Coburger Landschaftspflegeverband Unterwegs im Auftrag der Artenvielfalt

Die Pflanzaktion im November fand bei Nebel statt. Grundstückseigentümerin Simone Wohnig ist dennoch zufrieden – und freut sich auf die Ernte, die Bäume und Hecke eines Tages abwerfen. Foto: /Simone Wohnig

Der Coburger Landschaftspflegeverband fördert den Anbau von Streuobstbäumen und Hecken auch auf Privatgrund. Die Nachfrage ist zuletzt deutlich gestiegen.

 
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Rödental/Heldritt - Gut 300 Obstbäume und mehrere Kilometer Hecke: Die Bilanz des aktuellen Pflanzjahres des Landschaftspflegeverbandes (LPV) Coburger Land e.V. ist gut und LPV-Geschäftsführer Frank Reißenweber blickt zufrieden auf die zurückliegenden Wochen. Im Rahmen eines Förderprogrammes hatte der Verband Privatgrundstücke in der Region auch in diesem Jahr mit Obstbäumen und Hecken bepflanzt und war dabei auf durchweg positives Feedback gestoßen. Überhaupt verzeichne der LPV seit dem erfolgreichen Volksbegehren zur Artenvielfalt eine gesteigerte Nachfrage nach derartigen Aktionen. Frank Reißenweber freut das: „Die Hecken bieten großen Lebensraum für bis zu 1000 Tierarten, die dann in der Feldlandschaft nebenan auf dem Acker Schädlinge bekämpfen können. Das ist wichtig, insbesondere auch für gefährdete Arten.“

Früher noch sei die Hecke ein vielfältig genutztes Landschaftselement gewesen, dass seit den 1970er Jahren aber immer weiter in Vergessenheit geraten sei. Vor allem die Landfrauen hätten bis dato die Hecken zur Reisiggewinnung genutzt. „Die Hecken wurden einmal komplett auf den Stock gesetzt, sonst wären sie ja durchgewachsen. Die meisten Hecken sind so entstanden“, erläutert der LPV-Geschäftsführer. Aus dem Schnittgut wurden Bündel gebunden, mit denen dann das Backhaus angeheizt wurde – um darin Brot oder Stollen zu backen. Heutzutage werde aber auch die Windschutzfunktion einer gut gewachsenen Hecke geschätzt. „Sie reduziert die Windgeschwindigkeit und zwar bis zum drei- oder gar vierfachen ihrer Höhe“, weiß Frank Reißenweber. Auch der Bodenabtrag bei Starkregenereignissen werde durch eine Hecke reduziert. „Vor allem bei einer Hanglage ist dieser Effekt stark“, so der LPV-Chef.

Auch die Streuobstbestände seien von Alters her schon in einer doppelten Funktion genutzt worden. „Das sogenannte Agroforstsystem – eine uralte Sache“, wie Frank Reißenweber verdeutlicht und erläutert: „Oben wächst das Obst und unten ist noch genug Licht für Grasbewuchs.“ So könne die Fläche neben der Obstgewinnung beispielsweise auch als Weidefläche genutzt werden. Gefördert werden vom LPV durchweg alte Obstsorten. „Diese sind sehr gesund und man kann fast alles damit machen: Saft pressen oder Schnaps brennen. Und die späteren Sorten, die lassen sich oft den ganzen Winter lang lagern. In einem Felsenkeller, da hält sich beispielsweise Boskop teilweise bis Pfingsten“, erklärt der Biologe. Nicht gefördert würden hingegen sogenannte Hochleistungssorten, die von Pestiziden abhängig seien.

Insbesondere die zuletzt deutlich gesteigerte Nachfrage nach Hochstammobstbäumen freut Frank Reißenweber. Normalerweise seien ungefähr 100 bis 150 Bäume pro Jahr vom LPV in der Region gepflanzt worden. „Im letzten Jahre waren es 300. Und auch das Interesse für die Pflanzung 2022 ist sehr hoch“, berichtet er. Luft nach oben sei immer, vor allem weil der sogenannte Streuobstpakt sich ehrgeizige Ziele gesteckt habe. Dieser war erst im Herbst des aktuellen Jahres verkündet worden. „Bis 2035 sollen pro Jahr 100 000 Obstbäume in Bayern gepflanzt werden. Dafür stehen 640 Millionen Euro zur Verfügung“, erläutert Frank Reißenweber und fügt hinzu: „Das ist eine große Hausnummer. Alle Baumschulen können jährlich maximal 25 000 Bäume liefern. Das ist also eine langfristige Sache, es müssen Kapazitäten aufgebaut werden.“

Eine der Grundstückseigentümer, die in diesem Jahr Flächen in das Förderprogramm eingebracht haben, ist die Heldritterin Simone Wohnig. „Mein Papa hat mir dieses Jahr ein Grundstück zwischen Schönstädt und Fornbach überschrieben und mir war die ökologische Bewirtschaftung sehr wichtig. Und dass etwas für die Biodiversität dort getan wird“, sagt sie. Deshalb entschied sie sich, über den LPV eine dreireihige, 145 Meter lange Hecke sowie 20 Obstbäume auf dem Hanggrundstück anzupflanzen. Umgesetzt wurde das Projekt Anfangt November, in Zusammenarbeit mit dem Maschinenring und 19 Landwirtschaftsschülern aus dem Berufsgrundschuljahr. Auch zwei Praktikanten des Landesbund für Vogelschutz (LBV) waren mit vor Ort. Frank Reißenweber nutzte den Tag und arbeitete die Aktion mit den Schülern umweltpädagogisch auf.

Beweidet wird die Fläche von Rindern, die ein Landwirt ganz in der Nähe hält. „Es kommen im Rahmen der extensiven Beweidung nur so viele Tiere auf das Grundstück, wie es der Fläche gut tut“, meint Simone Wohnig. Sie hat die Pflanzaktion genossen und freut sich auf die Ernte, die die Jungpflanzen eines Tages liefern. Bereits vor gut zehn Jahren hatte sie auf einem Grundstück in Heldritt über den LPV eine Hecke anpflanzen lassen. Heute zieht sie die Früchte daraus. „Es gibt nichts Leckereres als Schlehensaft“, schwärmt sie. „Es ist einfach wunderbar, aus der Hecke zu ernten. Da gibt es Haselnuss, Hagebutten oder Weißdorn.“ Ihrer Meinung nach müssten da auch wieder viel mehr Menschen hinkommen – zu diesen Gedanken, zu diesem Gefühl, meint die Heldritterin.

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