Drifter-Szene Oberhof: Illegale Party im Schleudergang

Vorbilder? So sah es bei der britischen Drift-Championship im Oktober auf der Insel aus – auf einer abgesperrten und entsprechend gesicherten Strecke. Foto: imago images/Pro Sports Images/Craig McAllister via www.imago-images.de

Sobald sich eine Eisschicht über den Parkplatz am Grenzadler legt, stehen Autofahrer aus ganz Thüringen bereit. Zu Musik und Feuerwerk lassen sie ihre Fahrzeuge über die Fläche rutschen. Am Wochenende war es wieder soweit.

 
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Oberhof - Zu einem Treffpunkt der Auto-Drifter ist am Wochenende der Parkplatz am Grenzadler in Oberhof geworden. Wie die Polizei auf Anfrage bestätigte, haben sich hier am Samstagabend die Fahrer von 250 bis 300 Autos zu einer illegalen Party getroffen. Wie Video-Sequenzen aus dem Internet zeigen, wetteiferten offenbar einige Fahrer vor dem Publikum auf dem rutschigen Parkplatz darum, ihre Gefährte gezielt schleudern zu lassen. Begleitet wurde das mit Musik- und Lichtanlage und Party bei den Umstehenden.

Organisiert wie ein Festival

Bereits im vergangenen Jahr fanden Feiern dieser Art auf dem Areal statt, berichtet ein Augenzeuge „Die rollen mit Musikboxen an, die sind größer als ein Mensch“, erzählt er. Sobald die Schneeauflage ausreiche, würden die ersten Drift-Versuche unternommen. Nach den Testläufen am Freitagabend ginge am Samstagabend dann richtig die Post ab. „Das ist organisiert wie ein Musikfestival im Sommer, nur eben im Winter“, so der Augenzeuge.

Das bestätigt auch Bürgermeister Thomas Schulz, der sich am Samstagabend vor Ort ein Bild gemacht hat. „Da wird Glühwein in der mitgebrachten Mikrowelle heiß gemacht und auf den Autodächern Platz genommen, um noch besser sehen zu können“, schildert er. Zur Aufräum-Aktion rückten am Montag die Mitarbeiter des Bauhofs an. Flaschen, Verpackungen von Feuerwerkskörpern und selbst Reste demolierter Scheinwerfer und Co bleiben bei solchen Events stets zurück.

Anderweitig gebunden

Nach Angaben von Polizeisprecherin Julia Kohl seien bei Kontrollen Fahrzeuge aus ganz Thüringen und vier angrenzenden Bundesländern gesichtet worden. Zahlreiche Autos hätten schon bei der Anfahrt nach Oberhof gestoppt und weggeschickt werden können. Einen Großeinsatz konnte die Polizei in Oberhof jedoch nicht fahren – die Beamten waren wegen der gleichzeitigen Corona-Demos in vielen Städten anderweitig gebunden. So habe es lediglich eine Anzeige wegen eines Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz gegeben – weil illegale Böller gezündet wurden – und eine Trunkenheitsfahrt sei geahndet worden. Während die Beamten vor Ort waren, hätten auch keine Drifts stattgefunden.

Bereits am Wochenende zuvor waren bei Drift-Übungen in Oberhof Loipen für Skifahrer zerstört worden, als Autos über die präparierten Waldwege gefahren waren. Hinzu kommt neben den Sachschäden, dass derartige Partys wegen der geltenden Corona-Regeln nicht zulässig sind. Angemeldet war die Versammlung mit deutlich über 15 Leuten nicht.

Beim Driften geht es darum, das Auto in der Kurve zum Übersteuern zu bringen – dass also das Heck ausbricht – und trotzdem noch den Wagen unter Kontrolle zu haben. Weil das nicht immer gelingt, kommt es oft zu Unfällen, weil Autos in Zuschauer oder gegen andere Hindernisse rutschen. Gerade erst wurde in Gera ein Autofahrer verurteilt, der Anfang des Jahres bei solch einem Unfall ein Kind getötet hatte.

Härtere Strafen nötig

Nur deutlich härtere Strafen und Geldbußen, die die schmale Azubi-Vergütung deutlich dezimieren würden, könnten die Autofahrer davon abhalten, am nächsten Wochenende wieder am Grenzadler zu stehen, sagt der Oberhofer Bürgermeister Thomas Schulz. Die Möglichkeit, den Platz per Videotechnik zu überwachen, schließt er aus. „Das zieht nur einen ellenlangen Briefwechsel mit dem Datenschutzbeauftragten des Landes nach sich. Das haben wir aufgegeben“, sagt der Stadtchef.

Er könne zwar versuchen, mit Salz und Splitt den Parkplatz unbrauchbar zu machen, „aber dann investieren wir Hunderte Euro, die wir in der Stadt besser einsetzen könnten“, sagt er. Wenn der Grenzadler nicht befahrbar wäre, dann würden die Drift-Freunde durch die Stadt rutschen. Das sei bereits vorgekommen.

Selbst auf dem Grundstück seiner Pension hat Thomas Schulz schon junge Männer angehalten, die über den verschneiten Parkplatz gedriftet seien. „Die sehen die Dinge leichter, als sie sind“, ärgert er sich. Denn wenn sie mit 70 über die Straße schlitterten, sei bremsen schlicht unmöglich. „Wir müssen solche Veranstaltungen gleich am Anfang unterbinden. Die ersten zehn Leute, die am Grenzalter ankommen, müssten von der Polizei zu richtig harten Strafen verdonnert werden. Das spricht sich rum“, nennt er die einzige Alternative.

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