In Onlineforen Wann beginnt Beleidigung?

Martin Rebhan
„In den sozialen Medien sind die Grenzen zur Beleidigung höher angesiedelt“, sagt Richter Klaus Volk. Foto: dpa/Arne Dedert (NP-Archiv)

Ein 64-Jähriger attackiert auf Facebook einen Coburger Anwalt. Die Sache landet vor Gericht.

 
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Mit der Frage, ob die Charakterisierung einer Person als „geldgeil, ohne Skrupel, selbstverliebt und pfui Teufel“ den Tatbestand der Beleidigung erfüllt oder in den Bereich der freien Meinungsäußerung fällt, hat sich am Dienstag das Amtsgericht Coburg unter Vorsitz von Richter Klaus Volk beschäftigt. Angeklagt war ein 64-jähriger Fischereimeister aus dem Landkreis. Dieser hatte am 22. Juni vergangenen Jahres in der geschlossenen Facebookgruppe „Coburger Stadtgespräche“ einen Rechtsanwalt aus der Vestestadt mit besagten Worten beschrieben, nachdem ein anderer Nutzer der Seite nach Erfahrungen mit dem Juristen gefragt hatte.

Der erstattete daraufhin prompt Anzeige und das Amtsgericht erließ einen Strafbefehl in Höhe von 1200 Euro, gegen den der Angeklagte Rechtsmittel einlegte. Zu seiner Einschätzung kam der 64-Jährige aufgrund des Umstandes, dass der Anwalt nach Worten des Angeklagten, als Zwangsverwalter seiner Fischzucht dafür verantwortlich gewesen sei, dass die vorhandenen Fische aufgrund mangelnder Pflege und Fütterung „elendig verreckt“ seien. Der Fischereimeister machte in der Verhandlung keinen Hehl daraus, dass er für die Veröffentlichung auf der sozialen Plattform verantwortlich ist.

Den Vorschlag von Richter Volk, das Verfahren einzustellen, lehnte Staatsanwältin Sattler kategorisch ab. In ihrem Plädoyer vertrat sie die Ansicht, dass durch die Äußerung des Angeklagten eine Person herabgewürdigt werden sollte. Sie sah in den Worten des 64-Jährigen einen Angriff auf die Ehre des Anwalts, die nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt sei. „Die Zumutungsgrenze wurde hier überschritten“, meinte die Staatsanwältin. Sie beantragte eine Strafe von 40 Tagessätzen zu je 15 Euro also insgesamt 600 Euro sowie Auflage der Kosten des Verfahrens.

Wenig überraschend kam der Verteidiger, Rechtsanwalt Wolfram Salzer, zu einem gänzlich anderen Ergebnis. Er sprach von sehr derben Äußerungen seines Mandanten, die aber auf keinen Fall die Schwelle zur Strafbarkeit überschritten hätten. Er plädierte daher auf Freispruch. Der Fischereimeister nahm die Möglichkeit „des letzten Wortes“ zum Anlass, seine Beweggründe zu erklären. Seinen Beruf habe er mit großer Leidenschaft ausgeübt. Daher habe es ihn auf ganz besondere Art geschmerzt, dass etwa 350 bis 400 Fische gestorben seien, oder um es noch mal mit seinen Worten zu sagen: „elendig verreckt“. Er selbst habe nicht einschreiten dürfen, da er mit einem Betretungsverbot belegt gewesen sei. Die Schuld für das Fischsterben sieht der 64-Jährige ausschließlich bei dem Anwalt. Aus dieser Emotion heraus kam es offensichtlich zu der verbalen Entgleisung.

Dass die Rechtslage hier nicht eindeutig ist, verdeutlichte Richter Volk, indem er darauf verwies, dass es in solchen Fällen immer einer Einzelbewertung bedarf. „In den sozialen Medien sind die Grenzen zur Beleidigung höher angesiedelt“, betonte Volk. Das Urteil soll am 24. August um 12.45 Uhr verkündet werden.

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