Coburger Rückert-Preis 2022 Armenische Impressionen

Straßen Foto: /privat

Für seinen Roman „Jesu’ Katze“ erhält der junge Autor Grig Shashikyan den 8. Coburger Rückert-Preis. Rund um die Verleihung im Mai lädt die Stadt zu armenischen Kulturtagen ein.

 
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Coburg - Armenien ist ein kleines Land mit einer großen Geschichte – dem hierzulande wenig Interesse beigemessen wird. Der diesjährige Coburger Rückert-Preis soll das ein wenig ändern und ein Schlaglicht auf die einstige Sowjet-Republik und ihre Literaturszene werfen. Verliehen wird er an Grigor „Grig“ Shashikyan, der die Jury mit seinem Roman „Jesus’ Katze“ überzeugt hat. Überreicht wird die Auszeichnung am 16. Mai, dem 234. Geburtstag des Dichters Friedrich Rückert im Riesensaal von Schloss Ehrenburg. Rund um diesen Tag lädt die Stadt zu Armenischen Kulturtagen vom 12. bis 20. Mai ein, deren Programm in Kürze erscheinen wird. Auch das Datum der Bekanntgabe des Preisträgers wurde mit Bedacht gewählt: Am 31. Januar 1866 starb der Coburger Ehrenbürger in Neuses.

Grig Shashikyan, geboren 1991, ist derzeit Doktorand für Gegenwartsliteratur an der Universität seiner Geburtsstadt Jerewan. In „Jesus‘ Katze“ erzählt er Straßengeschichten der armenischen Hauptstadt. „Tief verwurzelt in den Straßen seiner Heimatstadt porträtiert der Autor in fantasievoller Weise Schicksale verschiedenster Menschen. Dabei lässt er Kriegs- und Gewalterfahrungen nicht außen vor. Wie ein Puzzle fügen sich die Geschichten zu einem Stadtpanorama zusammen“, schreibt die Jury in ihrer Begründung.

Der 2008 von Oskar Ohler, dem „Vater“ der Coburger Literaturtage, angeregte Rückert-Preis würdigt mit jeder Ausgabe die Literatur einer Sprachregion, die von Friedrich Rückert sprachwissenschaftlich untersucht wurde. Darunter fällt auch Armenisch, erläutert die Juryvorsitzende Claudia Ott. In einem Berliner Archiv sichtete sie im Nachlass Rückerts bislang unbeachtete Unterlagen, aus denen sich ablesen lässt, wie der Orientalist Armenisch gelernt hat. „Diese Erkenntnisse eröffnen ganz neue Perspektiven für die Rückert-Forschung“, so die Arabistin.

Die heutige armenische Literatur ist nach Worten der Armenologin Armenuhi Drost-Abgarjan vor allem geprägt vom Genozid an den Armeniern im 20. Jahrhundert und von der Zeit, in der das Land Teil der Sowjet-Union war. Aufgrund dieser bewegten Geschichte lebten rund zwei Drittel der Armenier außerhalb des Landes, entsprechend groß sei der Schatz der Diaspora-Literatur, die allerdings für den Rückert-Preise nicht infrage komme: Laut seiner Statuten werden nur Werke ausgezeichnet, die in der Originalsprache veröffentlicht und ins Deutsche übersetzt worden sind.

„Jesu’ Katze“ von Grig Shashikyan wurde von Anahit Avagyan und Wiebke Zollmann dem deutschen Literaturmarkt zugänglich gemacht, die für ihre Übersetzung ebenfalls ausgezeichnet werden. Einen Eindruck des Werks können Literaturfans am Tag nach der Preisverleihung erhalten: bei der Preisträgerlesung am 17. Mai im Kunstverein.

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