Coburg – Das Gericht unter dem Vorsitz von Gerhard Amend sah es als erwiesen an, dass der 57-Jährige über mehrere Jahre hinweg Gelder von Mandanten zu lange, teilweise bis zu 15 Monate, zurück gehalten und sich immer tiefer in ein Schneeballsystem verstrickt hat. Amend: „Er hat ein neues Loch aufgerissen, um ein altes zu stopfen“, um den Betrieb seiner Ein-Mann-Kanzlei aufrecht und seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Dabei hätte der Mann schon frühzeitig erkennen können und müssen, dass dies den Straftatbestand der Untreue erfüllt. „Trotzdem hat er weiter gewurschelt“, so der Vorsitzende Richter. Gleichzeitig habe der 57-Jährige Familienmitglieder, Freunde und Bekannte betrogen, indem er von ihnen Darlehen annahm, obwohl er gewusst habe, dass er sie niemals zum vereinbarten Zeitpunkt zurückzahlen konnte. „Er wollte nicht wahr haben, dass seine Situation schlecht ist und eine Besserung nicht eintreten wird“, sagte Gerhard Amend in seiner Urteilsbegründung.

Das Gericht hob mit dem Urteilsspruch den Haftbefehl gegen den 57-Jährigen auf, der seit Januar dieses Jahres in Kronach in Untersuchungshaft sitzt. Er muss sich eine feste Wohnung in Coburg nehmen, zweimal wöchentlich bei der Polizei und sich beim Arbeitsamt melden.

Der tiefe Fall des einst geachteten Anwalts stimme, so Amend weiter, nicht nur die Freunde des Mannes, sondern auch das Gericht traurig. Denn der 57-Jährige habe sich vorher nie etwas zuschulden kommen lassen. Er sei in einen Abwärtsstrudel geraten, weil er zum einen sein Elternhaus habe erhalten wollen, was ihn finanziell überforderte, und als allein tätiger Fachanwalt für Verkehrsrecht immer weniger Mandate erhielt, weil Autoversicherer seit Jahren auf Vergleiche setzen oder Vertragsanwälte einschalten. Damit sei die Geschäftsgrundlage des Juristen immer dünner geworden. Trotzdem habe er es versäumt, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen.

Die hohe Zahl der Fälle von Untreue und Betrug sowie der lange Zeitraum, über den die Straftaten begangen wurden, hätten zu dem Urteil von zwei Jahren und neun Monaten Haft führen müssen. Eine Bewährung sei hier ausgeschlossen, so Vorsitzender Richter Amend abschließend.

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