Corona „Spaziergänger“ treffen auf Widerstand

Wolfgang Braunschmidt

In Coburg und Bad Rodach gehen Gegner der Impfpflicht und der Einschränkungen in der Corona-Pandemie montags auf die Straße. Doch zunehmend regt sich Protest.

Montag für Montag demonstrieren „Spaziergänger“ gegen die Impfpflicht und Einschränkungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Doch der Widerstand wächst. Foto: Frank Wunderatsch/fwu

Coburg - Sie lehnen die Impfpflicht gegen das Corona-Virus ab und auch die allermeisten Gebote, die zur Bekämpfung der Pandemie erlassen worden sind. Sie tragen ihren Protest seit Wochen Montag für Montag auf die Straße, in Coburg genauso wie in Neustadt und Bad Rodach, und sie nennen sich „Spaziergänger“. Das gesellschaftliche Spektrum der Teilnehmer ist breit gefächert: von der bürgerlichen Mitte über die Esoteriker- und Querdenkerszene bis hin zu rechtsextremistischen Kreisen. Die Politik ist zumeist auch vertreten: ÖDP, AfD, Die Basis.

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Die Beteiligung an den Umzügen – in Coburg bis zu 800 Menschen – vermittelt das Bild, es handele sich um die Mehrheit der Gesellschaft, die sich gegen die Corona-Maßnahmen wendet. Doch es formiert sich Widerstand, nicht nur in der kleinen linken politischen Ecke, wie am Montagabend beim „Spaziergang“ in Coburg (Neue Presse vom Dienstag). Das Bündnis „Wir sind bunt: Coburg Stadt und Land“ hat eine Erklärung verabschiedet, die in der ganzen Region Widerhall gefunden hat und am Dreikönigstag mit dem Entzünden von Kerzen für die Opfer der Corona-Pandemie in die breite Öffentlichkeit getragen worden ist.

Widerspruch gibt es auch in Bad Rodach. Werner Zoufal war Ideengeber für eine ökumenische Andacht am vergangenen Freitag in der Johanniskirche. Sie war den Menschen gewidmet, die an und mit Corona gestorben sind. In der Kur-stadt waren es 31 Tote, derer gedacht wurde, wie Werner Zoufal berichtet, der auch Bürgermeister Tobias Ehrlicher von seiner Idee überzeugt hat. „Wir waren rund 60 Leute.“ Das entspricht in etwa der Zahl der „Spaziergänger“, die sich montags in Bad Rodach treffen. Viele von ihnen kommen – anders als die Teilnehmer der Andacht – nicht aus der Stadt, sondern aus dem Umland. „Es sind viele Thüringer dabei“, weiß nicht nur Werner Zoufal.

Er sagt, „wir dürfen einer Minderheit nicht die Meinungshoheit überlassen, wir wollen einen Gegenpol setzen zu den ,Spaziergängern’“. Dafür steht eine Zahl. Bis zum 21. Februar 2022 haben nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) rund 75 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung eine vollständige Impfung gegen das Coronavirus erhalten. Dies zeige, dass die Mehrheit nicht so denke wie die „Montagsspaziergänger“. Drei Viertel der Bürgerinnen und Bürger,so Zoufal, zeigten sich solidarisch mit anderen, indem sie sich impfen lassen und die Corona-Regeln befolgen, während deren Gegner vorbeigingen, wie es im Gleichnis vom barmherzigen Samariter berichtet wird. Es gehört zu den zentralen Texten im Neuen Testament und war Thema in der Bad Rodacher Andacht unter dem Motto „Solidarisch durch die Pandemie“. Die Erzählung im Lukas-Evangelium gilt als Appell zur Nächstenliebe.

„Wir sind der Meinung, dass es solidarisch ist, wenn man sich impfen lässt“, so Werner Zoufal, zumal jetzt das von vielen Impfgegnern geforderte Protein-Vakzin „Novavax“ ausgeliefert wird. Und: „Wir müssen zeigen, dass die ,Spaziergänger’ die Meinung nicht alleine für sich gepachtet haben“, sagt der Bad Rodacher.

Er überlegt, ob er seine Aktion fortsetzt. Das hänge davon ab, wie sich die „Montagsspaziergänge“ weiter entwickeln. Eine Lichterkette kann er sich vorstellen. Auch deshalb, weil die Stele mit der Erklärung von „Coburg ist bunt“ vor dem Bad Rodacher Rathaus mit Naziparolen beschmiert worden ist. „Das ist unerträglich“, sagt Werner Zoufal.

In Coburg werden die „Montagsspaziergänge“ mittlerweile bei der Stadt und bei der Polizei angemeldet. „Die Bewertung fällt positiv aus“, sagt Kai Holland, Leiter des Ordnungsamts. Das bestätigt Stefan Probst, Sprecher der Polizeiinspektion Coburg. Beide erklären, man rede miteinander.

Gesprächsbereitschaft haben im Vorfeld des jüngsten Coburger „Spaziergangs“ Organisatoren der Versammlung gegenüber der NP angekündigt.