Zugegeben, eine Berghütte stellt man sich etwas anders vor: schwalbennestgleich an den nackten Fels geklebt, umgeben von steilen Hängen und karger Vegetation. Auf der Senningshöhe kommt Fels nur in Form von faustgroßen Steinen vor, mit denen die Äcker übersät sind. Dennoch: höher als die Alexandrinenhütte geht es nicht im ehemaligen Herzogtum. Mit 523 Metern überragt der Bau sogar die Veste.
Auch wenn den fünf Frauen und drei Männern die Arbeit flott von der Hand geht, darf man sich nicht täuschen lassen. Fast alle haben den Zenit des Lebens bereits überschritten. Lydia, die gerade die Stuhlkissen bezieht, feiert in wenigen Wochen ihren 80. Geburtstag. "Wir suchen junge Menschen, die Spaß haben in der Natur zu sein und die die Geselligkeit lieben. Sonst geht das hier irgendwann nicht mehr weiter", erklärt Mike Tendera. Der Hüttenwart des Thüringerwald-Vereins, dem die Schutzhütte aus den 1930er Jahren gehört, hat sich deshalb entschlossen, neue Zielgruppen anzusprechen: Familien, Sportive, Naturverbundene. "Zum Saisonstart gibt es eine Zeitung, die auf die Highlights rund um die Alexandrinenhütte aufmerksam macht. Außerdem wollen wir erstmals Themen-Wochenenden veranstalten, die ein jüngeres Publikum ansprechen." Geplant sind beispielsweise eine Weißwurst-Sternwanderung, ein italienischer Abend, ein Bergfest im Herbst, der "Drachenberg" - ein Familienevent mit Drachensteigen, eine Rundwanderung auf dem Car-Escher-Weg mit zwei Übernachtungen oder ein Kurs für angehende Hüttenwirte. "Das wird keine dröge Lehrveranstaltung, sondern ein Erlebnis-Wochenende", kündigt Mike Tendera schon mal vorsorglich an.
Dienst auf der Alexandrinenhütte bedeute nicht rund um die Uhr malochen, sondern auch Spaß haben und Gemeinschaft erleben. Wenn die Unterkunft für das Publikum schließt, darf der Hüttendienst bleiben und Grillen, Lagerfeuer schüren oder in lauen Sommernächsten den Sternenhimmel bewundern. "Das einzige was hier verboten ist, sind Handys, Laptops und dringende Termine", schmunzelt Tendera. Hüttendienst bedeutet für ihn auch Abstand bekommen von der Hektik des Alltags.
Und was muss ein angehender Hüttenwirt können? "Er oder sie sollte freundlich und gesellig sein, auf die Menschen zugehen und in der Küche mit anpacken. Haute Cuisine sucht man vergebens auf der Alexandrinenhütte. Der Thüringerwald-Verein setzt auf traditionelles: Erbseneintopf, Bockwürstchen, Käse- und Aufschnittplatten und natürlich Kaffee und Kuchen.
Das Wanderheim ist an 30 Wochenenden und Feiertagen im Jahr geöffnet. Jedes Hüttenteam, zu dem etwa fünf bis zehn Personen gehören, kommt - wie Tendera vorrechnet - etwa zweimal im Jahr zum Einsatz. "Wenn wir drei oder vier neue Teams gewinnen könnten, dann wäre das eine willkommene Entlastung für die Stammbesetzung." Neue Kräfte müssen auch nicht gleich dem Verein beitreten: "Sie dürfen in Ruhe überlegen, ob das für sie passt", meint der Hüttenwart.
Der Dienst auf der Senningshöhe ist selbstverständlich ein Ehrenamt. Etwa 12 000 Euro muss der Verein jährlich in den Erhalt des Hauses stecken. Das wird leider nicht allein mit Bockwürsten und Limo verdient. Deshalb ist man auf die Arbeitsleistung von Ehrenamtlichen und Spenden angewiesen.