Coburg Ärzte attackieren Politik

Coburger Hausärzte kritisieren Politiker. Den Medizinern würden immer mehr Verwaltungsaufgaben aufgebürdet. Darunter leide die eigentliche Aufgabe: Behandlung und Vorsorge. Foto: picture alliance / dpa/Oliver Berg

Coburger Mediziner wehren sich gegen zunehmende politische Vorgaben. „Die Zitrone ist nicht beliebig ausquetschbar“, sagt der Vorsitzende des Hausarztvereins.

 
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Coburg - Der Fortschritt bei der Impfung der Bevölkerung gegen das Corona-Virus ist „bei näherem Hinsehen mit erheblichen Problemen behaftet“. Das schreibt Ullrich Zuber, Vorsitzender des Hausarztvereins Coburg, in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme.

Die Impfkampagne, „nicht zuletzt durch die Freigabe der Priorisierung und die Diskussion über Abstände der einzelnen Impfungen“, habe ein Ausmaß angenommen, das „einen geregelten Praxisablauf erheblich beeinträchtigt“, betont Zuber. Patienten würden ihre Arztpraxis telefonisch kaum erreichen können. „Dies liegt auch daran, dass ständig Anfragen zu den Impfungen und Impfterminen stattfinden.“ Dabei müssten Praxismitarbeiter vor „ungebührlichem Benehmen“ geschützt werden, dies auch unter Androhung von Konsequenzen, da das Arzt-Patientenverhältnis leide. Bei manchen Patienten würden Nerven blank liegen, beschreibt der Vorsitzende des Hausarztvereins die Situation in Coburger Praxen.

Angesichts des schleppenden Impffortschritts und langer Wartelisten müsse man wissen, dass die niedergelassenen Ärzte nur in einem geringen Anteil mit dem am meisten gewünschten mRNA-Impfstoff wie dem des Herstellers Biontech beliefert würden. Erst am Beginn einer Woche würden Ärzte wissen, „wie viel wir für Erstimpfungen geliefert bekommen. In welchem Zeitraum man aber mit derzeit sechs bis zwölf Dosen Biontech pro Arzt und Woche als Erstimpfung durchimpfen soll, kann sich jeder selbst ausdenken. Es fehlt schlichtweg an Impfstoff“, kritisiert Ullrich Zuber. Ankündigungen über Lieferprobleme ließen zunächst keine Besserung erwarten.

Zu diesem Dilemma komme, dass die Politik von den niedergelassenen Ärzten „zeitaufwendige Passamtstätigkeiten“ bei der Ausstellung der digitalen Impfausweise fordere. Gleichzeitig müsse die politisch verordnete Digitalisierung mit elektronischer Patientenakte, Notfalldatenanlegung, Medikationsplan und Rezept innerhalb einer Frist vorangetrieben werden. Darunter müsse zwangsläufig die medizinische Regelversorgung leiden. „Das aber sollte und muss unsere Haupttätigkeit sein“, betont der Vorsitzende. Eine richtungsweisende Politik müsse aufpassen, „die Arztpraxen nicht zu Erfüllungsgehilfen zu degradieren, sondern rechtzeitig mit einzubinden“. Die Ärzte und ihre Mitarbeiter kämen sich, so Zuber, „angesichts dieser Vorgaben und ihrem beruflichen Ethos zum Helfen zunehmend ausgenutzt vor“. Die Forderung an die Politik sei ein ausgewogenes Maß an Vorgaben, „die unter Berücksichtigung aller Belange einer Arztpraxis auch erfüllbar sind. Öffentlichkeitswirksame Schlagworte sowie hetzende Terminsetzungen und Vorgaben sind hier nicht hilfreich.“ Ullrich Zuber: „Die Zitrone ist nicht beliebig ausquetschbar.“

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