Coburg - Wenn es einsam wird an Heiligabend

Norbert Klüglein

Seit zwölf Jahren organisiert Hildegard Mogalle am 24. Dezember eine Feier für Menschen, die Gemeinschaft suchen.

 
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Coburg - "Zuhause wäre mir nur die Decke auf den Kopf gefallen", hat vor ein paar Jahren einer ihrer Gäste Hildegard Mogalle ins Ohr geflüstert. Dann hat er sie umarmt und ist gut gelaunt hinaus in die Nacht gegangen. So eine kleine Episode ist für die sozial engagierte Frau der schönste Lohn für das, was sie zusammen mit einem Team von Helfern in jedem Jahr zu Weihnachten auf die Beine stellt. "Sie glauben gar nicht, wie viele Menschen gerade am Heiligen Abend einsam sind und wie viele nicht das Geld haben, sich ein gutes Essen zu leisten", sagt die 63-Jährige. In beiden Fällen kann Hildegard Mogalle Abhilfe schaffen.

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Wer sich für die Feier im Haus Contakt interessiert und selbst teilnehmen möchte, kann sich bis zum 20. Dezember unter folgenden Telefonnummern anmelden:

Pfarramt St. Moriz: 09561/871424

Diakonie: 09561/7990500

Hildegard Mogalle: 09561/38290

Seit 2005 organisiert sie Jahr für Jahr in Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde St. Moriz und der Diakonie im Haus Contakt einen besinnlichen Abend für Menschen, die zum Christfest nicht alleine bleiben wollen. Am Anfang kam nur eine Handvoll Leute. Dann wurden es immer mehr. "Unser Rekord lag bei 80 Personen", schmunzelt die Religionslehrerin, die am Förderzentrum Heinrich-Schaumberger-Schule arbeitet und die sich in der Gemeindearbeit und der Nächstenhilfe engagiert. Um Rekorde geht es Hildegard Mogalle freilich nicht. Vielmehr stehen für sie das Erleben der Gemeinschaft - und sei es nur für einen Abend -, das gemeinsame Singen und Erzählen und natürlich ein schmackhaftes Weihnachtsmenü im Mittelpunkt. "Eigentlich feiern wir den Heiligen Abend nicht anders, als das viele Familien tun", erklärt sie. Ungezwungen soll es sein, friedlich, freundlich und feierlich.

Wer sind die Menschen, die regelmäßig am 24. Dezember ins Haus Contakt kommen? "Ein repräsentativer Querschnitt durch die Bevölkerung", sagt Hildegard Mogalle. Da ist der Rentner, dessen Kinder in aller Welt verstreut leben. Oder der Student, der erst neu in Coburg ist. Die alleinstehende Frau, die keine Verwandten hat, kommt vorbei. Aber auch der Berufstätige, der an den Feiertagen arbeiten muss und für den die Heimreise zu weit wäre. Der Asylbewerber, die Seniorin mit dem gehbehinderten Enkel oder das Paar, das Heiligabend lieber in Gesellschaft verbringt, statt vor dem Fernseher zu sitzen. Für das Organisationsteam spielt es keine Rolle, wer anklopft. "Unsere Tür steht für die Menschen mit Geld genauso offen, wie für die ohne Geld", erklärt Hildegard Mogalle. "Hauptsache, unsere Gäste haben Freude an der Gemeinschaft und wollen einen Abend lang zusammen sein."

Die Besucher werden traditionell mit einem guten Essen empfangen. Die Menüfolge ist übrigens schon Tradition und hat sich in zwölf Jahren nicht verändert: Sauerbraten mit Rotkohl und Klößen. Dazu Salate und später leckere Nachspeisen. Glücklicherweise haben sich immer wieder Köche gefunden, die bereit waren, am Heiligabend für fünf oder sechs Dutzend Leute zu brutzeln. Im Moment versorgt Marion Brödenfeld von der Coburger Kloßküche die Gäste. Und: "In diesem Jahr bereitet erstmals ein Frauen-Helferkreis für uns die Salate vor und zaubert einige Nachspeisen", freut sich Hildegard Mogalle.

