Heikler wurde es, als die Spitze der 750 „Spaziergänger“ vom Schlossplatz in die Herrngasse zog und am Stadthaus auf die Gegendemonstranten traf. Hier stand Coburg an der Schwelle zur Gewalt. Die Polizei hatte Mühe, eine Eskalation zu verhindern. Der Einsatzleiter sprach von einer „kritischen Situation“, die aber dann doch schnell habe geklärt werden können. Während die Sympathisanten des „Freundeskreises“ hinter einem Riegel aus Polizeieinsatzkräften am Eingang zum Marktplatz standen und Transparente mit Aufschriften wie „Wir halten Abstand auch von AfD und rechter Meinungsmache“ oder „Dem Rechtsruck entgegen“ hielten, machten die „Spaziergänger“ kehrt und zogen Richtung Schlossplatz, wo sich die Demonstration auflöste.
Während der „Freundeskreis“ insbesondere mit lauter Rap-Musik und einigen provokanten Rufen auf sich aufmerksam machte, blieben die „Spaziergänger“ bis auf den kurzen Konflikt in der Herrngasse ruhig. Einige trugen Kerzen mit sich. Kinder sah man, im Gegensatz zur Vorwoche, fast nicht. Die von der Stadt verordnete Maskenpflicht ignorierten allerdings nahezu alle Teilnehmer des Laufs durch die Innenstadt; auch die Abstandsregel wurde in dem Zug nicht eingehalten. Die Polizei griff nicht ein und beließ es bei Hinweisen auf die Verordnung der Stadt.
Ralf Neumüller, Leiter der Polizeiinspektion Coburg, appellierte am Abend an beide Seiten, den bisher friedlichen Charakter der „Montags-Spaziergänge“ in Coburg zu wahren. Jeder könne seine Meinung sagen und dafür in der Öffentlichkeit eintreten. Gewalt könne jedoch kein Weg sein, und man sollte auch die Meinung von Andersdenkenden anhören.
Zuvor hatten Vertreter aus Kreisen der sogenannten „Corona-Spaziergänger“ versucht, die neue Allgemeinverordnung der Stadt mit einem Eilantrag beim Verwaltungsgericht Bayreuth zu kippen (Neue Presse vom Samstag). Am Montagvormittag stand fest: Ihr Versuch ist erfolglos gewesen. Laut Martina Kehl, Richterin am Verwaltungsgericht und stellvertretende Pressesprecherin der Justizbehörde, ist die Klage bereits am späten Freitagnachmittag abgewiesen worden.
Demnach sei der Eilantrag als unzulässig eingestuft worden, da der Kläger durch die Vorschriften der Allgemeinverfügung der Stadt Coburg nicht in seinen Rechten verletzt sei, sagte sie am Montag. Louay Yassin, Pressesprecher der Stadt, ergänzte, dass der Antragsteller, der mit seinem Namen nicht in die Öffentlichkeit ging, die Kosten des Verfahrens tragen müsse.
Spenden für Rechtsbeistand
Vergangene Woche hatten Mitglieder der „Spaziergänger“, die unangemeldet im Zentrum der Vestestadt gegen Corona-Maßnahmen protestieren, in der Gruppe „Freiheitsboten Coburg“ im Nachrichtendienst Telegram zu Spenden aufgerufen, um das Verfahren und einen Rechtsbeistand zu bezahlen. Coburg hatte eine Allgemeinverfügung erlassen, um der Polizei eine sichere rechtliche Handhabe gegen Teilnehmer unangemeldeter Protestzüge zu geben. Die Verfügung schreibt unter anderem eine Maskenpflicht während der Demonstration vor und verbietet das Mitführen von Hunden und Waffen.