Stilbildend für Fernsehen und Mode
Auch im Alter war seine Handschrift einfallsreich und packend. 2017 brachte er 18 neue Folgen der Mystery-Kultserie „Twin Peaks“ auf den Bildschirm. Sie waren noch brutaler, unheimlicher und verwirrender als die 30 Original-Folgen Anfang der 1990er Jahre, die stilbildend für Fernsehen und Mode eines ganzen Jahrzehnts werden sollten.
Mit einem Mix aus Horrorfilm, Coming-of-Age-Drama und Soap rund um den Mord an der jungen Schönheitskönigin Laura Palmer und die Nachforschungen des jungen FBI-Agenten Dale Cooper gelang es Lynch, ein Millionenpublikum an den TV-Bildschirm zu bannen. Die Jazzmusik von Angelo Badalamenti unterstrich die hypnotische Stimmung, in der alles möglich schien. Hauptdarsteller Kyle MacLachlan war als Dale Cooper in der letzten Staffel sogar von einem Dämon besessen.
Mit „Eine wahre Geschichte - The Straight Story“ (1999) schuf Lynch seinen vielleicht gradlinigsten Film - ein alter Mann fährt auf einem Rasenmäher-Traktor wochenlang durch den Mittleren Westen, um seinen Bruder zu besuchen. Lynch selbst kam in einer Kleinstadt im US-Staat Montana zur Welt und wuchs auf dem Land auf.
Er bereute nur einen Film
Eigenen Angaben zufolge mochte er alle seine Filme, nur einen bereute er: „Ich bin mehr oder weniger stolz auf alles, bis auf „Dune““, sagte er 2020 im YouTube-Gespräch. Schon im Jahr zuvor hatte er sich beim Manchester International Festival zu der Science-Fiction-Saga über einen Wüstenplaneten aus dem Jahr 1984 kritisch äußert: „“Dune“ ist eine riesige, gigantische Traurigkeit in meinem Leben.“ Er habe nicht die volle kreative Kontrolle über den Film gehabt.
Lynch ist mehr für seine düsteren Filmfiguren bekannt als für seine langjährigen Friedensbemühungen. Er meditierte seit den 1970er Jahren nach der Lehre des Maharishi Mahesh Yogi, dem einst auch die Beatles folgten. Der Filmemacher gründete eine Stiftung für „Bewusstseins-basierende Lehre und Weltfrieden“ und setzte auf transzendentale Meditation als Friedensstifter. Zweimal täglich meditiere er, schrieb der Regisseur auf der Stiftungsseite. Das verschaffe ihm Zugang zu „unbegrenzter Energie, Kreativität und innerem Glück“.
Zwei Söhne, zwei Töchter, vier Ehen
Aus vier Ehen hatte Lynch zwei Söhne und zwei Töchter. Tochter Jennifer Lynch aus erster Ehe hat wie ihr Vater eine Vorliebe für Psychopathen-Horror. Als Regisseurin drehte sie Thriller wie „Boxing Helena“ und „Unter Kontrolle“. Der jüngste Nachwuchs aus seiner Ehe mit der Schauspielerin Emily Stofle, Tochter Lula Boginia, wurde 2012 geboren. Mehrere Jahre war der Filmemacher auch mit der Schauspielerin Isabella Rossellini zusammen.
Als Regisseur und Drehbuchautor war Lynch vier Mal für einen Oscar nominiert, doch im Wettbewerb ging er immer leer aus. Ein Trostpflaster: die Filmakademie verlieh ihm 2019 einen Ehren-Oscar. Für seine künstlerische Vision habe er „angstlos“ Grenzen überschritten, hieß es zur Begründung.
Lynch drehte in den letzten Jahren Kurzfilme und schrieb Drehbücher. Regisseur Steven Spielberg konnte ihn zudem für einen seltenen Auftritt vor der Kamera gewinnen. In dem autobiografisch geprägten Drama „Die Fabelmans“ (2022) über Spielbergs eigene Kindheit und Jugend hatte Lynch eine kleine Rolle - als Meisterregisseur John Ford.