Coburg Pastor, Widerstandskämpfer und geliebter Bruder

Christine Wagner

Vor 75 Jahre wurde Dietrich Bonhoeffer von den Nazis ermordet. Zum Auftakt einer Veranstaltungsreihe las Jutta Koslowski aus den Aufzeichungen seiner Schwester.

 
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Die Theologin Jutta Koslowski las aus den Aufzeichnungen der Schwester von Dietrich Bonhoeffer. Foto: Wagner

Coburg - "Ein Zeuge Jesu Christi unter seinen Brüdern" ist auf der Gedenktafel im KZ Flossenbürg zu lesen. Dort wurde am 9. April 1945 der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer (geboren 1906) ermordet, der am Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt war.

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"Von guten Mächten wunderbar geborgen" - mit diesen Zeilen beginnt das wohl bekannteste Kirchenlied des 20. Jahrhunderts, verfasst von Dietrich Bonhoeffer im Dezember 1944 in Gestapo-Haft, adressiert an seine Verlobte Maria von Wedemeyer und seine Familie: ein bewegendes Dokument von Lebensliebe und Gottvertrauen.

Ein facettenreiches neues Bild auf das Leben des Theologen versprach Dieter Stößlein. Im Namen der Veranstalter, der Arbeitsgemeinschaft Lebendige Erinnerungskultur, des Deutschen Gewerkschaftsbunds, des Evangelisches Bildungswerks sowie der Initiative Stadtmuseum, der Kirchengemeinde Johanneskirche, unterstützt von "Demokratie leben!", begrüßte er am Montag im ausverkauften Haus Contakt 40 Gäste und stellte ihnen Jutta Koslowski vor. Die promovierte Pfarrerin und Lehrbeauftragte veröffentlichte 2018 die Aufzeichnungen von Susanne Dreß, der jüngsten Schwester Dietrich Bonhoeffers. Hierzu bearbeitete Koslowski das 600 Schreibmaschinenseiten umfassende Manuskript: über 40 Jahre Familiengeschichte der Bonhoeffers. Aus diesem über 900-seitigen Band exzerpierte die Wissenschaftlerin nun die "Erinnerungen an Dietrich Bonhoeffer", die im Februar dieses Jahres erschienen sind.

Die drei Jahre jüngere Schwester Susanne erinnert sich an die Kindheit mit Dietrich und schildert anschaulich das Leben in dem großbürgerlichen Haus, in dem Lesungen, Hausmusik und Theateraufführungen zum Alltag gehörten. In den "Goldenen Zwanzigern" durfte Susanne ihren Bruder zu Freunden begleiten, wo man bei viel Zigaretten und schwarzem Kaffee "geistige Orgien" feierte. Die Zeit des Dritten Reichs und des Widerstands, dem neben Dietrich noch andere Familienmitglieder angehörten, nimmt breiten Raum in den Memoiren ein.

In ihrer Lesung setzte Jutta Koslowski viel Bonhoeffer-Wissen beim Publikum voraus, sodass erst aufgrund von Publikumsfragen am Schluss einige wesentliche biografische Details erwähnt wurden. Ganz am Ende des Abends stand eine eindrückliche, von Susanne Dreß kommentierte Dia-Serie, die das Leben und Wirken Dietrich Bonhoeffers lebendig werden ließ.

Als weitere Veranstaltungen zum 75. Todestag von Dietrich Bonhoeffer lädt das Evangelische Bildungswerk zu einem Gottesdienst am 27. September, 18 Uhr, in der Johanneskirche und zu einer Exkursion nach Flossenbürg am 10. Oktober ein. Weitere Informationen unter www.ebw-coburg.de