Coburger Aquaria Fieberhafte Suche nach Hallenbad-Ersatz

Im Dezember 2019 ist im Berliner Stadtteil Wedding eine Tragluft-Schwimmhalle eröffnet worden. Diese dient als Übergangslösung während der Sanierung von Hallenbädern in der Hauptstadt. Die Traglufthalle steht für das Schwimmen der Schulen und Vereine zur Verfügung. Foto: Volker Gehrmann info@karacho.berlin/Volker Gehrmann

Das Aquaria in Coburg muss von Grund auf saniert werden. Die Arbeiten sollen im Mai 2023 beginnen. In der Stadt nimmt der Unmut zu, weil die Einrichtung zwei Jahre lang geschlossen werden soll. Über Alternativen ist im Stadtrat bislang nur am Rande gesprochen worden.

 
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Als feststand, dass das Landestheater Coburg generalsaniert und erweitert werden muss, war es im Stadtrat keine Frage, dass es eine Ausweichspielstätte geben muss. Sie entsteht mit dem Globe-Theater auf dem früheren Güterbahnhofgelände in der Südstadt. Die Kosten dafür streben Richtung 40 Millionen Euro.

Ein weiteres Großprojekt, das ebenfalls schon Jahre im Raum steht, ist die Erneuerung des Hallenbads Aquaria. Bereits im September 2020 beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages, das Projekt mit drei Millionen Euro zu fördern. Der Zuschussantrag konnte natürlich nur gestellt werden, weil die Erneuerung vorher durchgeplant worden war. Oberbürgermeister Dominik Sauerteig (SPD) sprach damals vom Erreichen „eines ersten wichtigen Meilensteins zur Erhaltung des Aquaria als modernes Erlebnisbad für die Menschen in und um Coburg“.

Kaum ein Thema

Wie eine Übergangslösung für den Schwimmunterricht der Schulen sowie die Übungsstunden der Vereine aussieht, war – anders als beim Theater – in der öffentlichen Diskussion im Stadtrat bislang jedoch kaum ein Thema. Das ändert sich, seit der Badbetreiber, das städtische Unternehmen SÜC Bus und Aquaria GmbH, den Zeitplan für die Sanierung bekannt gegeben hat (Neue Presse vom Samstag).

Norbert Tessmer, Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion, verweist darauf, dass die Baumaßnahme kein Geheimnis, sondern seit Jahren angekündigt sei. Tessmer erinnert an die Sanierung des Rödentaler Hallenbads, als dortige Nutzer auf die Coburger Einrichtung ausgewichen seien. Das müsste heute umgekehrt genauso möglich sein, um insbesondere den Schwimmunterricht der Schulen nicht ausfallen zu lassen. Darüber müsse man reden – auch über die Möglichkeit, Personal aus dem Coburger Hallenbad, das dort während der Sanierung nicht benötigt wird, in Rödental einzusetzen.

Bürgermeister Marco Steiner wäre, wie er sagt, für eine solche Lösung offen. Es sei aber utopisch, zu glauben, dass alle Klassen aus der Vestestadt im Rödentaler Hallenbad unterkommen könnten. Es sei, bis auf kleine Zeitfenster, ausgebucht. Daran ändere zusätzliches Personal aus dem Coburger Aquaria nichts.

Lehrschwimmbecken

Ob das neue Lehrschwimmbecken in Ahorn von Schulen aus der Vestestadt genutzt werden kann, wird gegenwärtig geprüft. Das Sportamt stehe in intensiven Verhandlungen mit der Gemeindeverwaltung und dem Betreiber, der Bad Rodacher Bäder GmbH, heißt es aus dem Rathaus. Ahorns Bürgermeister Martin Finzel betonte, dass es in dem Lehrschwimmbecken noch freie Kapazitäten gibt. Es komme allerdings darauf an, wann die Schulen ihren Schwimmunterricht dort halten wollen – und das ist in der Regel vormittags. „Da muss man sich abstimmen“, so Finzel. Grundsätzlich versuche man in Ahorn alles, „um Coburg bestmöglich zu unterstützen“.

