 Kilometer pro Stunde.“ Und weiter: „Grundsätzlich haben sich die Verkehrsteilnehmer an die örtlichen und verkehrsrechtlichen Gegebenheiten in ihrer Fahrweise anzupassen.“

So habe sich das Landratsamt als Baulastträger der Kreisstraße CO 4 durchaus Gedanken um mögliche Gefahren durch die Allee gemacht. Berthold Köhler dazu: „Der Anteil der schweren Baumunfälle in einer Baumreihe oder Allee liegt nach letzten Erkenntnissen aus der Gesamtunfallstatistik in Bayern weit unterhalb der Baumunfälle an Einzelbäumen.“ Nicht außer Acht gelassen werde dürfte zudem, dass die Kreisstraße CO 4 bei einer Gesamtbetrachtung nur eine geringe Verkehrsbelastung aufweise. So verkehren durchschnittlich auf der Strecke Ahlstadt bis Ottowind 456 Fahrzeuge binnen 24 Stunden, davon 21 Schwerlastverkehrfahrzeuge; den Abschnitt zwischen Ottowind und Meeder befahren 827 Fahrzeuge innerhalb dieses Zeitraumes, davon 29 aus dem Bereich des Schwerlastverkehrs.

Weiter stützt sich das Landratsamt in seiner Argumentation für die Baumreihe darauf, dass es sich bei einer Allee um einen ökologisch wertvollen Lebensraum handele, dem aus kulturhistorischer Sicht besondere Bedeutung zukomme. „Zudem hat eine Allee durchaus auch eine bautechnische Aufgabe“, meint der Pressesprecher und erklärt: „Lückenlos bepflanzt, zeigt sie dem Autofahrer auch bei schwierigen Witterungsverhältnissen - zum Beispiel Nebel - den Verlauf der Straße an. Daher wurde die Nachbepflanzung vom Fachbereich Tiefbau in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde angeregt, von den Kreisgremien beschlossen und seit 2019 Schritt für Schritt ausgeführt.“

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