Ebern Immer weniger Azubis

Helmut Will
Eine Auszubildende heftet ihre Erwartungen an ihre Ausbildung unter dem Blick von Eberns zweitem Bürgermeister Harald Pascher (rechts) an die Pinnwand. Foto: Helmut Will

Auch in Ebern schrumpft die Zahl der Auszubildenden von Jahr zu Jahr. Waren es 2017 noch 75, sind es heuer nur noch 46.

 
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Am 1. September beginnt für viele mit dem Berufsstart ein neuer Lebensabschnitt. Die Zahlen der Auszubildenden in und um Ebern gehen zurück. Waren es im Jahr 2017 noch 75 Azubis, sanken die Zahlen im Jahr 2019 auf 71, 2020 auf 51 und im Jahr 2022 sind es 46.

Die Probleme, Azubis zu finden, hat auch schon der Arbeitsmarktbericht der Region Main-Rhön bestätigt, der in dieser Woche herauskam (die Neue Presse berichtete). Demzufolge wandten sich seit Oktober 2021 rund 2236 Jugendliche bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle an die Berufsberatung der Agentur für Arbeit Schweinfurt. Dies war gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang um 8,2 Prozent. Im gleichen Zeitraum wurden der Arbeitsagentur 4,9 Prozent mehr Berufsausbildungsstellen gemeldet, als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die Zahl der Jugendlichen, die im August dieses Jahres noch auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle waren, lag mit 256 um etwa 3,8 Prozent niedriger als vor der Jahresfrist. Sie hatten die Wahl zwischen 1412 unbesetzten Berufsausbildungsstellen. Das waren 12,7 Prozent mehr als vor einem Jahr im August.

Die aktuelle Lage sei in einer Zeit, wo Fachkräfte überall händeringend gesucht werden, bedenklich, stellte zweiter Bürgermeister Harald Pascher (FDP) in Vertretung von Bürgermeister Jürgen Hennemann fest. Pascher hieß jedoch zunächst die Azubis, teilweise auch Vertreter der Lehrbetriebe, bei einem gemeinsamen Empfang der Stadt Ebern und der Tourismus- und Werbegemeinschaft am Donnerstagvormittag im Eberner Rathaushof willkommen. Er freute sich, da die Begrüßung, die in den letzten beiden Jahren wegen Corona ausfallen musste, nun wieder stattfinden könne.

Auf die rückläufigen Zahlen der Azubis eingehend sagte der Bürgermeister, dass eine Ausbildung Voraussetzung für einen gut bezahlten Job sei. „Gerade im handwerklichen Bereich bieten sich derzeit große Chancen, die man nutzen sollte.“ Nach der Schulausbildung beginne mit einer beruflichen Ausbildung der zweite Schritt, um seine Zukunft zu gestalten. Jeder habe es in der Hand, diese für sich aufzubauen, als Geselle, Meister oder mit einem Studium. „Geben Sie deshalb von Anfang an Gas“, sagte Pascher.

Schwächerer Jahrgang

Christina Seebach-Künzel, Vorsitzende Tourismus-Werbegemeinschaft Ebern (TWG), hatte mit dem Berufsberater der Agentur für Arbeit, Peter Stretz, gesprochen, weil verhältnismäßig wenige Azubis in den Betrieben in Ebern eine Ausbildung beginnen. Demnach sei dieser Jahrgang zahlenmäßig etwas schwächer und einige würden eine weitere schulische Ausbildung beziehungsweise ein Studium statt eine betriebliche Ausbildung anstreben. Manche wären mit ihrem Abschluss nicht zufrieden und würden deshalb die Ausbildung wiederholen. Die Frage sei hier, ob es dienlich ist, in bestimmten Berufssparten mit einem besseren Abschluss Vorteile zu haben. Mit Blick auf die Industrie sagte Seebach-Künzel, dass der Verdienst dort höher sei und deshalb viele versuchen würden, dort statt in einem handwerklichen Ausbildungsbetrieb unterzukommen. „Eltern, die ein Handwerk ausüben, zählen in diesem Fall nur selten als Vorbilder“, so die TWG-Vorsitzende.

Christina Seebach-Künzel forderte die Eberner Azubis auf, eventuell noch Freunde oder Bekannte zu animieren, sich für einen Ausbildungsplatz zu bewerben. „Wir haben in Ebern noch jede Menge Lehrstellen.“ Im Schlepptau hatte Christina Seebach-Künzel einen Azubi ihrer Augenoptikfirma, der seine Eindrücke zu Beginn seiner Ausbildung schilderte. Dieser sagte, dass er anfangs gut aufgenommen worden sei, was ihm den Einstieg erleichtert habe. Schwieriger sei es für ihn geworden, als er „quasi selbstständig auf die Kundschaft losgelassen“ worden sei, ohne dass jemand mit Erfahrung hinter ihm stand, aber auch das habe sich mittlerweile geändert. Wichtig sei es, einen Beruf zu wählen, der Spaß macht.

