Corona-Pandemie FDP fordert Aufklärung zu Inzidenzwerten

Jürgen Umlauft
Viele Corona-Maßnahmen basieren auf Inzidenzwerten. Foto: dpa/Federico Gambarini

Haben das Landesamt für Gesundheit und die Staatsregierung bewusst mit missverständlichen Zahlen argumentiert? Die Freidemokraten sprechen von „fatalem“ Vorgehen.

 
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München - In der Debatte um die Zuverlässigkeit der Inzidenzen bei Geimpften und Ungeimpften hat FDP-Fraktionschef Martin Hagen eine „rückhaltlose Aufklärung“ und personelle Konsequenzen gefordert. „Persönlichkeiten in führenden Ämtern, die die Bürger mit verzerrten Zahlen täuschen, sind nicht mehr tragbar“, erklärte Hagen vor der Presse in München. Es müsse geklärt werden, wer dafür die Verantwortung trage.

Zu suchen sei diese zum einen beim Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), das die Daten zusammenstellt und veröffentlicht, aber auch in der Staatsregierung. „Es muss geklärt werden, ob Ministerpräsident Markus Söder und Gesundheitsminister Klaus Holetschek bewusst mit verzerrten Zahlen gespielt und darauf ihre Politik aufgebaut haben“, ergänzte der FDP-Abgeordnete Matthias Fischbach.

Nach offiziellen Zahlen des LGL liegt die Sieben-Tages-Inzidenz bei Ungeimpften in Bayern aktuell bei 1616 und damit um den Faktor 16 höher als bei Geimpften (Inzidenz 103). Die Diskrepanz ist damit deutlich stärker ausgeprägt als in anderen Bundesländern oder bei den vom Robert-Koch-Institut veröffentlichten bundesweiten Zahlen. Grund dafür ist offenbar, dass das LGL auch alle Positiv-Tests von Personen in die Ungeimpft-Statistik einfügt, deren Impfstatus nicht bekannt ist.

LGL-Chef Walter Jonas rechtfertigte sich am Wochenende mit dem Hinweis, dass bei Nachprüfungen die „weit überwiegende Anzahl“ der vormals unklaren Fälle ungeimpft gewesen sei. Auf der LGL-Homepage heißt es auch einschränkend, dass die Umgeimpften-Inzidenz wegen der hohen Zahl an Probanden mit zunächst unklarem Impfstatus – zuletzt lag deren Anteil bei rund 70 Prozent – einer „Interpretation“ bedürfe, also nur ein Orientierungswert sein könne.

Nach Ansicht Hagens müssen nun auch die aktuellen Corona-Regeln überdacht werden. Die Maßnahmen beruhten „ganz wesentlich auf LGL-Zahlen, die falsch sind“, sagte er. In der momentanen Lage sei es besonders fatal, dass die Staatsregierung mit „manipulierten Zahlen“ ihre Glaubwürdigkeit verspiele. Zudem müsse klar kommuniziert werden, dass das Infektionsrisiko für Geimpfte offenbar deutlich höher sei, als die LGL-Zahlen ausweisen würden. Geimpfte müssten deshalb insgesamt vorsichtiger sein und sich mehr testen, betonte Hagen. Die These, dass ein ungetesteter Geimpfter ungefährlicher sei als ein getesteter Ungeimpfter, müsse noch einmal neu überprüft werden.

Hagen stellte aber auch klar, dass die verzerrte Statistik kein Argument gegen das Impfen sei. Dieses helfe eindeutig gegen schwere Verläufe und senke das Risiko deutlich, an Corona zu sterben. So würden nachgewiesenermaßen rund sechs Mal mehr Ungeimpfte in Krankenhäuser eingewiesen als Geimpfte. Und auch wenn das Infektionsrisiko für Ungeimpfte tatsächlich nur 3,4 Mal höher wäre, spräche auch das für die Impfung. Denn wären alle geimpft, läge die bayernweite Inzidenz im Umkehrschluss um das 3,4-fache niedriger als die aktuelle von 520, was eine spürbare Entlastung der Krankenhäuser bedeuten würde. Unabhängig davon plädierte Hagen aber dafür, die Debatte um eine allgemeine Impfpflicht im Lichte der aktuellen Erkenntnisse neu zu führen.

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