Coburg Gefahr erkannt, Gefahr gebannt?

Auch an der B 4 im Itzgrund wird vor querenden Wildtieren gewarnt. Dabei gibt es verschiedene Beschilderungen, um Autofahrer auf mögliche Wildwechsel hinzuweisen. Foto: Frank Wunderatsch/Wunderatsch

Von einfachen Warnschildern bis hin zu modernen Infrarot-Geräten: In der Region wird viel getan, um Wildunfälle zu vermeiden. Heuer krachte es „nur“ 590 Mal.

 
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Schon in der Fahrschule ist die Begegnung mit Wildtieren auf dunklen Staats- oder Bundesstraßen ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung. Obwohl Begegnungen mit querenden Wildtieren für die meisten Autofahrer eher die Ausnahme bleiben, lassen sich Kollisionen mit Hirschen, Rehen oder Wildschweinen im Ernstfall oft nicht vermeiden. Rein rechnerisch ereignen sich nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) auf Deutschlands Straßen täglich 800 Wildunfälle.

Auch in der Region sind Unfälle mit Wildtieren nicht ungewöhnlich. Im gesamten Landkreis wurden in diesem Jahr bislang 590 Zusammenstöße registriert. Im Vorjahr waren es noch mehr als 700. Auch in Coburg sind die registrierten Kollisionen rückläufig, wie Stefan Probst, Pressesprecher der Polizei Coburg, auf Anfrage erklärt: „Bislang haben sich 83 Wildunfälle ereignet. Im Vorjahr waren es noch 97. Warum die Zahlen rückläufig sind, lässt sich allerdings nicht genau erklären.“

Mehr als drei Millionen Tiere

Laut ADAC werden pro Jahr 300 000 Wildunfälle gemeldet. Das entspricht rund fünf Prozent aller Straßenverkehrsunfälle. Nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes (DJV) kommen außerdem jedes Jahr mehr als eine Million Wildtiere bei Unfällen ums Leben. Um Kollisionen mit Rehen, Wildschweinen und Co zu vermeiden, warnt das dreieckige Warnschild mit einem schwarzen Hirsch auf weißem Grund vor potenziellen Gefahrenstellen. „Das Wildwechsel-Zeichen soll dabei grundsätzlich nur an Straßen mit schnellem Verkehr, im Regelfall außerorts, für bestimmte Streckenabschnitte angeordnet werden, in denen nachgewiesenermaßen häufig Wild über die Fahrbahn wechselt oder die Unfallanalyse wildwechselbezogene Unfallauffälligkeiten zeigt“, erklärt Berthold Köhler vom Landratsamt Coburg. „Diese Gefahrenstellen und daraus resultierenden Anordnungen sind mit den unteren Jagd- und Forstbehörden sowie den Jagdausübungsberechtigten, der Polizei und dem Straßenbaulastträger festzulegen und abzustimmen.“

Allerdings gibt es unterschiedliche Arten der Beschilderung, um auf die kritischen Straßenabschnitte hinzuweisen. So befindet sich beispielsweise auf der B 4 im Itzgrund ein Warnschild mit entsprechender Längenangabe. Auf der Staatsstraße 2202 am Goldbergsee hingegen fehlt die zusätzliche Längenangabe. „Die Ausgestaltung der Gefahrenbeschilderung hängt noch von der örtlichen Situation und der Wirksamkeit der bisherigen Maßnahmen ab“, so Köhler. So seien längere oder sich in kurzer Folge häufende Wildwechselgefahrenstellen zusätzlich mit der Streckenlänge zu beschildern.

Wildtieren nicht ausweichen

Bei besonderen Gefahren, wie beispielsweise Wildwechselstellen oder Gegenden mit hoher Wilddichte, muss zusätzlich die weiße Verkehrstafel „Achtung, Wildwechsel“ angebracht sein. Fehlt dieser Hinweis, besteht laut ADAC prinzipiell die Chance, dass die zuständige Straßenbehörde für den Wildschaden aufkommt. „Außerdem sind bei entsprechender Notwendigkeit gegebenenfalls noch Abwandlungen in Form einer Ergänzung um Warnleuchten und/oder eine Ergänzung einer Geschwindigkeitsbeschränkung möglich“, so Köhler.

