Corona Coburg: Keine Zeit zum Durchschnaufen

Dr. Roswitha Gradl, Leiterin des Gesundheitsamtes Coburg, und Landrat Sebastian Straubel appellieren an die Bürgerinnen und Bürger, sich an die Corona-Regeln zu halten. Das Virus sei noch lange nicht besiegt, sagten sie am Freitag, als sie die Ein-Jahres-Bilanz der Pandemie zogen. Foto: dpa/Helmut Fohringer

Im Februar 2020 sind die Verantwortlichen des Landkreises Coburg erstmals mit dem Corona-Virus konfrontiert worden. Jetzt ziehen sie eine Jahresbilanz. Ihre wichtigste Botschaft: wachsam bleiben.

 
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Coburg - Landrat Sebastian Straubel erinnert sich noch ganz genau: Im Februar des vergangenen Jahres haben Mitarbeiter des Landratsamts, des Gesundheitsamtes sowie Mediziner erste Koordinierungsgespräche über eine mögliche Corona-Pandemie im Raum Coburg geführt. Am 11. März 2020 wurde dem Gesundheitsamt der erste mit dem Virus Infizierte gemeldet. Und dann ging es Schlag auf Schlag. Die Zahl der Erkrankten nahm zu, „es waren sehr turbulente Zeiten“, sagte Straubel in einer Video-Pressekonferenz am Freitag. Heute, ein Jahr später, sei weiterhin „keine Zeit zum Durchschnaufen“, Corona bleibe für die Behörden, wie natürlich für die gesamte Gesellschaft, eine große Herausforderung. Der Landrat spricht von einer Krise, „wie wir sie noch nie erlebt haben“.

Das unterstrich Dr. Roswitha Gradl, Leiterin des Gesundheitsamts Coburg. Sei der erste Corona-Ausbruch im Landkreis ein „Wellchen“ gewesen, sei die Entwicklung ab Mitte Oktober eher mit einem Tsunami vergleichbar. Damals sei die Zahl der Corona-Infizierten von einem Tag auf den anderen um einen Wert angestiegen, „wie wir ihn zuvor in drei Wochen hatten“. Und dies wiederum habe die Zahl der Erkrankten auch in Altenheimen hochschnellen lassen, „dass man sich gewundert hat, wie rasch es zu so vielen Infektionen kommen konnte“.

Mittlerweile habe sich die Lage etwas entspannt, so Landrat Sebastian Straubel. Habe der Inzidenzwert – die Zahl der Menschen pro 100 000 Einwohner, die sich in den vergangenen sieben Tagen mit Corona angesteckt haben – im Kreis Coburg zeitweise über 300 gelegen, bewege er sich aktuell bei 71. Dies wertete Straubel als Zeichen dafür, dass die Einschränkungen in der Pandemie Wirkung zeigten. Der Landrat lobte am Freitag die Bürgerinnen und Bürger, die mit den strengen Maßnahmen im Lockdown leben. Er zeigte sich „dankbar und stolz, dass die Menschen in der Region Durchhaltevermögen an den Tag legen“. Gemeinsam könne man es schaffen, den Inzidenzwert und damit die Zahl der Corona-Erkrankungen weiter nach unten zu drücken.

Allerdings dürfe man trotz „vorsichtiger Perspektiven“ nicht sagen, „jetzt wird alles wie früher, da kommt ein Bumerang-Effekt“. Dies gelte insbesondere mit Blick auf Mutationen des Corona-Virus. Straubel: „Deshalb müssen wir sorgsam und wachsam bleiben.“ Wichtig sei, gut mit dem Impfen voranzukommen und weiterhin die Beschränkungen sowie die Corona-Regeln zu beachten.

Wie schwierig es mittlerweile ist, den Weg von Corona-Infektionen zurückzuverfolgen, erläuterte Roswitha Gradl. „Wir können oft nicht mehr ermitteln, wer der erste Infizierte war und andere angesteckt hat“. Bei Befragungen könnten sich Erkrankte oft nicht vorstellen, wo sie sich angesteckt haben, „in der Kirche, beim Friseur, beim Bäcker oder im Verein“. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden alles abfragen, aber oft keine Antwort bekommen. Deshalb sei es ihr dringender Wunsch an Infizierte, bei einem Anruf des Gesundheitsamtes „wirklich in sich zu gehen und zu überlegen, wo sie welche Kontakte hatten und ehrlich darüber Auskunft zu geben und zu versuchen, sich genau zu erinnern“. Auch sollte man keine Angaben verweigern, weil man andere aus welchen Gründen auch immer schützen wolle. Das führe nur dazu, dass sich das Corona-Virus weiter ausbreiten könne.

Gradl widersprach Gerüchten, dass im Gesundheitsamt noch mit Telefaxgeräten und Karteikarten gearbeitet werde. Habe man bei der Erfassung der Daten zunächst auf die Software Excel gesetzt, sei man schnell auf das speziell für Gesundheitsämter entwickelte Programm Aeskulap umgestiegen, das in Coburg schon vor der Pandemie im Einsatz gewesen sei. Es sei zwischenzeitlich „Corona-fit“ gemacht worden und werde ständig der aktuellen Entwicklung angepasst. Mit einer Software des Robert-Koch-Instituts (RKI) würden die Daten täglich, auch samstags, sonntags und an Feiertagen, an diese zentrale Stelle übermittelt, „und zwar von Anfang an“, wie Roswitha Gradl betonte. Auch die positiven Befunde, die dem Gesundheitsamt von Laboren gemeldet werden, kämen in Coburg auf elektronischem Wege an und würden digital weiterverarbeitet.

Der Landrat betonte, dass das Corona-Virus heimtückisch sei und es dazu täglich neue Informationen gebe. Deshalb mahne er zu Vor- und Umsicht. Roswitha Gradl ergänzte, die Pandemie halte seit einem Jahr an, „und manchmal sind die Menschen vielleicht etwas nachlässig geworden, denken nicht an den richtigen Sitz der Mund-Nase-Maske, halten den Abstand nicht ein, stehen beim Rauchen zusammen“. Doch das Virus „ist noch da und verbreitet sich weiter, auch wenn viel geregelt wird“. Ein Ende der Pandemie sei nicht absehbar, da das Virus sich verändere und niemand abschätzen könne, wie sich die Krankheit weiter entwickelt. Aus Pandemien in der Vergangenheit, beispielsweise die „Spanische Grippe“ vor 100 Jahren, wisse man, dass sie in mehreren Wellen kommen. Gradl: „Da wird niemand eine Voraussage wagen, wenn es diesmal zu Ende ist. Das wird die Zeit zeigen.“

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