Deutschland-Pokal Reuth fiebert Radsport-Event entgegen

Grazil und technisch perfekt: Der Damen-Elite-Einrad-6er von Solidarität Reuth mit (von links) Marie Fischer, Linda Barnickel, Tina Katholing, Vanessa Schwarz, Veronika Lurz und Annika Stumpf will als amtierender deutscher Meister die Fans auch beim Heimspiel am 3. September in der Weißenbrunner Leßbachtalhalle begeistern. Foto: Thomas Bittruf

Der RSV Solidarität richtet in der Weißenbrunner Leßbachtalhalle am 3. September einen Bundespokal-Wettbewerb aus. Der Kampf um den Einzug ins DM-Finale mit dem Einrad und die WM-Quali mit dem Kunstrad versprechen Sport-Leckerbissen.

 
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Die Vorbereitungen beim Radsportverein Solidarität Reuth laufen auf Hochtouren. Wenn der kleine Verein aus dem Ortsteil der Gemeinde Weißenbrunn bei Kronach am Samstag, 3. September, als Ausrichter Kunst- und Einradsport auf allerhöchstem Niveau präsentieren will, soll das zum bislang größten Highlight seiner bisherigen 96-jährigen Geschichte werden. „Einen Wettkampf solcher Güte hatten wir bisher noch nie in Weißenbrunn. Wir haben in diesen Tagen und Wochen Mann und Maus unterwegs, um alles nach Kräften zu organisieren und den Sportlern, Gästen und Zuschauern ein tolles Erlebnis zu ermöglichen“, verspricht Cheforganisator Thomas Bittruf.

Seit 53 Jahren im Verein

Und jener muss es schließlich wissen. Bereits seit 53 Jahren gehört der 62-jährige Elektrotechnik-Industriemeister an der Fachhochschule Coburg dem RSV Soli an, fungiert, wie er lachend am Telefon erklärt, „mit ein paar Unterbrechungen seit 25 Jahren als Sportleiter und seit 2007 als 1. Vorsitzender“. Gemeinsam mit Klaus Hannweber, Gerald Klug und Jochen Müller bildete er das letzte Männer-Team seines Klubs, das in der Saison 1979/80 bayerischer Vizemeister wurde. Seit jenes Quartett aufgehört hat, gehen für die Reuther nur noch Damen-Formationen ins Rennen. Das allerdings mit großem Erfolg. Im vergangenen Jahr sorgte die Elite-Mannschaft der Reuther mit dem Gewinn des deutschen Meistertitels im 6er-Einradfahren für den bislang größten Triumph der Vereinsgeschichte. Und ganz klar, dass die Lokalmatadorinnen beim DM-Halbfinale am 3. September mit möglichst großer Unterstützung der heimischen Fans auch diesmal die Qualifikation für das Bundesfinale – in diesem Jahr am 8. und 9. Oktober in Mainz – herausfahren wollen.

Endrunde das erklärte Ziel

„Ja, das ist ganz klar das Ziel“, bekräftigt Thomas Bittruf – ganz nebenbei auch noch als Trainer der Motor sportlicher Höhenflüge der Frankenwälder. Fünf rein weiblich besetzte Einrad-Formationen üben derzeit mehr oder weniger regelmäßig in der Hochburg dieser Randsportart im Kreis Kronach: 4er- und 6er-Schüler, 4er-Junioren, 4er-Damen-Elite und 6er-Damen-Elite. „Außerdem nimmt eine Kunstfahrerin am Training teil, auch diese Disziplin wollen wir bei uns ausbauen“, berichtet Thomas Bittruf.