Apropos Helfer. Ohne die "guten Geister" im Hintergrund gäbe es den Heiligen Abend für Alleinstehende im Haus Contakt wahrscheinlich nicht. Auch wenn Hildegard Mogalles Mann Rudolf Dengel aus heißem Kloßteig leidenschaftlich gern "Rutscher" formt und zwei ihrer drei Töchter bei den Vorbereitungen mit anpacken - allein als "Familienunternehmen" könnten die Mogalles einen solchen Abend niemals stemmen. 13 Personen engagieren sich heuer, damit der Heiligabend gelingt.

Auch hier kommt ein bunter Kreis zusammen: die Hochschuldozentin und der Handwerker, die Studentin und die Hausfrau. "Bis alles wieder picobello ist, kann es bis nachts um halb Zwölf dauern", erzählt Hildegard Mogalle. Die Helfer empfänden es aber nicht als Last, alles herzurichten und anschließend wieder sauber zu machen, sondern als Bereicherung. "Schließlich feiern wir alle gemeinsam das Christfest", betont die Organisatorin.

Da Schenken nun mal zu Weihnachten gehört, erhält übrigens jeder Gast ein kleines Präsent. "Das kann ein Päckchen Kaffee sein oder ein Schal, ein paar Socken oder eine Salami", schmunzelt Hildegard Mogalle und fügt hinzu: "Hauptsache, es ist ein praktisches Geschenk". Finanziert werden die Kleinigkeiten über einen Glühweinverkauf, den der Helferkeis regelmäßig am Ewigkeitssonntag organisiert. Ferner sorgen Spenden der Sparkasse, der Hofapotheke und von Privatleuten dafür, dass der Abend nicht die Finanzen der Moriz-Gemeinde oder der Diakonie belastet. Und wenn etwas übrig bleibt, dann fließt das Geld in die Mittagstafel, die die Diakonie in ihrem Stadtbüro in der Metzgergasse an jedem Samstag anbietet: eine Suppe für einen Euro für diejenigen, die sich keine warme Mahlzeit leisten können.

Am 24. Dezember verdrückt der eine oder andere im Haus Contakt schon mal ein Tränchen, wenn Gerry O' Conell Weihnachtslieder anstimmt. Aber meist herrscht fröhliche Stimmung, und die Menschen kommen sich näher. "Unter unseren Gästen hat sich sogar ein Paar zusammengefunden, und es sind viele Freundschaften entstanden, die über die Weihnachtszeit hinaus reichen", weiß Hildegard Mogalle.

Die amüsanteste Aktion freilich war eine vorgezogene Weihnachtsfeier nur fürs Fernsehen. Von der Aktion "Sternstunden" des Bayerischen Rundfunks hatte das Organisationsteam vor ein paar Jahren einen komplett geschmückten Weihnachtsbaum erhalten. Da der Sender aber an Heiligabend einen kleinen Film von der Weihnachtsfeier für Alleinstehende zeigen wollte, musste schon ein paar Tage vor dem Christfest gedreht werden. "Alle taten so, als wäre Heiligabend und ich musste ganz erstaunt schauen, als der Reporter mit dem Weihnachtsbaum zur Tür herein gekommen ist", lacht die 63-Jährige.

Und wie feiert die Familie Mogalle Weihnachten, wenn am Heiligabend alle auf den Beinen sind? "Bescherung machen wir mittags", sagt Hildegard Mogalle. "Unsere Weihnacht ist das Zusammensein mit den Menschen, die zu Gast sind und später mit den Helfern, wenn alle wieder gegangen sind." Sie könne sich nichts Schöneres vorstellen. "So lange dieses Angebot auf Resonanz stößt, werde ich das weiter machen", kündigt die engagierte Frau an.

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