Coburg – Bei der zehnten Kneipennacht der Neuen Presse kommen am Samstag auch Live-Musik-Fans mit ausgefalleneren Geschmäckern auf ihre Kosten, denn nicht jeder kann sich unter „Cowpunk“ etwas vorstellen. Ganz so voll wie in den vergangenen Jahren – mal abgesehen vom Dauerbrenner „Goldener Hirsch“, wo neben den „Restless Cats“ aus Kronach traditionsgemäß die Rohmann Rockabilly Boys für Einlass-Stop sorgten – sind die Kneipen in diesem Jahr nämlich nicht: Entweder verteilen sich die Besucher in den erstmals 16 Locations besser oder der verregnete Novembersamstag hält ein paar Spontanentscheider ab: „Der Vorverkauf lief gut wie immer“, weiß Organisatorin Antje Habermann von der Neuen Presse jedenfalls und zieht folgendes Fazit: „Diejenigen, die sich nicht zu Hause vor dem typischen verregneten Novembergrau versteckt haben, hatten Spaß und brachten fröhliches pulsierendes Leben in die Straßen der Stadt.“

„Bis vor zehn Jahren hat uns etwas Buntes für die dunkle Jahreszeit gefehlt“, freut sich Oberbürgermeister Norbert Tessmer bei der Eröffnung der Kneipennacht im Feierraum mit der „Volxmusik“-Band Antistadl. Das Stadtoberhaupt begrüßt das Engagement der Neuen Presse. Nun sei auch im November etwas los ist in Coburg: „Wir haben 5000 Studenten in der Stadt, da dürfen wir nicht früh am Abend die Bürgersteige hochklappen. Danke dafür“, sagt der Oberbürgermeister.
Auch Einsatzgruppenleiter Markus Reißenberger, der zuvor schon als Pressesprecher der Coburger Polizei kaum eine Kneipennacht ausgelassen hatte, lobt die Entwicklung des stets friedlichen Festivals: „Das ist ein Kneipenfestival, das seinesgleichen sucht. Es ist eine große Leistung so viele grundverschiedene Bands auf die Coburger Bühnen zu bekommen.“

Gar nicht weit entfernt vom Feierraum gab es gleich ein hervorragendes Beispiel: Große Band, große Klasse, große Stimmung im kleinen Saal der „Sonderbar“. Hüftshaker ohne Ende jubelten die Bamberger Funk-Jazz-Hip-Hopper Carlos Reisch mit unbändiger Energie in ihr tobendes Publikum. Der Rockschuppen wird zur Jazzkantine, wenn das Triogebläse zu den treibenden Präzisionsbeats losfegt und die drei stimmstarken Ladies ihren betörenden Harmoniegesang anstimmen. Nicht auszudenken, was passiert, wenn die XXL-Bigband mit doppeltem Personal in voller Soundstärke antritt – in Coburg ist sie nämlich „nur“ zu zehnt.
Im Lauf des Abends entwickelt sich auch das „Münchner Hofbräu“ zu einem Stimmungs-Hotspot und die Gaststube zum überfüllten Dancefloor. Das Publikum schwelgt hier im Flashback der Achtziger, den „Flashlight“ aus Nürnberg stilsicher anrichtet. Ihre Topform erreicht die Partyband, wenn sie die Soul- und Funkkracher dieser Ära zündet und Sänger Terry Barns aus dem Vollen seiner mächtigen Soulstimme schöpft.
Die Wiener Matchbox Big Band konterkariert den Größenwahn und bringt mit Kleinstbesetzung und Miniaturinstrumenten schweißtreibende Stimmung in die „Heimatliebe“: Skurril und originell rocken die drei im „Hinterstübchen“ der Kneipe ab; ein bisschen mehr Spielraum hätten sie bei aller Liebe zur kleinen Form schon verdient gehabt.

Inmitten des Partytreibens findet sich auch ein Refugium für Genießer: Die „Alligators of Swing“ aus Nürnberg swingen behände vom Blues zum Boogie und bringen federleicht und gut gelaunt Flügel, Sax und Bass zum Grooven. Und zieren sich nicht, wenn am späten Abend ein Gastpianist seine Finger nicht mehr im Zaum halten kann.
Im „Ratskeller“ zieht derweil eine regionale Institution alle Register: „Mojo“ ist Garant für beseelten Blues und brodelnden Rock, der umgehend ins Blut geht. Die Lichtenfelser Band um den Gitarristen Moritz Eisentraut rockt den Ratskeller und bringt sogar hier das eine und andere Tanzbein in Schwung mit ihren Energie geladenen Klassikern.
Am Ende haben Dienstältesten die beste Kondition – und ihre Fans auch: Wenn in den anderen Locations schon die Instrumente eingepackt werden, legen die „Silhouettes“ nochmal eins drauf. Das Abtanzen im „Irish Pub“ zu den Prachtoldies der Sixties bis Eighties, die Frankens Beat-Veteranen mit ihrer wunderbaren Sängerin Eliza und mit unerschöpflichem Musizierspaß zelebrieren: das macht den Kneipennacht-Bummel erst perfekt. Und so hoffen die zahlreichen Late-Night-Tänzer beim Finish im „Irish Pub“, dass es eine Zukunft für die traditionsreiche Musikkneipe auf der Mauer geben wird, die in dieser Form bald schließt.
Insgesamt kamen mehrere tausend Besucher während der Kneipennacht der Neuen Presse wieder voll auf ihre Kosten. Deshalb ist es keine Frage, dass das mittlerweile etablierte Festival auch in den kommenden Jahren seine Fortsetzung finden wird.