Ebern Wachsende Probleme bei der Grünpflege

Sobald das Gras sprießt, ist der Ärger über den Bauhof nicht weit. Doch dort kann man auch nicht mehr tun als arbeiten – und muss mit vielen sich ändernden Bedingungen klarkommen.

 
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Gesetzliche Änderungen, steigende Anforderungen, Klimawandel und Fachkräftemangel: In Ebern muss ein tragfähiges Grünpflegekonzept her. Foto: /Tanja Kaufmann

Im Winter sind es Schnee und Eis, die vor des Bürgers Haustür nicht schnell genug weggeräumt werden, im Frühjahr ärgert hoch gewachsenes Gras am Straßenrand oder auf dem Friedhofsgelände. Der Schuldige ist gleich ausgemacht: Der Bauhof, heißt es, der könnte ruhig auch mal mehr arbeiten.

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Über Arbeit können sich die Bauhof-Mitarbeiter wahrlich nicht beschweren. Was fehlt, ist das Verständnis für und die Kenntnis über das Pensum sowie die Aufgabenbereiche der städtischen Einrichtung. Vermitteln wollte dies dem Eberner Stadtrat am Mittwochabend Bauhofleiter Christian Raehse.

Das leistet der Bauhof

Der städtische Bauhof Ebern betreut nicht nur sämtliche Grünflächen im Stadtgebiet (mehr als 22 Hektar), sondern auch noch Wasserwerk, Kläranlage und Freibad. Zu den Aufgaben zählen Straßenunterhalt und Verkehrssicherung, Friedhofspflege und Winterdienst auf immerhin rund 150 Kilometern, der Unterhalt der städtischen Einrichtungen, die Organisation von diversen städtischen Veranstaltungen und immer wieder auch Baumaßnahmen und Projektarbeiten.

Mehr Pensum

Der Arbeitsaufwand für den Bauhof ist größer als noch vor einigen Jahren. So waren beispielsweise im Jahr 2010 noch 25 Spielplätze im Stadtgebiet zu betreuen, heute sind es 34. Während vor zehn Jahren noch eine Kontrolle alle sechs Wochen vorgeschrieben war, ist die Vorgabe heute einmal wöchentlich. Ebenfalls neu: die Baumkontrolle – 600 Bäume müssen einmal jährlich hinsichtlich der Verkehrssicherheit begutachtet werden. Doch auch die Hinwendung zu mehr Ökologie bedeutet größeren Aufwand: mehr Mähen, weniger Mulchen, heißt es.

Die Zusatzaufgaben

Die Bauhofmitarbeiter sind vermehrt in Bautätigkeiten involviert – weil man niemanden findet. Einen Graben für die Infrastruktur an der Xaver-Mayr-Galerie am Stadtberg zu ziehen, gehört jedenfalls nicht zu den ursprünglichen Aufgaben des Bauhofs. Der erfülle jedoch oft eine „Feuerwehrfunktion“, so Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD). In diesem Fall, weil keine Baufirma verfügbar war. Angesichts der Lage im Handwerk scheint diese Situation künftig noch öfter auftreten zu können.

Folgen des Klimawandels

Trockenperioden, wie sie heute nicht mehr selten sind, bedeuten für den Bauhof „verdammt viel Arbeit“ und viel Gießen, wie Bauhofleiter Christian Raehse gesteht. Dazu kommen Wetterkapriolen: Wenn’s plötzlich einen Schauer beschert, kann man eben zwei Tage nicht mähen.

Auf den Biber wollte dann der Albersdorfer Stadtrat Werner Riegel (SPD) noch näher eingehen. Der sei in der Tat auch ein Problem für den Bauhof und beschäftige die Mitarbeiter mit Rückbau und Drainagen rund drei bis vier Wochen im Jahr, bestätigte Christian Raehse: „Und auch in denen können sie nicht gleichzeitig mähen.“

Ökologische Ausrichtung

Gesetzliche Vorgaben hin zu mehr Biodiversität werden kommen, und dann sieht man sich gerüstet. Aktuell gesetzlich vorgeschrieben sei allerdings noch nichts, hieß es auf Anfrage von CSU-Stadtrat Frank Kaiser. Vorausschauend zu handeln sei aber am Ende wesentlich günstiger, als notgedrungen handeln zu müssen – im schlimmsten Fall erst dann, wenn Probleme auftreten. So ließen sich auch Folgekosten vermeiden, wie Christian Rahese veranschaulichte: „Wenn erst einmal die chinesischen Leiharbeiter kommen müssen und mit Pinselchen die Bäume bestäuben, schauen wir alt aus.“ Man müsse auch bei der Grünpflege in größeren Zeitperioden denken – was man sich ja bereits von der Forstwirtschaft abschauen kann.

