Coburger Nachtwächter Eine 60 Jahre währende Romanze

  Foto: NP/Michael von Aichberger

Als Teenager lernten sie sich beim Tanzen kennen. Am 27. Juli feiern Hergild und Roland Schäfer, der gerne als Nachtwächter Gäste durch Coburg führt, diamantene Hochzeit. Ihr Rezept für eine lange Ehe? Reden und im richtigen Moment auch einmal schweigen.

 
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Es war Liebe auf den ersten Blick – und die traf Hergild und ihrem Mann Roland Schäfer bei der Tanzstunde. Damals war Hergild gerade 13 Jahre alt „und sehr groß“, wie sie sagt. Regelmäßig besuchte sie den Ballettunterricht, als sie eines Tages von ihrer Ballettlehrerin gefragt wurde, ob sie nicht in der Tanzstunde aushelfen könnte. „Dort gab es nämlich mehr Männer als Frauen“, blickt die 78-Jährige zurück. Auch Roland Schäfer – damals 18 Jahre alt – besucht die Tanzstunde. „Wir mussten den Partner nach jedem Tanz wechseln. Aber irgendwann wollten wir nicht mehr wechseln“, schmunzelt Hergild Schäfer. Als Hergild volljährig wurde, heirateten die beiden. „Im ganz kleinen Kreis, mit nur elf Gästen zum Mittagessen. Das ging damals gar nicht anders, das waren andere Zeiten.“ Es sollte der Auftakt zu einer lebenslangen Romanze sein: Am 27. Juli feiert das Paar diamantene Hochzeit, mit drei Kindern, acht Enkeln und drei Urenkeln.

Allzu gerne denkt das Ehepaar an diese erste Zeit zusammen zurück. Im Rückblick allerdings erscheint es Hergild Schäfer wie ein Wimpernschlag. „Wo sind diese 60 Jahre nur hin?“, fragt sie. Schon mit 19 Jahren bekam sie ihre erste Tochter, im Abstand von jeweils viereinhalb Jahren folgten eine zweite Tochter und ein Sohn. Die Familie baute ein Häuschen in der Coburger Sandstraße, das für die nächsten 45 Jahre ihr Zuhause bildete. Mit den drei Kindern und der Betreuung von vier Pflegefällen in der Familie ist Hergild Schäfer seinerzeit voll ausgelastet; Möglichkeiten zur Kinderbetreuung gibt es nicht. „Kinder durften damals erst ab drei Jahren in den Kindergarten gehen und man musste auch Glück haben, um einen Platz zu finden“, blickt sie zurück. Erst später, als die Kinder aus dem Gröbsten raus sind, arbeitet sie wieder als Buchhalterin. Ihr Mann Roland arbeitete viel, betreute als Inspektor im Hoch- und Tiefbau bei der Deutschen Bahn zahlreiche Gleis- und Brückenarbeiten. „Er ging früh aus dem Haus und kam spätabends wieder“, so die Ehefrau, „das war alles nicht so einfach. Aber jetzt haben wir hier ruhigere Zeiten.“

Auch in seiner Freizeit ist Roland Schäfer viel in der Vestestadt unterwegs und als Coburger Original vielen Einheimischen und Gästen bekannt. Denn schon seit 1989 arbeitet er als Gästeführer, seit 2014 ist er zudem als Coburger Nachtwächter aktiv. „Immer noch“, wie er betont. Ihm ist es ein Anliegen, sein Wissen um die Historie seiner Heimatstadt weiterzugeben. „In den Schulen wird heutzutage ja auch nicht mehr viel über die Sagen und Legenden des Coburger Landes gelehrt. Oder aber darüber, wie ein Schlossfräulein gelebt hat“, bedauert er und versucht, diese Lücken mit seiner Tätigkeit als Gästeführer zu füllen.

Fragt man das Paar nach dem Geheimnis einer langen, glücklichen Ehe, so meint Hergild Schäfer: „Reden und einen Kompromiss finden. Das ist das Beste.“ Und ihr Ehemann fügt schmunzelnd hinzu: „Einfach mal drei Tage nichts sagen und dann wird schon wieder gut.“ Natürlich habe es in den sechs Jahrzehnten Eheleben einige Gewitterwolken gegeben. „Ohne geht es auch gar nicht“, betont Hergild Schäfer, „aber meist haben wir uns nur wegen der Kinder auseinandergesetzt. Aber es hat ja jeder einen Mund und man kann miteinander reden. Man muss sich in solchen Momenten auch immer wieder darauf besinnen, was man gemeinsam geschaffen hat. Das will man doch nicht alles hinwerfen.“ Erst vor sechseinhalb Jahren sind die Schäfers noch einmal umgezogen, drei Häuser weiter, weg von der Hanglage und dem damit verbundenen Beschwerlichkeiten. „Es war ein ganz altes Haus, das wir gemeinsam mit der Familie renoviert haben“, freut sich das Paar, das auch diese Umstellung gut weggesteckt hat. Auch auf Reisen gehen die beiden gerne, waren heuer schon in Ägypten zum Badeurlaub und in Kroatien. Jetzt, zur diamantenen Hochzeit, geht es am kommenden Wochenende gemeinsam mit der Familie nach Bad Alexandersbad im Fichtelgebirge. „Mit den Kindern, Schwiegerkindern, Enkeln, Schwiegerenkeln und Urenkeln sind wir 23 Personen. Also gut doppelt so viel wie bei unserer Hochzeit“, stellt Roland Schäfer fest. Und die Zukunft? „In unserem Alter macht man nicht mehr viel Pläne“, meint Hergild und setzt hinzu: „Aber ich hoffe, wir bekommen noch ein paar Urenkel. Und wir wollen natürlich noch ein paar Mal in Urlaub fahren.“

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