Coburg Gurgeln gegen Corona?

Gurgeln gegen Corona? Quelle: Unbekannt

Eine gesunde Mundschleimhaut ist das beste Abwehrbollwerk. Darauf weist eine Coburger Zahnärztin hin. Der ehemalige Direktor des Bundesgesundheitsamtes setzt gar auf Spezial-Desinfektion.

 
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Coburg - Auch wenn über das Corona-Virus vieles noch unbekannt ist: Virologen sind sich einig, dass es über den Nasen-Rachen-Raum in den menschlichen Körper eindringt. Und genau dort will Prof. Dr. Klaus-Dieter Zastrow, ehemaliger Direktor und Professor am Bundesgesundheitsamt und Facharzt für Hygiene, ansetzen. Von 2017 bis Sommer 2020 war er Chefarzt des Hygiene-Institutes des Klinikverbundes Regiomed und plädiert für die Desinfektion im Mund.

Tipp vom Fachmann

Prof. Dr. Klaus-Dieter Zastrow rät zur Desinfektion der Mundschleimhaut an jeden dritten Tag abends nach dem Zähneputzen. Dazu sollte demnach die PVP-Iod-Lösung, zum Beispiel Betaisodona, eins zu eins mit Wasser gemischt und dann damit für 45 Sekunden gegurgelt und gespült werden.


"Dort vermehren sich die Viren bis zu einem gewissen Punkt und dann folgt die plötzliche Verlagerung in die Lunge", schildert er. Diese hohe Menge an Viren, mit der die Lunge klar kommen muss, erkläre auch den schnellen schweren Verlauf vieler Covid-Erkrankungen. "Das Virus muss an der Quelle ausgeschaltet werden, und das ist der Mund-Rachen-Raum. Zuzulassen, dass das Virus den Mund-Rachen-Raum verlässt, ihm dann hinterherzuhecheln und dabei das halbe Land zu demontieren, um zahlreiche Ansteckungen zu vermeiden, ist ja mehr als dämlich", sagt Zastrow deutlich. Denn bis zu der Verlagerung seien die Viren auf der Mundschleimhaut noch gut erreichbar, was auch durch die Aufnahme der Viren durch den Abstrich beim gängigen Coronatest nachgewiesen sei. Zastrow rät darum zu regelmäßigen Mundspülungen.

"Um das Eindringen von SARS-CoV-2-Viren über die Mund- und Nasenschleimhaut zu verhindern oder zu reduzieren, muss ein Schleimhautdesinfektionsmittel eingesetzt werden, keinesfalls ein Mundwasser", erklärt er. Vielmehr sollte Povidon Iod (PVP-Iod) in einer Verdünnung von ein zu eins mit Wasser genutzt werden, ein Wirkstoff, der unter anderem virusinaktivierend wirke. Auch Octenidin sei geeignet. "Das sind Wirkstoffe, die jeder schon bei Verletzungen zur Desinfektion benutzt hat und die in der Chirurgie seit Jahrzehnten Jahren hoch beliebt sind", so Zastrow. Er bedauert, dass viele Menschen sehr zögerlich bei diesem Thema sind. "Es wäre gut, wenn das Robert-Koch-Institut die Munddesinfektion ebenso empfehlen würde wie Händedesinfektion, Abstand und Maske", unterstreicht der Hygienefachmann die aus seiner Sicht wichtigen vier Säulen in der Corona-Abwehrkette.

Jeden dritten Tag müsste eine Mundspülung durchgeführt werden, "ich selbst mache das auch und wer es nicht macht, ist selbst schuld." Diese Empfehlung sei ein Muss und wenn die Politik dies nicht begreife, dann sei das "absolut töricht." Es handele sich um mehrfach geprüfte Desinfektionsmittel. "Also sind sie hoch effektiv, denn wer gespült und gegurgelt hat, ist praktisch nicht mehr ansteckungsfähig, weil er kaum noch lebende Viren im Mund hat und wird auch nur mild erkranken, wenn überhaupt", ist sich Zastrow sicher. Denn der Körper bilde durch den Kontakt mit den noch überlebenden Viren Antikörper und erwerbe auf diesem Wege eine gewisse Immunität, die ihm dann helfe, wenn er erneut Kontakt mit dem Virus haben sollte. "Mal sehen, wann die Politik das begreift, für den Mund-Nasen-Schutz hat sie vier Monate gebraucht", so Zastrow.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Petra Ludwig, Zahnärztin aus Coburg. Auch sie verweist darauf, dass die Viren im Mund angreifen. Umso wichtiger sei dort eine gute Hygiene. "Paradontose und Entzündungen im Mund beeinflussen andere Krankheiten negativ, das ist bekannt", sagt Petra Ludwig. So sei eine gesunde Mundschleimhaut das beste Abwehrbollwerk. "Alles, was die Schleimhaut verändert, lässt Viren leichter eindringen". Schon seit langem nutzt Petra Ludwig ein etabliertes Verfahren, den sogenannten aMMP8 Test. Dabei ermöglicht eine Speichelprobe Rückschlüsse auf den Zustand des Immunsystems. Bisher kam dieser Test in der Coburger Praxis etwa bei der Behandlung von Paradontose oder vor Implantaten zum Einsatz. Nun nutzt ihn die Ärztin bei allen ihren Prophylaxebehandlungen kostenlos für die Patienten. Denn es ist ihr ein Anliegen, Defizite aufzudecken und Möglichkeiten zur Verbesserung der "oralen Immunkompetenz" aufzuzeigen.

Sie bedauert, dass seit dem erneuten Anstieg der Coronazahlen einige Patienten Sorge haben, zum Zahnarzt zu gehen. "Die einzigen, die wirklich dabei gefährdet sind, sind wir", meint sie. Natürlich wird vor der Behandlung genau abgeklärt, ob Symptome bei Patienten vorliegen und die üblichen Hygieneregeln eingehalten. Gerade jetzt sei die Entfernung von Plaque besonders wichtig, um Viren und Bakterien keine Möglichkeit zu geben, sich einzunisten. "Die Oberfläche muss passen, wer saubere Zähne hat, hat auch eine bessere Abwehr", ist sie sicher.

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