Ebern Unmut über unangemeldeten „Abendspaziergang“

Am Mittwoch soll es auch in Ebern einen „Spaziergang gegen Spaltung“ geben. Organisatoren sind jedoch nicht bekannt, die Veranstaltung ist auch nicht angemeldet. Nun meldet sich der Bürgermeister zu Wort.

 
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Ebern - Der grünbunte Flyer tauchte Ende vergangener Woche erstmals auf, mittlerweile verbreitet er sich in den sozialen Netzwerken. Eingeladen wird auch in Ebern zum „Vorweihnachtlichen Spaziergang gegen die Spaltung“, wie darauf zu lesen ist, stattfinden soll er am Mittwochabend ab dem Eberner Bahnhof. Vorweihnachtlich soll es durch mitgebrachten Tee, Glühwein und Kerzen werden, der Text dagegen klingt wenig besinnlich: „Wir lassen uns das nicht mehr gefallen“, heißt es: „Wir sagen Nein zur Impfpflicht, weg mit den unverhältnismäßigen Corona-Maßnahmen.“

Doch anders als in Haßfurt, wo am vergangenen Samstag ebenfalls eine „Versammlung gegen Spaltung der Bürger“ organisiert worden war (die Neue Presse berichtete), ist diesmal weder ein Initiator bekannt, noch wurde die Versammlung ordnungsgemäß angemeldet. „Es gibt weder bei der Verwaltungsgemeinschaft Ebern oder dem Landratsamt Haßberge eine Veranstaltungs- oder Versammlungsanzeige“, erklärt Eberns Erster Bürgermeister Jürgen Hennemann am Montag gegenüber der Neuen Presse: „Wir kennen keinen Veranstalter, es gibt keinen Verantwortlichen.“ Das bestätigt auch Detlef Hauck, Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Ebern. Die Ankündigung des „Abendspaziergangs“ sei der PI Ebern aus den sozialen Medien bekannt.

Dort war ebenfalls von verschiedenen Nutzern wiederholt erfolglos nach einem Initiator der Veranstaltung gefragt worden.

„Bis jetzt wurde diese Versammlung nicht bei uns angemeldet“, bestätigt auch Landratsamtssprecherin Monika Göhr am Montagmittag. Es seien aber auch nicht angemeldete Versammlungen möglich. „Wer an einer nicht angezeigten Demonstration teilnimmt, ist durch das Versammlungsrecht geschützt“, so die Behördensprecherin. Aber: „Wer als Veranstalter oder Leiter zu einer nicht angezeigten Demo aufruft, begeht allerdings eine Ordnungswidrigkeit.“

Auch wenn keine Demonstration angemeldet worden sei, handle es sich doch bei den sogenannten „Spaziergängen“ faktisch um Versammlungen, da der Grund dieser Treffen einem gemeinsamen – politisch motivierten – Zweck und nicht dem zufälligen Zeitvertreib dienen solle, so Bürgermeister Jürgen Hennemann, der sich daher am Montag mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit wendet. Diese sei mit der Polizei, mit der die Stadt in ständigem Austausch stehe, abgestimmt.

„Was soll ein anonymer Aufruf?“, heißt es darin. Man könne „zu seiner Meinung stehen, sich mit anderen auseinandersetzen, miteinander diskutieren“, so Bürgermeister Jürgen Hennemann: „Wir leben in einem Rechtsstaat, in dem das erlaubt ist, aber nach den geltenden Regeln.“

In anderen Städten sei bereits zu solchen Spaziergängen aufgerufen worden, wobei es teilweise zu Gewalt gegen Polizisten und zu Straftaten gekommen sei.

So hatten beispielsweise am Sonntag vor einer Woche im Rahmen einer ebenfalls nicht angezeigten Versammlung in Schweinfurt mehrere Personen Polizisten mit Faustschlägen und Fußtritten angegriffen, außerdem war versucht worden, ein Zivilfahrzeug der Polizei in Brand zu stecken (die NP hatte berichtet).

Bei den entsprechenden Veranstaltungen seien viele Teilnehmer aus der „Querdenkerszene“ gewesen, „Reichsbürger oder rechtsextremen Kreisen“, so der Bürgermeister: „Das wollen wir nicht in Ebern, nicht auf unseren öffentlichen Flächen und Straßen.“

Das Stadtoberhaupt geht sogar noch weiter: „Ich möchte Sie bitten, an solchen Veranstaltungen nicht teilzunehmen. Gehen Sie nicht zu solchen Spaziergängen. Lassen Sie sich nicht instrumentalisieren“, heißt es in der Pressemitteilung. „Hier versucht eine Minderheit, die Maßnahmen gegen die Coronapandemie anzuprangern.“

Sicher könne man über die einzelnen Maßnahmen unterschiedlicher Meinung sein, räumt Bürgermeister Hennemann ein: „Aber Maßnahmen werden nicht erlassen, um Bürger zu schikanieren, sondern um sie zu schützen und Leben zu retten. Besonders die Beschäftigten in den Krankenhäusern wissen um die Wirksamkeit der Maßnahmen.“

Freie Meinungsäußerung sei im Grundgesetz garantiert. Diese könne auf Demonstrationen und Versammlungen geäußert werden. Dafür gebe es aber Regeln, die für alle gelten, so der Bürgermeister: „Veranstaltungen oder Versammlungen sind anzumelden. Ein Verantwortlicher zu benennen. Aufrufe, die diese Regeln umgehen wollen, sollten nicht unterstützt werden.“ Stattdessen solle man sich „Deutschlands größter Coronademo“ anschließen: der Impfkampagne. „Jeden Tag gehen Hunderttausende auf die Straße, um sich impfen zu lassen“, schließt der Bürgermeister: „Damit schützen Sie sich und andere.“

Auch die Eberner Grünen haben sich zur geplanten Veranstaltung positioniert. Natürlich sei es das Recht freier mündiger Bürger, spazieren zu gehen, heißt es in der Stellungnahme von Ortsverbandssprecherin Barbara Hahnlein. Der Aufruf „Wir lassen uns nichts mehr gefallen“ suggeriere jedoch „eine Art unnötige Kampfansage“: „Spaziergang gegen die Spaltung? In unserem Land hat jeder die gleichen Bürgerrechte und bekommt die gleiche medizinische Hilfe. Also wo kann hier von Spaltung die Rede sein?“, heißt es weiter. Die Coronamaßnahmen seien weder unverhältnismäßig in Anbetracht der Lage, noch gebe es einen erneuten Lockdown: „Die Aktion stößt deshalb bei uns auf Unverständnis und Ablehnung.“

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