Coburg - Wenn der schnelle Zug ab Inbetriebnahme der Neubaustrecke Ebensfeld-Erfurt im Dezember 2017 nur zweimal am Tag in der Vestestadt stoppe, „dann bedeutet das keine Stärkung des Standorts, sondern auch, nachdem die ICE-Halte in Lichtenfels wegfallen, einen Rückschritt“, betonte Tessmer beim Neujahrsempfang der Stadt am Samstag im Landestheater.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, CSU, habe jüngst mitgeteilt, „dass es einen Kompromiss mit der Deutschen Bahn geben soll“. Dieser solle im Frühjahr in Coburg vorgestellt werden, erläuterte Tessmer. Er bitte Herrmann, „mit gut gefüllten Bahnverbindungen im Gepäck“ in die Vestestadt zu kommen. „Ich hole Sie persönlich am Bahnhof ab, wenn der Koffer mit einem für Coburg wichtigen Inhalt zu schwer sein sollte“, sagte OB Tessmer unter starkem Beifall der Gäste des Neujahrsempfangs.

Dabei brach der Oberbürgermeister auch eine Lanze für das Landestheater Coburg. Kunst und Kultur, „speziell das Theater, ist ein Wert an sich und wichtig für die Entwicklung auch unserer Stadt und die Gesellschaft“. Coburg ohne Theater, „das wäre nicht mehr Coburg“. Das betonte der OB mit Blick auf die gegenwärtige, teilweise heftig geführte Diskussion um die Generalsanierung und die Erweiterung des Landestheaters sowie die Schaffung einer Ausweichspielstätte. Theater sei „Investition in die Zukunft und keine Subvention. Investitionen in Kunst und Kultur sind wichtig. Kunst und Kultur geben in unsicheren Zeiten Halt und Orientierung“, sagte Tessmer unter starkem Beifall der Gäste des Neujahrsempfangs.

Er freue sich, dass der Stadtrat die Finanzierungsvereinbarung mit dem Freistaat Bayern zur Generalsanierung und Erweiterung des Landestheaters am Dienstag vergangener Woche unterschrieben hat. Sie ist mit insgesamt rund 64 Millionen Euro kalkuliert. Die Stadt Coburg trägt rund 20 Millionen Euro.
Noch nicht entschieden ist nach den Worten Tessmers, wo das Landestheater Coburg während der Bauzeit zwischen den Jahren 2018 und 2022 spielen wird. Zwar besagt eine Machbarkeitsstudie, dass die Angerturnhalle als Ausweichspielstätte geeignet sei, aber trotzdem werde noch eine andere Lösung geprüft. Dazu findet am 4. Februar eine Besichtigungsfahrt nach Landshut statt. Dort wurde ein Theaterzelt als Interimslösung gekauft. Die Nutzung eines Zeltes ist auch eine Option für Coburg.

Seit einer Woche liege zudem ein Angebot der Hochschule Coburg vor, im Rahmen einer Semesterarbeit nachhaltige Ideen für die Übergangsspielstätte des Landestheaters zu entwickeln. Dies könne Kosten für die noch umstrittene Interimslösung senken, erläuterte Norbert Tessmer.

Bislang sind dafür fünf Millionen Euro vorgesehen. Mit diesem Betrag könnte die marode Angerhalle so umgebaut werden, dass sie als Übergangsspielstätte für das Landestheater genutzt werden kann. Anschließend soll das Gebäude abgerissen werden.

Intendant Bodo Busse bedankte sich erneut beim Stadtrat, dass er die Finanzierungsvereinbarung mit dem Freistaat Bayern zur Theatersanierung mit großer Mehrheit beschlossen hat. Dass noch viel zu reden sei über die Finanzierung einer Ausweichspielstätte, schrecke Busse nicht, das sei ein demokratischer Prozess.

Grundsätzlich, so der Intendant weiter, sei das Landestheater nicht nur eine Stätte der Kunst, sondern Ideengeber für viele Bereiche des öffentlichen Lebens. Busse nannte beispielhaft Jugend-, Senioren-, Flüchtlings- und generationsübergreifende Projekte, die das Theater in der Stadt angestoßen hat. Es sei offen für alle gesellschaftlichen Bereiche Coburgs, „auch wenn die Kunst im Mittelpunkt steht.“

Das Flüchtlingsprojekt des Landestheaters griff OB Tessmer auf, als er sagte, dass die Stadt Coburg einen Beitrag leisten müsse, „indem wir uns um die Menschen kümmern, die aus Not zu uns flüchten“. Dies sei – auch mit Hilfe zahlreicher ehrenamtlicher Helfer, für die er einen gesonderten Empfang ankündigte – bisher gut gelungen. Nun gelte es, die Menschen, die bleiben können, in Schule, Arbeitsmarkt und Gesellschaft zu integrieren. Dazu gehöre „vor allem und zu allererst das Erlernen der deutschen Sprache, möglichst vom ersten Tag an“, betonte Norbert Tessmer.