Comedian Harmonists Gefeiert und verfemt

Aus dem Ensemble des Theaterstücks „Veronika, der Lenz ist da – Die Comedian Harmonists“, das 1997 an der Komödie am Kurfürstendamm Premiere hatte, sind die Berlin Comedian Harmonists hervorgegangen. Foto: O. Betke

Vor 91 Jahren gaben die Comedian Harmonists ein umjubeltes Gastspiel im braun regierten Coburg. Die Berlin Comedian Harmonists erinnern im Kongresshaus an diese denkwürdige Epoche und an die Geschichte des Vokalensembles.

 
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Die Coburger jubelten und die Lokalpresse war – größtenteils – sehr angetan: Das Gastspiel der Comedian Harmonists am 17. Oktober 1931 im Hofbräusaal geriet zum Triumph. Und zum politischen Statement: Mit Bedacht hatte die eigentlich auf Klassik fokussierte Gesellschaft der Musikfreunde die den Nazis verhasste Berliner „Boygroup“ ins braun regierte Coburg eingeladen. „Das ist als ein bewusstes Zeichen zur Wahrung der Offenheit und Vielfalt der Kultur zu verstehen“, erklärt Rupert Appeltshauser, 1. Vorsitzender der Initiative Stadtmuseum Coburg.

91 Jahre später lädt sein Verein gemeinsam mit den Musikfreunden zu einem „Déjà-vu“ ein: Die Berlin Comedian Harmonists präsentieren am Montag, 12. Dezember, im Kongresshaus die unvergessenen Schlager-Klassiker des Vokalensembles vom „kleinen grünen Kaktus“ über „Veronika, der Lenz ist da“ bis zur „Bar zum Krokodil“. Sie erzählen in ihrer Show die Geschichte der Comedian Harmonists und zeichnen dadurch ein bewegendes Bild der 1920er- und 30er-Jahre.

Nur sieben Jahre währte die Karriere der Comedian Harmonists: 1928 gegründet weckte das A-cappella-Sextett rasch die Aufmerksamkeit renommierter Veranstalter. Seinen großen Erfolg verdankte es auch der rasanten Entwicklung der Medien. Am 18. Dezember 1929 waren die fidelen Sänger erstmals im Radio zu hören. Daneben wurde auch die Schallplatte zu einem wichtigen Garanten ihres Erfolges: 69 Aufnahmen wurden veröffentlicht.

Auf wenig Gegenliebe trafen die international erfolgreichen Vokalisten allerdings in den sogenannten nationalen Kreisen, nicht allein wegen ihres Musikstils, sondern auch aufgrund ihrer Biografien. Dort galten sie mit ihren schmissigen Songs nach Vorbild der US-amerikanischen Gruppe The Revelers als typische Vertreter einer seichten und kommerziell orientierten Unterhaltungsmusik. Ein weiterer Grund, ihnen mit Herablassung und Ablehnung zu begegnen, war der jüdische Familienhintergrund von dreien ihrer Mitglieder.

Mithin hatte die Entscheidung der Coburger Musikfreunde, neben ihrem klassischen Programm auch den Schlager-Stars eine Bühne zu geben, eine politische Dimension. Dr. Rudolf Däbritz, der damalige Leiter des Gymnasium Casimirianum und Vorsitzende der Gesellschaft der Musikfreunde, war als erklärter Humanist schon des Öfteren mit den Nationalsozialisten in Konflikt geraten, die sich seit 1929 auf eine Mehrheit im Stadtrat stützen konnten und den Oberbürgermeister stellten.

Dennoch fand der Auftritt der Comedian Harmonists in der „Hofbrauhaus-Bierhalle“ in der Mohrenstraße, im Volksmund als „Bierfestung“ bekannt, weitestgehend positive Resonanz in der Lokalpresse. „Nein, ein ‚Ereignis‘ ist es nicht. Diese kessen Jungens sind eine Sensation“, jubelte der Berichterstatter des „Coburger Tageblatts“ am 19. Oktober, auch die eher konservativ orientierte „Coburger Zeitung“ ließ es an euphorischem Lob nicht fehlen: „Wohl selten hat eine Künstlerschar eine so starke Anziehungskraft auf das Coburger Publikum ausgeübt wie diese ‚sechs‘ ...“

Die nationalsozialistisch kontrollierte „Coburger National-Zeitung“ wetterte allerdings, wie zu erwarten, gegen „jüdische Kulturzersetzung“, die kein anderes Ziel verfolge, als „schnodderigen Kitsch, gänzlich verbildeten Geschmack, dem Publikum einzuimpfen nach echt jüdischem Muster“. Das war genau die Art der Diffamierung, die nach 1933 dazu führte, dass die Comedian Harmonists gemeinsam nur noch im Ausland auftreten konnten und 1935 durch Berufsverbote für die drei jüdischen Mitglieder zur Auflösung gezwungen waren.

12. Dezember, 19.30 Uhr, Kongresshaus. Eintritt 30 Euro, für Mitglieder der Musikfreunde 25 Euro. Schüler und Studierende haben freien Eintritt. Vorverkauf in der Buchhandlung Riemann.

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