Pascher hatte zu Beginn der Veranstaltung aufgefordert, dass Azubis ihre Erwartungen an eine Pinnwand heften. Wie hier zu sehen war, ist es den meisten, die sich beteiligten, wichtig, dass das betriebliche Umfeld passt, gute Kollegialität vorhanden ist und sich die Ausbildung abwechslungsreich gestaltet. Berichtet wurde zudem von einem Betrieb in Ebern, der über sechs Jahre keinen Lehrling fand, heuer jedoch wieder zwei einstellen konnte.

Andrea Schrempf, die in Ebern den Rewe-Markt betreibt, sieht möglicherweise auch die Arbeitszeiten in solchen Betrieben als einen Entscheidungsgrund, eher in die Industrie zu gehen. Samira Theunert ist 15 Jahre und kommt aus Zapfendorf. Sie hat im Rewe-Markt in Ebern eine Ausbildung begonnen. „Ich habe den Beruf gewählt, weil ich gerne mit Leuten, in diesem Fall Kunden, zu tun habe und mir die Arbeit insgesamt entspricht.“ Die Arbeitszeiten, die in Märkten länger als in manch anderen Betrieben sind, sieht sie für sich nicht als Problem.

Zweiter Bürgermeister Harald Pascher wies darauf hin, dass während der Ausbildung auch Fehler unterlaufen würden, man deshalb nicht resignieren, sondern diese zusammen mit den Ausbildern hinterfragen sollte. Durchhaltevermögen sei jedoch überall gefragt. „Schmeißen Sie also nicht gleich bei der geringsten Hürde Ihre Ausbildung hin“, so Pascher.

Die TWG-Vorsitzende konnte diese Aussage aus eigener Erfahrung unterstreichen. „Ihr werdet sehen, spätestens ab Januar werden die Anfangsschwierigkeiten verschwunden sein“, sagte sie. Der Dank des Bürgermeisters galt allen Ausbildungsbetrieben, die sich um Azubis bemühen und diesen eine fundierte Ausbildung für ihren künftigen Lebensweg zukommen lassen. „Eine Ausbildung ist eine Investition für die Zukunft“, so Harald Pascher. Er merkte zudem an, dass die Azubis von Ebern von ihren Wohnorten zu ihren Ausbildungsstätten teilweise Entfernungen von 300 Metern bis 45 Kilometern haben.

Ein sicherer Arbeitsplatz

Rani Bätz ist 19 Jahre alt und hat im Seniorenzentrum St. Elisabeth in Ebern eine Ausbildung als Pflegefachkraft begonnen. „Ich habe schon ein Jahr im Seniorenzentrum gearbeitet und mich nun entschieden, eine Ausbildung zu machen.“ Darauf angesprochen, dass das kein leichter Job sei, sagte Rani Bätz: „In dem einen Jahr habe ich festgestellt, dass mir die Arbeit und der Umgang mit den Senioren recht viel Spaß machen und ich denke, ich werde meine Berufswahl nicht bereuen, es ist wohl auch ein sicherer Arbeitsplatz.“ Eines möchte sie noch anbringen, und zwar, dass das Arbeitsklima mit Ausbildern, Kolleginnen und Kollegen und auch mit der Leitung sehr gut wäre. „Man kann mit allen über alles sprechen, wird unterstützt und nicht alleine gelassen“, sagt Rani. Ihr Chef, Einrichtungsleiter Stefan Dünkel, sagt, dass das Diakonische Werk großen Wert auf die Ausbildung lege und er sich freue, dass man in beiden Einrichtungen in Ebern, im Seniorenheim St. Elisabeth und im Sozialpsychiatrischen Zentrum (SPZ), insgesamt neun Azubis habe einstellen können. Dass der Bedarf an Fachkräften in allen Bereichen steige, wird auch von der Handwerkskammer Bayern gesagt. Wer jetzt nicht ausbilde, werde in Zukunft nicht auf Fachkräfte zurückgreifen können, weshalb das Interesse an einer Ausbildung gestiegen sei.

Betriebe, die jetzt noch Auszubildende suchen können noch über verschiedene Programme der Kammer und auch der Arbeitsagentur bis in den Oktober hinein fündig werden.

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