Coburg Hindenburg soll Ehrenbürgerwürde verlieren

Eine Büste von Paul von Hindenburg, dem die Pro-Coburg-Stadtratsfraktion die Ehrenbürgerwürde aberkennen lassen will. Foto: picture alliance / dpa/Matthias Balk

Die Fraktion Pro Coburg startet im Stadtrat einen Vorstoß, dem letzten Präsidenten der Weimarer Republik eine Ehrung abzuerkennen. Der Antrag wird zurückgestellt.

 
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Coburg - Die Fraktion Pro Coburg hat im Stadtrat beantragt, Paul von Hindenburg die 1917 verliehene Ehrenbürgerwürde abzuerkennen. Der Antrag wurde nach kurzer Diskussion von der Tagesordnung des Stadtrats abgesetzt.

Die Aberkennung der Ehrenbürgerwürde hatten schon die Grünen in der Amtszeit von Oberbürgermeister Norbert Kastner betrieben, waren damit aber gescheitert. Gründe dafür waren unter anderem die Kosten einer Umbenennung der Hindenburgstraße insbesondere für Unternehmen.

In dem Antrag verzichtet Pro Coburg auf die Forderung, einen neuen Namen für die Hindenburgstraße zu suchen. Stattdessen soll eine Tafel mit einer kritischen Würdigung im Sinne einer „lebendigen Erinnerungskultur“ angebracht werden.

Paul von Hindenburg habe als der letzte Reichspräsident der Weimarer Republik wissentlich und willentlich die Machtergreifung der Nationalsozialisten eingeleitet. Der Wegbereiter Hitlers müsse, so Pro Coburg, aus der Galerie derer entfernt werden, auf die Coburg stolz sein könne. Städte wie Berlin, Dortmund, Köln, Halle, Leipzig, München und Stuttgart hätten ihm inzwischen die Ehrenbürgerschaft aberkannt. Coburg sollte –insbesondere im Licht der eigenen NS-Geschichte – dem Beispiel dieser Städte folgen, erläuterte Matthias Schmidt-Curio.

2. Bürgermeister Hans-Herbert Hartan (CSU) fragte, weshalb ein solcher Antrag gerade jetzt gestellt werde. Es gebe weder neue Erkenntnisse, noch sei Paul von Hindenburg ein Thema, das die Bürgerinnen und Bürger der Stadt derzeit beschäftige. Es scheine so, „als will die Wählergemeinschaft Pro Coburg einen neuen Aufreger durch unsere Stadt treiben. Wir haben im Moment ganz andere Probleme, als uns jetzt mit einer Entscheidung aus dem Jahr 1917 auseinander zu setzen“, sagte Hartan.

Er verwies darauf, dass der Stadtrat sich schon 2012 mit der Aberkennung der Ehrenbürgerwürde für Paul von Hindenburg beschäftigt und davon abgesehen habe. Zudem ende nach gängiger Rechtsauffassung die Ehrenbürgerschaft eines Menschen mit dessen Tod. Hindenburg ist 1934 verstorben. „Eine Aberkennung ist im juristischen Sinne nicht möglich“, so Hartan.

Hartan schlug vor, den Pro-Coburg-Antrag von der Tagesordnung abzusetzen und später zu behandeln. Eine ausführliche Diskussion, die das Thema erfordere, sei unter den Bedingungen der Corona-Pandemie, in denen Stadtratssitzung kurz gehalten werden sollten, nicht leistbar. Zudem bestehe keine zeitlich dringende Notwendigkeit zur Beratung. Dem folgte der Stadtrat mit 23 gegen 13 Stimmen.

Nach der Entscheidung betonte die Grünen-Fraktion in einer Presseerklärung, „über welche Themen kann und darf in Zeiten von Corona diskutiert werden?“ Wenn es nach dem zweiten Bürgermeister Hans-Herbert Hartan (CSU) und der Mehrheit des Coburger Stadtrates gehe, „offenbar nicht über jedes und insbesondere nicht über die Streichung der Ehrenbürgerwürde für Paul von Hindenburg“, heißt es in der Erklärung.

Überrascht und entsetzt hätten zumindest 13 Stadträtinnen und Stadträte, die hier durchaus Diskussionsbedarf sehen würden, die Ausführungen und den anschließenden Geschäftsordnungsantrag des zweiten Bürgermeisters auf Absetzung des Antrag der Wählergemeinschaft Pro Coburg von der Tagesordnung vernommen. Wenn es nach Hartan gehe, seien im Stadtrat „derzeit nur Anträge gefragt, die mit Corona zu tun haben oder zumindest nicht kontrovers gesehen werden“.

Es sei „erstaunlich und erschreckend, dass auf diese Weise ein weiterer Schritt in Richtung Aufarbeitung der Geschichte und zur Stärkung eines bunten und friedlichen Miteinanders lapidar als unnötig und nicht aktuell abgetan wird“ und dies „von einem Großteil des Stadtrates mitgetragen wurde“.

Das Eintreten gegen Rassismus, Antisemitismus und Faschismus sowie das Bekenntnis zu einem bunten, vielfältigen und modernen Coburg sei stets aktuell und keine Aufgabe nur für ruhige Zeiten. „Eine Diskussion dieses Themas hätte dem Coburger Stadtrat gut zu Gesicht gestanden“, betont die Grünen-Fraktion.

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