Hans-Herbert Hartan, Vorsitzender der CSU/JC-Stadtratsfraktion, betont, dass die Sanierung seit langem bekannt sei, aber erst jetzt der Aufregungsfaktor steigt, wo der Beginn der Maßnahme in Sichtweite liegt. „Dieser Mechanismus ist erstaunlich“, so Hartan. Grundsätzlich sei es fatal, wenn Schwimmunterricht für Kinder ausfallen müsste. Aber genauso richtig sei es, dass ein Schwimmbad geschlossen werden müsse, wenn es von Grund auf erneuert werden muss. „Das geht nicht im laufenden Betrieb.“

Im Berliner Stadtteil Wedding hat man eine Übergangslösung gefunden. Für rund 2,2 Millionen Euro ist dort eine Traglufthalle über zwei 50-Meter-Schwimmbecken errichtet worden. „Wir sind bereit, die Versorgung der Berlinerinnen und Berliner mit Schwimmbädern nicht nur zu sichern, sondern auch sukzessive auszubauen“, sagte der damals zuständige Senator Andreas Geisel bei der Eröffnung des Interims im Dezember 2019. Die Traglufthalle steht für das Schwimmen der Schulen und Vereine zur Verfügung. Hergestellt ist sie nach Angaben der Berliner Bäder-Betriebe (BBB) aus einer vierlagigen Folienkonstruktion und wird von einem Seilnetz in Form gehalten. Die Traglufthalle ist auf eine Nutzung von drei Jahren ausgelegt.

„Geld in die Hand nehmen“

Hans-Herbert Hartan räumt ein, dass er von einer Alternative zur Hallenbadsanierung in Coburg bislang nichts gehört habe. Auch wisse er nicht, ob eine Traglufthalle „technisch funktioniert und was sie kostet“. Unbestritten sei aber, dass der Schwimmunterricht an den Schulen nicht noch einmal für zwei Jahre ausfallen dürfe, wie dies in der Corona-Pandemie der Fall war. „Wenn es um den Schwimmunterricht geht, muss man Geld in die Hand nehmen, er ist existenziell wichtig“, so der CSU/JC-Fraktionsvorsitzende.

Das unterstreicht Michael Dorant, stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Stadtratsfraktion und Mitglied des SÜC-Aufsichtsrats: „Es ist unumstritten, dass der Schwimmunterricht beibehalten werden muss.“ Wie das in Coburg gewährleistet werden kann? Dorant: „Wir sind im Aufsichtsrat dabei, Möglichkeiten zu finden, stehen aber erst am Anfang. Uns wurde aber zugesagt, dass der Schwimmunterricht für Schulkinder auf alle Fälle funktionieren wird.“

Jürgen Heeb, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft Pro Coburg und stellvertretender Vorsitzender des Stadtverbands der Sportvereine, „kann den Kummer wegen der bevorstehenden Hallenbadschließung verstehen. Wir haben nicht nur einmal auf diese Problemlage hingewiesen“. Heeb habe den Sportreferenten der Stadt – das ist Oberbürgermeister Dominik Sauerteig – angeschrieben, um sich kurzfristig mit ihm über mögliche Ersatzlösungen auszutauschen. Ob es da schon etwas Konkretes gibt? „Zu einem Interim für das Hallenbad gibt es bisher nichts“, antwortet Jürgen Heeb. Und was ist mit einer Traglufthalle nach Berliner Vorbild? „Als Alternative wäre sie überlegenswert.“ Schließlich sei auch mit Blick auf die Generalsanierung des Landestheaters im Stadtrat über ein Zelt nachgedacht worden.

Alternativen

Eine weitere Möglichkeit wäre, Schwimmunterricht in komprimierter Form, beispielsweise als Wochenprojekt, zu organisieren. Wie das funktionieren kann, hat die Grundschule Neuses mit einem „Schwimmcamp“ in Sonneberg vorgemacht. Das wäre auch im „Aqua Riese“ in Bad Staffelstein und im Thermalbad in Bad Rodach möglich, sagen Lutz Lange und Stine Michel, die die drei Bäder betreiben.

Christian Müller, Vorsitzender der CSB-Stadtratsfraktion, hofft, „dass die Bemühungen der Stadtverwaltung zu einem guten Ergebnis führen“. Die CSB, so Müller, nähmen die Sorgen von Lehrern und Vereinsverantwortlichen ernst.

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