Schwierige Bedingungen

An die Erfolge vergangener Jahre anzuknüpfen, sei indes schwierig. Man habe zuletzt nicht in dem Maße trainieren können, wie das eigentlich nötig wäre, um dieses absolute Topniveau zu halten. Es sei schwierig, die sechs Elite-Fahrerinnen, die schulisch und beruflich bedingt beispielsweise aus Bamberg oder München anreisen müssen, regelmäßig unter einen Hut zu bekommen. Zudem hätten zuletzt auch Corona und der russische Angriffskrieg negative Auswirkungen gehabt. „Weil in der Leßbachtalhalle Ukraine-Flüchtlinge untergebracht waren, mussten wir fast zwei Monate lang in die Mitwitzer Schulturnhalle ausweichen. Da immer die Fahrräder hin- und herzutransportieren oder die Fahrflächen aufwändig auf- und wieder abzukleben, war nicht immer einfach. Aber es war natürlich alles besser als gar nicht trainieren zu können.“ Auch jetzt, wenige Wochen vor dem Event, seien die Bedingungen noch nicht optimal. „Aktuell haben drei Fahrerinnen Corona gehabt, und das nacheinander. Und ein Teiltraining mit Ersatzfahrern hilft auch nur bedingt, weil die Abläufe perfekt aufeinander abgestimmt sind. Eine Titelverteidigung unter diesen Bedingungen scheint nahezu unmöglich“, gibt sich der Vereinschef realistisch.

Bei sportdeutschland.tv

Auf das Erreichen des DM-Finales hofft er dennoch – und eine gute Werbung für seinen Klub und die Region will er in jedem Falle hinbekommen. Die intensive Arbeit, die rund 25 der insgesamt 110 Mitglieder – vom Ansprechen potenzieller Sponsoren bis hin zum Besorgen von Quartieren für Sportler und Gäste – momentan rund um die Uhr leisten, soll sich schließlich lohnen. Zumal durch die Übertragung von Bewegtbildern über das Internet-Portal sportdeutschland.tv eventuell eine breitere Öffentlichkeit erreicht werden kann.

Schon im vergangenen Jahr haben die Frankenwälder bewiesen, dass sie ein derartiges Großereignis zu stemmen in der Lage sind. Für die Qualifikation zur Weltmeisterschaft in der Disziplin 4er-Kunstrad-Elite hatten der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) und der Rad- und Kraftfahrerbund (RKB) Solidarität Deutschland Mühe, einen Ausrichter zu finden. Als sich deren Wettbewerbs-Kommissare bei einem Besuch vor Ort mit Übernachtung in Kronach ein Bild von den Bedingungen in Weißenbrunn gemacht hatten, seien sie hellauf begeistert gewesen. Dass dann – wohl auch wegen fehlenden eigenen Teams des Gastgebers – am 2. Oktober 2021 das Publikumsinteresse nicht sonderlich groß war, bewertet Thomas Bittruf nur als kleinen Wermutstropfen. „Wir sind nun einmal eine Randsportart und sind für jegliches Interesse dankbar.“

Gefragter Ausrichter

Die Sache mit der Ausrichtung des Deutschlandpokals in diesem Jahr war übrigens schnell geklärt. RKB-Vizepräsident Sport Jürgen Wirth aus Eckersdorf habe angefragt und auf die optimalen Bedingungen in der Leßbachtalhalle verwiesen. „Noch bevor wir endgültig antworten konnten, hatte man uns bereits, so nach dem Motto ‚Ihr macht das schon’, die Unterlagen zugeschickt“, lacht der Vorsitzende und freut sich über das entgegengebrachte Vertrauen.

Und er selbst hat solches in seine Elite-Damen-Mannschaften, trotz der widrigen Bedingungen in der Vorbereitung. Am 3. September werden seine Schützlinge im 6er-Einrad gegen 13 oder 14 andere Teams um eines der sechs Tickets zur Endrunde kämpfen und im 4er-Einrad gegen 17 bis 18 Konkurrenten um einen von zehn Finalplätzen. „Um das Minimalziel Endrunde zu erreichen, müssen wir unsere Bestleitung abrufen“, betont Bittruf. Und sein Blick richtet sich dann auch schon weiter auf jenes DM-Finale im Oktober: „Wir haben vorher noch über den Landesverband ein Wochenende für ein spezielles Power-Training an der Sportschule Oberhaching gebucht“, will der Sportleiter beste Voraussetzungen schaffen, um am Ende vielleicht doch wieder ganz oben auf dem Podest zu stehen. Wenn das nicht genügend Zusatz-Motivation für seine ambitionierten Ausnahme-Radlerinnen vor dem Heimauftritt in der Leßbachtalhalle ist?

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