Die guten, alten Zeiten Als Wildenheid noch eine Flaniermeile hatte

Peter Tischer
Der Waldfriedensee hat schon bessere Zeiten gesehen. In den 1920er-Jahren war er Mittelpunkt des gesellschaftlichen Geschehens. Johannes Seifert hat eine Chronik über die Geschichte des Sees zusammengestellt. Foto: Tischer

Anders als oftmals behauptet ist der Waldfriedensee kein Natursee, sondern ein Teich. Aber dafür einer mit prunkvoller Historie.

 
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Wildenheid - Während im Neustadter Stadtteil Wildenheid die Friedenskirche gerade einmal 66 Jahre jung ist, wartet der Waldfriedensee mit stolzen 560 Jahren auf. Er ist, anders als eben Kirchen oder andere markante Gebäude, der Dorfmittelpunkt – und weit über die Grenzen bekannt. Dieser See, der in so manchem Werbeprospekt fälschlicherweise gerne als „Natursee“ bezeichnet wird, ist aber in Wirklichkeit ein Teich. Insbesondere ab dem Ende des 19. Jahrhunderts spielte sich an diesem Wahrzeichen von Wildenheid das dörflich-festliche Geschehen ab. Dessen wechselvolle Entwicklung, von seiner Entstehung und ersten Nutzung als Schafteich über die einer Flaniermeile mit Schwimmbad, Ruderbooten und Verkaufsständen bis hin zum Lichterfest, zeigt ein Abriss, den Ortschronist Johannes Seifert zusammengestellt hat.

Ein gewisser Heinz von Kemmaten hat demnach im Jahr 1461 den heutigen Waldfriedensee als Schafteich anlegen dürfen. Der Name rührte daher, da Heinz von Kemmaten den Teich nicht nur zur Karpfenzucht, sondern hauptsächlich zum Waschen der Schafe anlegen hatte lassen, denn auf seinem Gut wurde auch Schafzucht betrieben. Später ging der „Schafteich“ in den Besitz von privaten Personen über.

Der Namenswechsel

Laut Kaufvertrag erwarb der Fabrikant Franz Süßenguth am l. Februar 1904 für 8400 Mark den „Schafteich“ von den Vorbesitzern Gotthilf Knoch und Anton Knorr – alle aus Neustadt. Durch diese Übernahme erlebte der Schafteich seine Blütezeit.

Vermutlich ab dem Jahr 1906 bekam der Schafteich den neuen Namen „Waldfriedensee“. Der Wildenheider Bürger Max Deininger (1894–1991), ein Zeitzeuge, erklärte die damaligen Überlegungen für den neuen Namen einmal folgendermaßen: „Steht man auf dem Damm (Seestraße) mit dem Blick zum See, sieht man im Hintergrund Wald und Natur. Schaut man nach links, so sieht man den Friedhof, in dem die Verstorbenen ihren Frieden finden. Der See selbst liegt ruhig im Vordergrund.“ Aus dieser Gesamtansicht setzt sich der Name „Waldfriedensee“ zusammen. Ab dem Jahr 1907 konnten die zahlreichen Besucher am See ein neu erbautes Schwimmbad mit Umkleidekabinen besuchen.

Noch im gleichen Jahr, am 25. Februar, beantragten die Gebrüder Süßenguth wegen des starken Besucherandrangs am Waldfriedensee an der Bahnlinie zwischen Neustadt und Sonneberg einen Haltepunkt bei Wildenheid. Dieser Antrag wurde aber mit Schreiben vom 23. April 1907 von der Königlichen Eisenbahndirektion in Erfurt abgelehnt. Im Jahr 1925 wurde das neu gebaute Restaurantgebäude mit Saal und Weinstube am Waldfriedensee, das ebenfalls von den Süßenguths errichtet wurde, seiner Bestimmung übergeben.

Noch heute beliebt

In diesem noch heute allseits beliebten Gasthaus Waldfriedensee wurde Wildenheider Dorfgeschichte geschrieben. 1935 wurde im Gemeinderat ein Ausschuss zur Förderung des Fremdenverkehrs gebildet und mit dem Waldfriedensee in einem Prospekt geworben. Als Neuerung konnte man am See sogar einen kleinen Tierpark besichtigen.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges brachte all diese Bemühungen zum Stillstand. Durch die Gründung der Wasserwacht Wildenheid im Jahr 1948 konnte der Badebetrieb am See wiederbelebt werden. Am Kirchweihfest 1949 fand dann im Saal die letzte Plankerwa statt.

Anfang der 50er-Jahre wurde der Waldfriedensee mit all seinen schönen Einrichtungen von der Familie Süßenguth an die Brauereifamilie Werner aus Neustadt verkauft. Als Ewald Werner verstarb, gingen die Brauerei Werner und auch der Waldfriedensee mit Restaurant und Steigenhaus an Schwiegersohn Manfred Telser über. Dezember 1983 wurde das im Jahr 1909 von den Gebrüdern Süßenguth erbaute Steigenhaus abgerissen. Im Oktober 1999 fand dann der Wachwechsel statt. Der Stab wurde an Dietrich Egger und sein Team übergeben. Er wird laut eigenen Worten noch bis August 2022 weitermachen.

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