Coburg Pathologe stößt nur noch auf Fäulnisflüssigkeit

Von Norbert Klüglein

Coburg/Wallenfels - Die Babyleichen, die im November 2015 in einem Haus in Wallenfels gefunden worden waren, weisen weder Stichverletzungen noch Spuren von stumpfer Gewalt auf.

 
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Coburg/Wallenfels - Die Babyleichen, die im November 2015 in einem Haus in Wallenfels gefunden worden waren, weisen weder Stichverletzungen noch Spuren von stumpfer Gewalt auf. Das sagte Stephan Seidl, Professor für Gerichtsmedizin an der Universität Erlangen, vor dem Landgericht Coburg. Deshalb dürfte die Darstellung der Angeklagten stimmen, die über ihren Anwalt hatte ausrichten lassen, dass sie die Kinder erstickt habe.

Der Gutachter berichtete ausführlich über die Untersuchung aller acht Leichenbündel, die Andrea G. in ihrem Haus versteckt hatte. Dabei stellte Seidl fest, dass die sterblichen Überreste nahezu luftdicht verpackt worden waren. Erreicht wurde das durch mehrere Schichten aus Tüchern und Plastiktüten, die um die Körper gewickelt wurden. Die einzelnen Pakete beinhalteten aber auch Papierreste, Toilettenpapierrollen, Kinderwindeln und Damenbinden. Sogar einen benutzten Kaugummi entdeckten die Gerichtsmediziner.

Der Zustand der sterblichen Überreste war schlecht. "Es konnten keine Gewebestrukturen mehr festgestellt werden", sagte der Pathologe. Muskeln und Organe hatten sich durch den luftdichten Abschluss aufgelöst und in eine Fäulnisflüssigkeit verwandelt. Deshalb konnte er auch keine Aussagen machen, ob die Neugeborenen eventuell unter organischen Schäden litten. Die Frage, ob die Babys lebensfähig gewesen waren, beantwortete Seidl allein anhand der Größe der Skelette. Er kam zu dem Schluss, dass vier der Kinder voll ausgebildet waren und zwischen der 35. und der 40. Schwangerschaftswoche geboren sein müssen. Drei der Jungen und Mädchen hätten die Geburt nicht ohne medizinische Versorgung überlebt, weil ihre Lungen noch nicht voll ausgebildet waren. In einem Fall geht der Rechtsmediziner von einer Totgeburt aus.

"Bei allen Kindern kommen die beiden Angeklagten Andrea und Johann G. als Eltern infrage", sagte Stephan Seidl weiter. Die wenigen verwertbaren DNA-Spuren an der Verpackung der Babyleichen ordnete der Gutachter Andrea G. zu. Zwar hätten sich an einigen der Kunststofftüten auch Spuren von Genmaterial des Vaters und einer der im Haus lebenden Tochter befunden. Es sei aber nicht auszuschließen, dass die Spuren vor den jeweiligen Taten an die Einkaufstaschen gekommen waren.

Die Aussage des Gerichtsmediziners entlastet übrigens den der Beihilfe zum Mord angeklagten Ehemann Johann G. "Es gibt keine Spur, dass er jemals eine der Leichen angefasst hat", betonte der Professor.

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