Coburger Naturgeschichte Langes Leben für den Bohnapfel

Baumpfleger Frank Schellhorn schneidet hoch oben in den alten Obstbäumen die Äste ab, die von den Misteln befallen sind. Foto: Steffen Ittig/Steffen Ittig

Um ein Stück Coburger Naturgeschichte zu erhalten, schneidet ein Fachmann im Auftrag des Landschaftspflegeverbandes derzeit uralte Apfelbäume bei Elsa zurück.

 
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Eigentlich sind mit dem Monat April die Baumpflegemaßnahmen des Landschaftspflegeverbandes (LPV) Coburg abgeschlossen. Nun aber verpasst der Apfelfachmann Frank Schellhorn im Auftrag des Verbandes einer Obstbaumreihe am Ortsrand von Elsa einen moderaten Erhaltungsschnitt. „Das ist eine Ausnahme, das wir das im Mai machen, aber aus fachlicher Sicht nötig, weil wir jetzt sehen können, welche Äste leben und gesund sind und welche nicht“, wie Frank Reißenweber, der Geschäftsführer des LPV, erläutert.

Bei den Bäumen handelt es sich um gut 25 Apfelbäume der Sorte Rheinischer Bohnapfel. „Sie sind uralt und ziemlich in die Jahre gekommen, weil die letzten Trockenjahre ihnen zugesetzt haben“, erläutert er und setzt hinzu: „Und es sind mächtige Bäume, fast doppelt so hoch wie ein normaler Hochstamm.“ Der Grund für den Schnitt? „Wir wollen diese Bäume aus ökologischen Gründen unbedingt noch einige Jahre erhalten.“ Der Schlüssel dazu stellt die Beseitigung der Misteln dar, die die Bäume massenhaft befallen haben. Diese werden daher derzeit großzügig entfernt, um die Altersphase der Bäume hinauszuzögern.

„Die Mistel ist ein Halbschmarotzer und zieht Wasser, das sie dem Baum wegnimmt, ebenso die im Wasser enthaltenen Mineralsalze“, erläutert Frank Reißenweber. Erst in den letzten Jahrzehnten seien die Misteln zu einem Problem im Coburger Land geworden, weshalb er sich besonders freut, dass diese nun mit Fördermitteln aus dem Streuobstpakt des Freistaates Bayern gepflegt und erhalten werden können. „Die Pflanzung von Obstbäumen ist schon seit den 1990er Jahren förderfähig, deren Pflege aber erst seit dem Streuobstpakt“, weiß er. Die erste Pflegemaßnahme, die so gefördert wurde, hat der LPV im letzten Jahr bei Oettingshausen durchgeführt. „So konnten wir den Mistelbefall dort deutlich eingrenzen“, resümiert der LPV-Geschäftsführer.

Denn befallen werden von den Misteln vor allem Altbestände. „Je älter der Baum ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Befall kommt. Früher, als die Streuobstwiesen nicht richtig bewirtschaftet wurden, war das kein Problem, weil die Bäume dort regelmäßig von den Misteln befreit wurden“, so Frank Reißenweber. In den letzten 40 bis 50 Jahren habe die Bewirtschaftung jedoch stark nachgelassen; die mangelnde Pflege führte im Zusammenspiel mit dem Klimawandel zu einer Ausbreitung des Mistelbefalls auch im Coburger Land.

Die Baumreihe, die aktuell von Frank Schellhorn fachmännisch geschnitten wird, sei in Teilen sicher 100 Jahre alt, wie der LPV-Geschäftsführer betont. Er geht davon aus, dass die ältesten Bäume noch vor 1918 gepflanzt wurden, noch zu Herzogszeiten. „Damals gab es die herzogliche Vorgabe, an den Feldwegen Obstbäume zu pflanzen, um die Bevölkerung mit Obst zu versorgen“, berichtet er mit Blick auf das Stück Coburger Naturgeschichte und fügt an: „Damals wurden auch die entsprechenden Vereine zum Obst- und Gartenbau gegründet, das war von oben forciert worden.“ Dabei sei der Rheinische Bohnapfel eine Sorte, die ganz typisch ist für das Coburger Land. „Es ist ein sehr robuster und stabiler Streuobstbaum“, versichert Frank Reißenweber. Noch heute tragen die Elsaer Bäume Obst, das sich gut sammeln und beispielsweise zu Saft oder Most pressen lasse. Aber auch ökologisch seien die Bäume „hoch wertvoll“, wie er sagt: „Dem Steinkauz und den Fledermäusen ist die Sorte letztlich egal, entscheidend ist für sie das Alter der Bäume. Denn das entscheidet darüber, ob der Baum Höhlen hat und andere Bereiche, wo man sich gut verstecken kann. Hinzu kommt, dass ein Baum je eher angenommen wird, desto höher er ist. Das ist bei dieser Reihe ideal.“

Auch wenn Frank Reißenweber hofft, durch den Erhaltungsschnitt die Baumreihe noch möglichst lange zu erhalten, steht im Herbst eine Neupflanzung zur Ergänzung des Altbestandes an. „Das ist aus kulturhistorischen Gründen einfach sinnvoll“, meint er. Deshalb sollen in gut einem halben Jahr weitere 27 Rheinische Bohnäpfel in Elsa gepflanzt werden. Auch diese werden über den bayerischen Streuobstpakt gefördert. „Wir haben eine deutliche Zunahme an Fördermaßnehmen zu verzeichnen und werden von Juli 2023 bis März 2024 knapp 1000 Bäume im gesamten Landkreis Coburg pflanzen, so wie die Planung derzeit ist“, freut sich der LPV-Geschäftsführer. Gefördert werden kann die Pflanzung beziehungsweise Pflege von Obstbäumen allerdings nur in der Offenlandschaft, nicht jedoch im Hausgarten. Sind die Voraussetzungen erfüllt, bestehe „jederzeit die Möglichkeit, Maßnahmen für die Zukunft zu beantragen“, wie Frank Reißenweber bekräftigt. Luft nach oben sei in jedem Fall – auch, weil einfach viele Leute immer noch nicht wüssten, dass es entsprechende Fördermaßnahmen für die Streuobstbestände gibt.

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