Ebern/Bamberg Schläger muss sich verantworten

Udo Güldner
Der Mann schlug seiner damaligen Freundin unter anderem mit einem Bilderrahmen mehrmals auf den Kopf, bis der Rahmen bricht. Foto: picture alliance / Maurizio Gambarini/dpa/Maurizio Gambarini

Ein Mann misshandelt seine Freundin, schlägt sie, zerrt sie an den Haaren durch die Wohnung. Irgendwann vertraut sie sich einer Freundin an, die das Opfer ins Krankenhaus bringt. Der Täter saß nun vor Gericht – und sah sich als Opfer einer Intrige.

 
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Mehrfach hat ein 23-jähriger Mann seine ehemalige Lebensgefährtin aus den Haßbergen misshandelt: Er zerrte sie an den Haaren, gab ihr Ohrfeigen, er versetzte ihr Faustschläge und Hiebe mit einem Bilderrahmen. Erst als eine Freundin der jungen Frau darauf besteht, dass sie ins Klinikum geht, kommt die ganze Geschichte ans Licht. Vor dem Amtsgericht Bamberg versuchte der Angeklagte in dieser Woche, sich selbst als Opfer einer von langer Hand geplanten Intrige darzustellen.

Doch was ist geschehen? Die Anklage geht von folgendem Sachverhalt aus: „Es ist etwas ganz Schlimmes passiert“. Die junge Frau, die wir Inga nennen wollen, ist damals völlig fertig. Die Augen verweint, die Schminke zerlaufen, weinend vor Schmerzen und Enttäuschung, sogar zitternd vor Furcht. Eigentlich sollte sie jetzt arbeiten. Aber daran ist nicht zu denken. Inga erzählt ihrer Freundin, was ihr rund zwei Stunden zuvor geschehen ist. Bei einem Kurzbesuch bei ihrem ehemaligen Lebensgefährten will sie nur einige Kleidungsstücke holen. Er aber lässt sie nicht gehen, schreit sie an und beschimpft sie. Im Wohnzimmer legt er mit Faustschlägen auf ihre Oberschenkel nach. Da sitzt sie gerade auf der Couch. Er aber durchstöbert ihr Smartphone und findet Small Talk mit einem Ex-Freund Ingas. Das bringt das Fass zum Überlaufen. Er zerrt sie ohne Rücksicht an den Haaren in den Flur. Dort nimmt er ein gerahmtes Foto aus besseren Tagen von der Wand. Damit schlägt er ihr mehrfach auf den Kopf, bis der Holzrahmen nachgibt. Damit gehen auch die Erinnerungen an eineinhalb Jahre Beziehung zu Bruch. Inga kann mit ihren Armen Schlimmeres verhindern, entkommt aus der Wohnung. Die Freundin sieht die Blessuren und beschließt, dass Inga sofort ins Krankenhaus muss. Weniger wegen der Verletzungen, die schlimm aussehen, aber nicht lebensbedrohlich sind: Schürfwunden, Prellungen, Blutergüsse, über den ganzen Körper verteilt, eine leichte Gehirnerschütterung.

Die besorgte Freundin schickt Inga ins Krankenhaus, weil eine ärztliche Untersuchung wichtig ist, die später vor Gericht entscheidend werden könnte. Wenn der Ex-Freund alle Vorwürfe kategorisch abstreitet. Und genau das tat er in dieser Woche vor Gericht auch, als der Prozess wegen der damaligen Tat endlich stattfand. Der Mann stritt jedoch nicht nur alles ab, sondern ließ an beiden Verhandlungstagen an seiner ehemaligen Lebensgefährtin kein gutes Haar. Im Gerichtssaal schaltete der junge Mann aus dem Landkreis Bamberg auf Angriff, stellte sich als Opfer einer großen Verschwörung dar. Inga habe ihn nur ausgenutzt. Er habe sich finanziell völlig verausgabt. Ihm drohe nun die Privatinsolvenz. Sie habe sich inzwischen den nächsten Mann mit Geld gesucht. Sie habe sich die ganze Sache ausgedacht, um später Schmerzensgeld einzuklagen. Die Verletzungen seien entweder beim Reiten selbst, beim Hufe-Auskratzen oder gar einem Reitunfall entstanden. „Es ist nichts passiert. Ich habe nichts gemacht“. Auch an ihrer Arbeitsstelle sei man nicht gut auf sie zu sprechen. Dort sei Geld verschwunden. Überhaupt habe Inga ihn betrogen, während er im Krankenhaus gelegen sei. „Sie hat mich behandelt wie Dreck“.

Ingas Freundin erfährt auch, dass es nicht der erste gewaltsame Übergriff war. Ein gutes halbes Jahr zuvor hat er Inga schon einmal an den Haaren durch die Wohnung geschleift. Dann gab es eine Ohrfeige und einen Tritt in die Rippen, nachdem sie auf das Schlafzimmerbett gefallen ist. Glücklicherweise bleibt die Eifersuchts-Attacke ohne größeren Schaden. Sie zeigt ihn nicht an. „Ich habe ihn noch immer geliebt“, sagt Inga nun vor Gericht als Zeugin aus. Aber sie zieht aus. „Ich hatte starke Angst vor ihm“.

Der Ex-Freund weiß genau, wo Ingas verwundbare Stelle ist: ihr Reitpferd. „Ich mache Pferdesalami aus dem Vieh“ und „Ich fackele den Stall ab. So gut ist keiner versichert“, droht er ihr an. Aber auch: „Ich werde Dir die Fresse polieren. Du kannst froh sein, wenn ich Dich nicht tot prügel und im Wald verscharre“. Ihr „Jammern und Winseln“ brächte ihr nichts. Das höre dann ohnehin keiner. Für seine Geschichte, alle Vorwürfe Ingas, die Zeugenaussage ihrer Freundin, die Chat-Protokolle und die Wunden seien „gefälscht, gefakt und vorgetäuscht“, hatte Staatsanwalt Julian Schmidt nur die Bemerkung übrig: „Wir haben es doch hier nicht mit der Mafia zu tun.“

Am Ende wurde es eine Geldstrafe, weil der junge Mann bislang noch nicht vor Gericht stand. Die Ahndung wegen vorsätzlicher und gefährlicher Körperverletzung fiel mit 150 Tagessätzen, vergleichbar mit fünf Monaten Freiheitsentzug, aber deutlich aus. Die 6000 Euro fließen in die Staatskasse. Hinzu kommen die Prozesskosten. Inga hat sich und ihr Pferd derweil irgendwo im Landkreis Coburg in Sicherheit gebracht.

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