Corona in Coburg Ärzte warnen vor falscher Sicherheit

„Impfen, impfen, impfen“ – diesen Appell richten Coburger Chefärzte und Politiker an Menschen, die sich noch nicht gegen das Corona-Virus haben schützen lassen und Kritik an den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie üben. Foto: dpa/Stefan Sauer

Auch wenn die Zahl der Corona-Infektionen leicht zurückgeht: Die Gefahr ist noch lange nicht gebannt. Coburger Mediziner appellieren an Skeptiker, sich impfen zu lassen.

 
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Coburg - Im Raum Coburg geht die Zahl der Menschen, die sich mit dem Corona-Virus infiziert haben, leicht zurück. Und bis Mittwoch, 14 Uhr, gab es nur einen Coburger, bei dem die neue Omikron-Variante nachgewiesen wurde. Es wäre jedoch fatal, sich deshalb in falscher Sicherheit zu wiegen. Das betonten Roswitha Gradl, Leiterin des Gesundheitsamts Coburg, Georg Breuer, Ärztlicher Direktor des Klinikums, Claus Steppert, Leiter des Regiomed-Lungenzentrums, Klaus Post, Pandemiebeauftragter des Klinikums, Christoph Sommer, Mitglied des Regiomed-Ethikrats, Robert Koburg, Ärztlicher Direktor des Klinikums Hildburghausen, und Landrat Sebastian Straubel in einer Video-Pressekonferenz am Mittwoch. Sie appellierten an Impfzweifler und -gegner in der Region, sich so schnell wie möglich gegen das Virus immunisieren zu lassen.

In Erwartung des Tsunami

Im Impfzentrum Coburg könne man schnell einen Termin erhalten, versicherte Straubel. Und auch in den Regiomed-Kliniken in Coburg, Lichtenfels, Hildburghausen und Sonneberg gebe es genügend Impfangebote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, betonte Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke.

Chefarzt Klaus Post verglich die gegenwärtige Situation, in der sich die hoch ansteckende Omikron-Corona-Variante ausbreitet, mit einem Blick aufs Meer, bei dem man nicht wisse, was auf einen zukommt. Deshalb richte er den Appell an die Öffentlichkeit, „alle Menschen mitzunehmen, sich gegen Corona zu wappnen“.

Chefarzt Claus Steppert griff dieses Bild auf. Wer das Buch „Der Schwarm“ von Frank Schätzing gelesen habe wisse, dass einem Tsunami eine Senke vorausgehe, wie man sie gegenwärtig bei der Entwicklung der Inzidenzzahlen erlebe. Bei Omikron müsse man damit rechnen, dass die hohe Welle auch Coburg noch erreichen werde. Während die Zeit zwischen der Ansteckung und der Erkrankung bei der Delta-Variante bei zehn bis 14 Tagen liege, betrage sie bei Delta zwei bis drei Tage, hatte Klaus Post am Montag erläutert. Das sei, so der Pandemiebeauftragte gegenüber unserer Zeitung, „verdammt schnell“.

„Booster“ verstärkt Schutz

Man wisse zwar erst seit etwa einem Monat von Omikron, könne aber davon ausgehen, dass insbesondere die dritte Impfung, der „Booster“, den Schutz vor einem schweren Verlauf der von Corona-Viren ausgelösten Erkrankung Covid-19 verstärkt, sagte Steppert. Er betonte mit Blick auf die gegenwärtige Delta- und zu erwartende Omikron-Welle, „das Problem sind die Ungeimpften“. Seine Erwartung sei, dass sich das gegenwärtig heftig diskutierte Thema der Impfpflicht bis März nächsten Jahres von alleine geregelt habe: „So ansteckend, wie Omikron ist, werden alle, die ungeimpft sind, bis dahin erkrankt sein.“ Der „Tsunami Omikron“ werde Coburg spätestens Mitte Januar erreicht haben. Es sei zudem falsch zu glauben, Omikron verlaufe harmloser als Delta. Das widerlegten aktuelle Daten aus Großbritannien und Dänemark. Nur das Impfen schütze vor einer schweren Erkrankung.

Der Ethikrat des fränkisch-thüringischen Regiomed-Klinikverbunds hat intensiv über die Frage der Corona-Impfung diskutiert, erläuterte Chefarzt Christoph Sommer. Das Gremium hat eine einstimmig verabschiedete Stellungnahme veröffentlicht, die sich an alle Beschäftigten von Regiomed sowie die Bürgerinnen und Bürger in der Region richtet. Darin werde „eindringlich“ darum gebeten, die Entscheidung gegen eine Impfung zu überdenken. Das gelte nicht nur im Sinne des Eigenschutzes, sondern auch im Hinblick auf die Verantwortung für die Gesellschaft, die jeder habe, weil er andere mit Corona anstecken kann. Der Appell des Ethikrates, dem alle bei Regiomed beschäftigten Berufsgruppen und Theologen angehören, lautet: sich impfen lassen und die Regeln zum Schutz vor Corona einhalten, wie die Maskenpflicht, das Abstandsgebot und das Meiden von Menschenansammlungen. Sommer: „Wir wissen, dass die Impfung die Schwere einer Erkrankung maximal reduziert.“

Gespanntes Abwarten

Chefarzt Georg Breuer betonte unter Hinweis auf die aktuellen Inzidenzzahlen im Raum Coburg sowie die Belegung des Klinikums, „es ist nicht so, dass wir jetzt von Entspannung sprechen“. Die Situation präge „gespanntes Abwarten“. Man durchlaufe gerade die vierte Corona-Welle, und die fünfte stehe bevor, wenn die aktuellen Prognosen zu Omikron zutreffen. Deshalb hoffe man im Coburger Krankenhaus sehr, „dass sich noch viele Menschen impfen lassen“.

Roswitha Gradl sagte, um die Ausbreitung der Omikron-Variante zu verzögern, gelten strenge Quarantänemaßnahmen für Infizierte, die über das bisher Bekannte hinausgehen. So müssten Erkrankte 14 Tage in die Isolation gehen, Kontaktpersonen zwei Wochen in Quarantäne bleiben. Das Gesundheitsamt werde diesen Maßgaben „streng folgen“, um Omikron „so lange wie möglich nach hinten zu schieben“. Es wäre, auch mit Blick auf eine mögliche Überlastung der Krankenhäuser, fatal, würden die aktuelle Delta-Welle und die neue Omikron-Welle aufeinander treffen. Gradl unterstrich deshalb den Impfappell. Das Risiko von Nebenwirkungen sei wesentlich geringer als die Folgen einer schweren Covid-19-Erkrankung. Das betonte auch Landrat Straubel: „Wir dürfen die Gefahr nicht unterschätzen. Impfen schützt.“

Hab-acht-Stellung

Am Mittwoch wurden nach Angaben von Hauptgeschäftsführer Alexander Schmidtke im Regiomed-Klinikverbund insgesamt 133 Covid-19-Patienten behandelt, 15 davon auf den Intensivstationen; 13 mussten beatmet werden. Von den 15 schwer Erkrankten sind zwölf ungeimpft. Auch wenn die Patientenzahl derzeit etwas rückläufig sei, bleibe man in den Kliniken in „Hab-acht-Stellung“, so Schmidtke

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