Coburg Tessmer und Hartan warnen vor "Legendenbildung"

Satiriker Jan Böhmermann hat im ZDF die Benennung der Max-Brose-Straße aufs Korn genommen. Zwei Coburger Kommunalpolitiker widersprechen der Darstellung.

 
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Coburg - Norbert Tessmer (SPD) und Hans-Herbert Hartan (CSU) warnen in einer am Donnerstag veröffentlichten, gemeinsamen Pressemitteilung vor einer "Legendenbildung" in Bezug auf die Benennung der Max-Brose-Straße in der Coburger Südstadt. Der Satiriker Jan Böhmermann hatte in seiner Sendung "ZDF-Magazin Royale" am vergangenen Freitag den Eindruck erweckt, die Unternehmerfamilie Stoschek habe Einfluss auf die Entscheidung des Stadtrats genommen (die Neue Presse berichtete).

Tessmer und Hartan betonen, die CSU-Stadtratsfraktion habe im Jahr 2004 "den Antrag eingebracht, den verdienten Unternehmer Max Brose und sein Unternehmen mit einer Straßenbenennung zu ehren". Dies sei weder auf Initiative des Unternehmens oder der Familie Stoschek, "noch gar aufgrund irgendeines Drucks" geschehen. Weder die Firma Brose noch die Familie Stoschek seien zu diesem Zeitpunkt von diesem Vorhaben informiert gewesen. Das hatte auch Michael Stoschek, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der Brose-Gruppe und Enkel von Firmengründer Max Brose, damals mehrfach betont.

Oberbürgermeister a. D. Norbert Tessmer, der heute Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion ist, und Hans-Herbert Hartan, 2. Bürgermeister und Vorsitzender der CSU/JC-Fraktion, betonen, dass Ehrungen vertraulicher Bestandteil der Stadtratsarbeit seien. Nach "langwierigen Diskussionen" zunächst im Bausenat und später im Stadtrat sei der Antrag, eine Straße Max Brose zu widmen, bei Stimmengleichheit im Stadtrat abgelehnt worden.

Im Jahr 2015 habe Norbert Tessmer, damals Oberbürgermeister von Coburg, "aufgrund einer vorausgehenden Pressekampagne und der Ankündigung von Anträgen das Thema erneut auf die Tagesordnung gesetzt", nachdem auch die Vergangenheit von Max Brose in der NS-Zeit "voll umfänglich aufgeklärt worden war", heißt es in der Pressemitteilung der beiden Kommunalpolitiker weiter. Auch bei diesem neuerlichen Antrag habe es keinerlei Einflussnahme der Firma Brose oder der Familie Stoschek auf die Entscheidungsträger gegeben.

Der Coburger Stadtrat habe dann "mit großer Mehrheit", mit 30 gegen acht Stimmen, der Umbenennung der Von-Schultes-Straße in Max-Brose-Straße zugestimmt. "Alle diese Sachverhalte sind jederzeit nachprüfbar und in der medialen Landschaft mehrfach behandelt worden", erklären Hans-Herbert Hartan und Norbert Tessmer. Und: "Jede andere Interpretation hat nichts mehr mit objektiver Berichterstattung zu tun, sondern kann nur als böswillige Verdrehung der Tatsachen bezeichnet werden."

Wegen Max Broses Rolle in der NS-Zeit hatten Historiker im Vorfeld der Stadtratsentscheidung Bedenken gegen die Straßenwidmung geäußert. Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland, Vertreter der Evangelischen Kirche und von Gewerkschaften hatten sich gegen eine Max-Brose-Straße ausgesprochen.

Nachfahren von Johann Adolph von Schultes sahen die Umbenennung ebenfalls kritisch. Der Historiker und Archivar lebte von 1744 bis 1821. Im Jahr 1803 wurde er zum Archivrat am Landesministerium in Coburg berufen. Von Schultes widmete sich mit großer Hingabe der heimatgeschichtlichen Forschung. In seinem Hauptwerk beschäftigte er sich mit den Hennebergern, die im Mittelalter das Gebiet des späteren Sachsen-Coburg kontrollierten. Er verfasste auch die "Coburgische Landesgeschichte". Sein Werk fand internationale Beachtung.

Oberbürgermeister Norbert Tessmer erklärte 2015 dazu, selbstverständlich werde die Stadt Coburg das Andenken an Johann Adolph von Schultes weiterhin bewahren. Nach ihm solle eine Straße am ehemaligen Güterbahnhof- und Schlachthofgelände benannt werden, kündigte Tessmer damals an.

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