Coburg Steirer, 25, unzufrieden

Christoph Neuhold steht nicht in Österreichs EM- Kader und durchlebt auch beim HSC 2000 Coburg nicht die beste Zeit. Wie sieht er seine Lage?

 
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Coburg - Der Mann, der so emotionsgeladen, so fotogen jubeln kann, wäre gerade gerne ganz woanders. So gerne. Obwohl sich Christoph Neuhold hier ja eigentlich pudelwohl fühlt, in diesem Café am Coburger Albertsplatz.

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Test gegen die Eulen

Am Samstag, 18. Januar, empfängt der HSC 2000 Coburg in Ebersdorf Erstligist Ludwigshafen. Anwurf in der Frankenland-Halle ist um 16 Uhr. Tickets gibt es vor Ort.

Es ist so etwas wie HSC-Territorium, hier gehen sie ein und aus, die Handballprofis von Trainer Jan Gorr. Wie zum Beleg spazieren an diesem milden Januartag, während des Gesprächs mit dem Steirer im Kader des Zweitligatabellenführers, nach der Reihe Neuholds Mitspieler Florian Billek, Maximilian Jaeger und Marcel Timm durch die Eingangstüre hinein. Ihr Coach, der am Abend wieder auf Eurosport seine Expertise unter Volks bringen soll, hat seinem Team trotz der so kurzen Wintervorbereitung den Nachmittag freigegeben.

Christoph Neuhold, 25, dunkelgrüner Strickpulli, dunkle Jeans, schneeweiße Sneaker, ordert eine Bionade. Holunder. Kaffee hatte er heute schon einen, und einer ist ihm genug. "Wenn man diese Kulisse sieht, da würde jeder Sportler gerne dabei sein", sagt er dann. Was er mit "da" meint, dürfte jeder erraten können: die Europameisterschaft in Norwegen, Schweden und eben Österreich, Heimatland des Shooters auf Rückraum links. Bei der sich die Alpenrepublik bislang wacker hält, sie trifft nach drei Siegen in ihrer Gruppe in der Hauptrunde unter anderem auch noch auf Deutschland. Neuhold knetet seine Hände: "So viele Möglichkeiten, so etwas zu erleben, wird es wohl nicht mehr geben."

Es ist so lange nicht her, da gehörte der 1,93 Meter große Rechtshänder noch fest zum österreichischen Stammaufgebot. Alles in allem kommt der Offensivspezialist auf 36 Spiele und 18 Tore für seine Nationalmannschaft. Neuhold war unter anderem dabei, als sich die ÖHB-Auswahl im Juni 2018 in Wien gegen Weißrussland für die Weltmeisterschaft qualifizierte. Sein Name fand sich auch im vorläufigen Kader für die WM im Januar 2019.

Dann der jähe Schock. Im Dezember davor erhält er die Diagnose: Bandscheibenvorfall. Da hat er das rot-weiße Trikot des ASV Hamm-Westfalen noch nicht einmal eine komplette halbe Saison gegen das gelb-schwarze des HSC getauscht.

Seitdem ist vieles anders. Der wurfgewaltige Rückraumakteur, der mit seiner kraftvollen, dynamischen Art das Sinnbild war für das neue Coburg nach dem Umbruch, mutet nicht mehr ganz so wurfgewaltig, kraftvoll, dynamisch an. In den bislang 16 Saisonspielen erzielte er lediglich 26 Treffer. Für die EM blieb er dann auch hängen im 28-Mann-Kader. Alles nur Spätfolgen der Verletzung? Oder steckt mehr dahinter? Und was verbirgt sich hinter seiner kürzlichen Vertragsverlängerung um nur ein Jahr? Weshalb keine zwei wie jüngst etwa bei Pontus Zetterman und in der Vorsaison Tobias Varvne?

Aber eins nach dem anderen. "Die Vorbereitung im Sommer habe ich definitiv noch gebraucht", bilanziert Christoph Neuhold, der bereits Ende der vergangenen Serie vereinzelt wieder auf der Platte stand, als der HSC verzweifelt versuchte, sich auf einem Aufstiegsrang zu halten. Da habe er schon gemerkt, "dass ich noch nicht so weit war. Jetzt spüre ich keinen Unterschied mehr zu vorher."

Seine aktuelle Saison bewertet der 25-Jährige, der seine Worte mit viel Bedacht zu wählen scheint, gespalten. Bis ihn vor dem 10. Spieltag ein kleiner Muskelfaserriss in der Wade für zwei Partien außer Gefecht setzte, sei er "ganz zufrieden" gewesen. "Auch mit meiner Spielzeit", fügt Neuhold in ruhigem Ton hinzu, "dann habe ich ja nicht mehr wirklich viel bekommen." Das klingt dann schon nach wenigstens vorsichtiger Kritik an seinem Übungsleiter. "Natürlich hätte ich gerne mehr gespielt, aber der Trainer hat so entschieden und Andi ( Anm. d. Red.: Andreas Schröder) hat es ja auch recht gut gemacht im Angriff", sagt der Österreicher, der für sein Spiel Selbstvertrauen benötigt. Er hoffe nun, dass nach der Pause wieder mehr Zeit herausspringe, "dass er mir die Chance gibt." Er, Jan Gorr.

Auch beim Nationalteam hadert der 25-Jährige offenbar so ein wenig mit seinem Coach. Der heißt dort Ale s Pajovic. Der Slowene, bis vor Kurzem noch in Graz auf dem Feld aktiv, hatte nach der für die ÖHB-Auswahl unbefriedigenden WM das Amt vom Isländer Patrekur Johannesson übernommen und "wohl andere Pläne", wie Coburgs Rückraum-Schütze es von seiner Warte beschreibt: "Er vertraut vielen Spielern, die in Österreich spielen. Da war ich halt nicht mehr so auf dem Schirm."

Christoph Neuhold, der von seinen Trainern nicht angemessen Wertgeschätzte. So jedenfalls seine Lesart, fügt man die Aussagen zusammen.

Und die Vertragsverlängerung um gerade einmal ein Jahr, bis zum Ende der nächsten Saison? Das hätten beide Seiten so gewollt, antwortet der gebürtige Steirer, er und der Verein: "Ich bin 25, habe keine Kinder, für mich ist alles offen." So beginnen Kontaktanzeigen.