Coburg Hausarztverein warnt vor Angstmache

„Angstmache vor der Impfung und Verunsicherung der Bevölkerung ist hierbei angesichts der Pandemie nicht nur grundsätzlich abzulehnen, sondern zu verurteilen.“ – Ullrich Zuber, Vorsitzender des Hausarztvereins Coburg. Foto: dpa/Frank Rumpenhorst

Die Gemeinschaft nimmt Stellung zu den Äußerungen des Allgemeinmediziners Thomas Kreisler. Vorsitzender Ullrich Zuber bricht eine Lanze für die Impfung gegen das Corona-Virus.

 
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Coburg - Ullrich Zuber, Vorsitzender des Hausarztvereins Coburg, will die Äußerungen des Bad Rodacher Allgemeinmediziners Thomas Kreisler in einem NP-Interview vom 17. Dezember nicht unkommentiert lassen. Zuber schreibt:

„Der Hausarztverein Coburg mit seinen 75 Mitgliedern hat sich von Anfang an bei der Bekämpfung der Pandemie engagiert und positioniert. Dies betrifft auch die laufende Impfkampagne. Zahlreiche Hausärzte helfen seit Beginn im Impfzentrum Coburg und in den mobilen Impfteams mit und impfen seit Monaten in ihren Praxen.

Trotz aller Widrigkeiten mit zum Beispiel schleppender Impfstoffbelieferung zeigen die Praxen mit ihren Teams neben ihrer alltäglichen Arbeit ein unglaubliches Engagement und tragen entscheidend zur Bekämpfung der Pandemie bei. Dies geschieht aus der medizinischen Erkenntnis heraus, dass dieser Infektionslage letztendlich nur durch ein aktives Impfgeschehen begegnet werden kann. Die Informationen dazu beziehen wir aus verschiedensten unabhängigen wissenschaftlichen Quellen.

Damit betreten wir kein Neuland. Wir wissen schon seit vielen Jahrzehnten, dass bedrohlichen Infektionskrankheiten letztendlich nur durch Impfungen Einhalt geboten werden kann. Ein Blick über den Tellerrand hinaus auf Infektionsbrennpunkte in der Welt beweist dies.

Impfungen schützen sehr wohl in der Regel gerade vor gefährlichen Verläufen. Diese führen im Falle einer Covid-19 bedingten Beatmungspflichtigkeit zum Teil zu wochenlangen Belegungen von Intensivplätzen, welche dann letztendlich für notwendige Operationen oder gar akut behandelbare Notfälle fehlen können. Impfungen gegen Covid-19 reduzieren nachweislich diesen Anteil der schwerkranken Menschen drastisch.

Es war sowohl erwartbar als auch logisch, dass ein gewisser Immunitätsgrad erreicht werden muss, um nicht schwer an Covid-19 zu erkranken oder die Weiterübertragung zu reduzieren. Corona stellt die bekannten immunologisch-epidemiologische Kenntnisse und Gesetzmäßigkeiten nicht auf den Kopf.

Die Anzahl der dafür notwendigen Impfungen ist natürlich nicht schon im Vorfeld absehbar. Gleichzeitig sind nun aber auch die Voraussetzungen geschaffen, um bei wesentlichen Mutationen dieses Virus den Impfstoff, wenn notwendig, nachschärfen zu können.

Die Abwägung etwaiger Risiken lässt eine klare Positionierung zugunsten einer Impfung zu. Mögliche seltenere Nebenwirkungen hier zu einem Popanz aufzublasen sind völlig fehl am Platz. Nebenwirkungen von Medikamenten kennen wir alle schon seit Langem, auch sie sind in verantwortungsvoller Anwendung kein Anlass, sie nicht einzunehmen.

Es ist Standard in der Medizin, nach bestmöglichen medizinischen Erkenntnissen zu therapieren und zu beraten. Eine Abkehr davon muss auch aus juristischer Sicht sehr gut begründet sein, um Schaden zu vermeiden.

Angstmache vor der Impfung und Verunsicherung der Bevölkerung ist hierbei angesichts der Pandemie nicht nur grundsätzlich abzulehnen, sondern zu verurteilen. Wir sind natürlich bereit, Fragen und Ängste hinsichtlich der Impfung mit unseren Patienten zu besprechen und führen diese Aufklärungsgespräche mit noch immer unschlüssigen Patienten, kommen aber immer wieder zu demselben Ergebnis, dass es keine ernsthafte Alternative gibt. Wir wollen dabei überzeugen, aber nicht überreden. Juristisch ist bei dieser Konstellation, wie sie auch in der Antwort von Arbeitsrechtler Wolfram Salzer aus diesem Artikel hervorgeht, kein Tatbestand einer Nötigung gegeben.

Rechte, auch Pflichten, müssen in einer funktionierenden demokratischen Gesellschaft nach eingehender Abwägung ein Mehrheitsprinzip tolerieren. Dieses muss gerade auch bei der vorliegenden Informationslage zum Corona-Virus und seinen Folgen einforderbar und durchsetzbar sein. Jede Person muss daraus ihre persönlichen Konsequenzen im Rahmen des gesetzlich Erlaubten ziehen.

Der Hausarztverein Coburg distanziert sich jedenfalls von einer Unterschätzung der Situation. Gleichzeitig wissen wir als erfahrene Mediziner auch, dass wir in den nächsten Jahren ohne Panikmache mit dieser Krankheit nicht zuletzt auch durch die Impfungen umgehen können und auch werden.

Wir werden hierbei niemanden diskriminieren, Patienten, auch die Ungeimpften, selbstverständlich behandeln. Gleichzeitig wird es weiter unser Anliegen sein, die verletzlichen, schutzbedürftigen Patienten durch entsprechende Organisation und Praxismaßnahmen vor Ansteckung zu schützen. Jede Praxis wird dabei ihre eigenen gebotenen Richtlinien anlegen und somit ihrer Verantwortung gerecht werden.

Die Pandemie richtet schon genug medizinischen und wirtschaftlichen Schaden an. Die gesellschaftlichen Konsequenzen sollten nicht durch unversöhnliche Gegensätze auf die Spitze getrieben werden. Unser Rechtsstaat darf dabei aber nicht missbraucht werden.“

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