Coburger Convent Hitlergruß und Polizeiwillkür beim Fackelzug?

Die jährliche Veranstaltung des Coburger Convent (CC) ist vorbei, die Nachwehen jedoch nicht. Ein Coburger Stadtrat will verfassungswidriges Zeichen gesehen haben – und musste Zwangsmaßnahmen der Polizei erdulden.

 
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Matthias Schmidt (Pro Coburg) am Pfingstmontag im Gespräch mit der Polizei. Foto: privat/Tuncer Yilmaz

Sie hatten sich an diesem lauen Abend auf den Weg gemacht in die Innenstadt, der Stadtrat Matthias Schmidt (Pro Coburg) und die Stadträtin Melanie Becker (Grüne). Nach den Antifa-Veröffentlichungen interner Schreiben des Coburger Convents wollten sie an diesem Pfingstmontag nicht nur klare Kante zeigen gegen den CC, sondern auch hören, was die Veranstalter so zu sagen haben: „Die Enthüllungen haben mich bewegt, mir das anzusehen und darauf zu reagieren“, erklärt der 45-jährige Stadtrat rückblickend. Und Schmidt, er will an dem Abend einen Hitlergruß gesehen haben: Ein in den Dreierreihen des Fackelzugs marschierender Chargierter soll demnach im Rücken der Polizisten den rechten Arm zu den Demonstranten erhoben haben.

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Es ist nicht das erste Mal, dass der Convent mit einem derartigen Vorwurf konfrontiert wird. Später am Abend will Schmidt bei der traditionellen Feierstunde auf dem Markt ohne erkennbaren Grund von der Polizei vom Platz geführt worden sein, wie der Stadtrat ferner kritisiert. Nach der Teilnahme an einer Kundgebung von Jusos und Grüner Jugend um 21 Uhr auf dem Albertsplatz, so berichtet es der 45-Jährige, hätten die beiden Stadträte den anschließenden Fackelzug beobachtet: „Ich war auf der Goethestraße neben der Antifa-Kundgebung auf Höhe der Ahorner Straße. Gegen 22.30 Uhr hat der eine Chargierte den Hitlergruß zu den Demonstranten gemacht und dann umgewandelt zum Kühnengruß.“

In der Bundesrepublik ist die Verwendung des Hitlergrußes bekanntlich gesetzeswidrig und eine Straftat. Der sogenannte Kühnengruß gilt indes als Abwandlung, bei dem Ringfinger und kleiner Finger angelegt und die drei verbleibenden Finger ausgestreckt werden. Die den Fackelzug absichernden Polizisten hätten, so Schmidt, mit dem Gesicht zu den Gegendemonstranten gestanden und seien seinem Hinweis nicht gefolgt. „Der Polizist hat gesagt, da seien andere Kollegen, die das beobachten sollen.“ Folgt man der Darstellung des Stadtrats, hätten weitere Demonstranten, insbesondere aber die Chargierten hinter dem mutmaßlichen Täter den Gruß sehen müssen.

Laut Polizeipräsidium Oberfranken sind die genannten Vorwürfe bekannt und wurden inzwischen zur externen und damit neutralen Prüfung an das Bayerische Landeskriminalamt übergeben; „Auch die Strafanzeige bezüglich des Hitlergrußes ist hier eingegangen und bei der Kriminalpolizei Coburg in Bearbeitung. Nähere Informationen können wir im Hinblick auf die laufenden Verfahren derzeit nicht mitteilen“, heißt es dazu aus Bayreuth auf Anfrage der Neuen Presse. Martin Vaupel, Pressesprecher des CC, teilt derweil mit, dass der Verband das Zeigen verfassungswidriger Kennzeichen grundsätzlich ablehne: „Wäre uns so etwas zu Ohren gekommen, hätten wir sofort reagiert.“ Zurück zu den beiden Stadträten und an den gegenständlichen Abend. Schmidt zufolge wollten Becker und er daraufhin nämlich die Kundgebung auf dem Markt zur Feierstunde beobachten. Allerdings: „Von Polizeibeamten wurden wir am Betreten des Marktplatzes gehindert mit der Begründung, dass wir ‚Demonstrationsmittel’ mitführen.“

Die Grünen-Stadträtin, die zuvor auf besagter Gegenkundgebung gesprochen hatte, führte ein Schild mit sich, auf dem unter anderem „Grüne gegen den CC-Ansturm!“ zu lesen war. Schmidt selbst trug eine Kappe mit einem „FCK AFD“-Button, war ansonsten aber normal gekleidet. „Nachdem wir uns in einer längeren Diskussion als Stadträte zu erkennen gegeben hatten, die von einer angemeldeten Kundgebung kommen, wurde uns der Zutritt zum Marktplatz gewährt - unter der Auflage das Schild unten zu halten und die Veranstaltung nicht zu stören.“ Das sei um 23.26 Uhr gewesen, von der Veranstaltung belegen dies. „Gegen 23.30 Uhr stürmten dann plötzlich vier Beamte auf uns zu und erteilten uns einen Platzverweis. Auf Nachfrage konnten Sie keinen Grund nennen. Es entwickelte sich eine Diskussion, in deren Verlauf ein Beamter sich noch einmal rückversicherte und uns dann mitteilte, sie hätten den Auftrag uns des Platzes zu verweisen. Eine Störung war von uns zu keinem Zeitpunkt ausgegangen“, schildert Schmidt die Geschehnisse. Tatsächlich kann er belegen, dass er, kurz bevor er von den Polizisten angesprochen wurde, noch telefoniert hat.

Und Melanie Becker? Die ist noch Tage später geradezu entsetzt ob der Vorkommnisse: „Der ganze Vorfall war wirklich absurd!“ Sie hätten sich auf dem Weg von der Ketschengasse zur Buchhandlung Riemann nicht einmal wirklich unterhalten. „Es gab keinen Grund für den Platzverweis“, meint sie. Andere Menschen hätten die Veranstaltung durch laute Zwischenrufe oder Trillerpfeifen gestört, von denen sei jedoch niemand des Platzes verwiesen worden. Matthias Schmidt hingegen wurde nach zwei Androhungen schließlich von Polizeibeamten vom Markt begleitet. „Ich hatte da mehr Glück, da in dem Moment keine Polizistin vor Ort war“, sagt Becker. Sie und Schmidt haben hinsichtlich des Vorgehens der Beamten Beschwerde bei der Polizeiinspektion Coburg eingelegt. Der Stadtrat kann unterdessen nur spekulieren, warum gerade sie des Platzes verwiesen wurden. Dass womöglich der CC etwas damit zu hatte, das weist Martin Vaupel entschieden zurück: „Wir nehmen keinen Einfluss auf die Arbeit der Polizei.“ Schmidt jedenfalls erwartet nun eine umfassende Aufklärung.