Für die Autofahrer sind die Warnschilder eine wirksame Unterstützung. Allerdings sollte man sich nicht blind auf sie verlassen. Denn sie bieten keine Garantie. Auch auf unbeschilderten Streckenabschnitten können plötzlich Waldtiere auf der Fahrbahn auftauchen. „Ich hatte vor knapp fünf Jahren einen Wildunfall auf der B 4. Ich fahre die Strecke schon seit 30 Jahren, aber wenn plötzlich ein Reh auf der Fahrbahn steht, bleibt kaum Zeit zu überlegen und man vergisst alle Verhaltensregeln“, erklärt Norbert Schreiber auf der Lauterer Höhe. Auch seine Frau Lisa achtet seitdem zu jeder Jahreszeit auf die Warnschilder. „Wenn ich irgendwo ein Wildwechsel-Schild sehe, reduziere ich sofort die Geschwindigkeit. Viel mehr kann man aber eigentlich nicht tun.“

Die Wildtiere überqueren besonders häufig in Waldabschnitten und an Feldrändern die Straßen. Und das vor allem in den Abend- und frühen Morgenstunden während der Dämmerung. Der ADAC empfiehlt daher ein vorausschauendes Fahrverhalten. Tiere können Geschwindigkeiten nicht abschätzen und werden durch das Scheinwerferlicht geblendet. Sollte sich eine Kollision nicht mehr vermeiden lassen, auf keinen Fall ausweichen: „Es ist ganz entscheidend, die Lenkung gerade zu halten und keine unnötige Lenkbewegung ins Spiel zu bringen, weil sie sonst in den Gegenverkehr geraten können und es einen Zusammenstoß mit anderen Autofahrern geben kann“, erklärt David Dorado vom ADAC Südbayern. Nach einem Zusammenstoß sollte unbedingt die Fahrbahn geräumt werden, um nachfolgenden Verkehr nicht noch zusätzlich zu gefährden. „Sollte das Tier noch leben, muss am Unfallort der Förster oder Jäger verständigt werden“, so Polizeisprecher Stefan Probst. „Das Tier darf auf keinen Fall mitgenommen werden. Das kann eine Anzeige wegen Wilderei nach sich ziehen.“ Der Schaden am Fahrzeug kann über eine vorhandene Teil- oder Vollkaskoversicherung reguliert werden.

Moderne Sicherheitstechnik

Das Wild folgt oft bestimmten Pfaden, den Wildwechseln. Wo diese über die Straße führen, ergeben sich besondere Gefahrenstellen, die durch entsprechende Verkehrszeichen gekennzeichnet werden. Wildunfälle können prinzipiell das ganze Jahr und zu jeder Tageszeit passieren. Um das Wild und die Autofahrer zu schützen, werden an bekannten Gefahrenstellen geeignete Maßnahmen getroffen. Dazu gehören Absperrungen durch Wildschutzzäune oder andere Verbauungen. „Neben den amtlichen verkehrsregelnden Maßnahmen kommen zur Eindämmung von Wildwechselunfällen im Einzelfall auch noch bauliche oder sonstige Maßnahmen infrage – insbesondere durch den Jagdpächter: Duftstoffe, Wildzäune, Reflektoren und ähnliches“, so Köhler. Zusätzlich können die Waldbewohner auch mit reflektierenden CD-Scheiben oder Haarsäcklein abgeschreckt werden.

Bereits seit Februar 2019 dient die B 303 zwischen der Anschlussstelle Schonungen und Waldsachsen (Landkreis Schweinfurt) neben drei weiteren Örtlichkeiten in Bayern als Teststrecke für das Wildwarnsystem „Animot“. Dazu wurde auf den Straßenleitpfosten jeweils ein Infrarot-Gerät installiert, das in einem Umkreis von 30 Metern die Umgebung absucht. Wird ein Wildtier von dem System erfasst, werden die Autofahrer durch die blinkenden Lampen an den Leitpfosten gewarnt. Dadurch können Autofahrer ihre Geschwindigkeit anpassen und sich auf eine mögliche Begegnung mit Wildtieren einstellen. Grundsätzlich entscheiden die zuständigen Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen sind. „Die Zuständigkeit der Straßenverkehrsbehörden richtet sich im Allgemeinen nach der betroffenen Straßenklasse und dem betroffenen Streckenabschnitt“, so Köhler abschließend.

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