Fachkräftemangel

Eine Gärtnerstelle habe man ausgeschrieben und niemanden bekommen, berichtete Christian Raehse: „Generell ist es schwer, Fachpersonal zu bekommen.“ Fachkräfte binden, halten, fortbilden lautet die Devise, sonst sieht es – auch angesichts der Altersstruktur im Bauhof – künftig schlecht aus. Für künftige Fachkräfte will man auch aktiv werben, „vielleicht auch an den Schulen“, wie Christian Raehse sagt.

Ob die Lösung eine externe Vergabe sein könnte? In der Regel komme es intern einfach günstiger, selbst mit Fachpersonal, entgegnete Bauhofleiter Raehse entsprechenden Vorschlägen aus dem Gremium. Davon abgesehen, siehe Arbeiten am Stadtberg, gebe es extern auch schlichtweg keine Kapazitäten.

Der Grünflächenplan

„Es wird leider immer so sein, dass das Gras zur gleichen Zeit wächst“, so Bürgermeister Hennemann. Helfen könne da nur eine klare Festlegung der Reihenfolge, ähnlich wie beim Winterdienst. Und so eine ist mit dem künftigen Grünflächenplan aktuell in Arbeit. Dieser wiederum ist Teil der Biodiv-Strategie, die der Stadtrat Ende 2020 verabschiedet hat. Einige weitere Punkte darin seien bereits umgesetzt, wie diverse Aktionen, Blühwiesen oder der „Garten der Freundschaft“ am Angerbach. Erstmals digital erfasst werden nun sämtliche kommunale Flächen, nicht nur in ihrer Anzahl, sondern auch hinsichtlich ihrer Gestalt. Im nächsten Schritt geht es dann um den entsprechenden Arbeitsaufwand. „Aufwendig, aber wir müssen das mal machen“, wie Bürgermeister Hennemann erklärt. Unterstützung habe man durch den „Marktplatz der biologischen Vielfalt“, anders wäre es auch gar nicht zu leisten gewesen.

Einsparpotenzial?

Wenn doch deutlich sei, dass der Bauhof nicht herumkomme, müsse man doch irgendwo Arbeit reduzieren, befand Stadtrat Philipp Arnold (Freie Wähler). Doch wo gibt es Einsparpotenzial? Genau das müsse man eben erst einmal festlegen, so Christian Raehse: Gibt es vielleicht Flächen, die man künftig gar nicht mehr betreut? Welche Arbeiten haben Vorrang? Wo kann die Stadt auch extern Arbeiten vergeben? Auch dies soll im Grünflächenplan definiert werden.

Aktueller Stand

Seit zweieinhalb Wochen ist der Bauhof mit drei bis vier Mann im Freibad (Grünfläche hier: rund 20 000 Quadratmeter) zugange, das am Donnerstag eröffnete. Währenddessen wuchs das Gras in die Höhe, was wiederum doppelte Arbeit bescherte: Weil die Halme zu hoch waren, schaffte sie der Mäher nicht, es musste vorgemulcht werden. Doppelte Arbeit, mehr Zeitaufwand also. „Aktuell sind wir sehr weit hinten dran“, entschuldigt sich Bauhofleiter Christian Raehse.

Öffentlichkeitsarbeit

Mehr Werbung für die Maßnahmen, aber auch für den Bauhof selbst wünscht sich der Bauhofleiter. Helfen könnte wieder ein „Tag der offenen Tür“, die Öffentlichkeit soll auch mit eventuellen Patenschaften zur Obstbaumpflege eingebunden werden. In Arbeit sind zudem Beschilderungen für bestimmte Flächen, um zu erklären, welche Mahd hier weshalb angesetzt ist – und dass manchmal das Gras eben deshalb so hoch steht, weil es so gewollt ist, und nicht, weil die Bauhofmitarbeiter faul sind. Um mehr Informationen, gerne öfter im Stadtratsgremium, baten Irene Jungnickl (SPD) und Isabell Zimmer (CSU), womit man bei Bauhofleiter Christian Raehse offene Türen einrennt.

Umgewöhnen

Friedhöfe und Spielplätze sollen natürlich weiter kurz gemäht werden, aber vielleicht muss man sich einfach auch daran gewöhnen, dass andere Flächen nicht mehr gemäht werden. „Unheimlich dankbar“ sei man jedenfalls den ehrenamtlichen Helfern, die einfach öffentliche Flächen mitmähen, die an ihre eigenen angrenzen, so der Bürgermeister. Doch im Gegensatz zum Gras gibt es hier ein Nachwuchsproblem: Nicht mehr viele Bürger finden sich für den einst so selbstverständlichen Einsatz.

Und so werden einige Flächen eben gewöhnungsbedürftig bleiben. Oder, wie es Bürgermeister Hennemann sagt: „Eine Blühwiese ist nicht immer eine Blühwiese, manchmal ist sie nur grün – und manchmal wird sie auch nicht so, wie man sie sich vorstellt.“