Ich drehe Runde um Runde. Da, endlich, Mist: Behindertenparkplatz. Weil ich ein artiger Verkehrsteilnehmer bin, der sich an Regeln hält, fahre ich weiter. Meine Tochter hinten auf der Rückbank stöhnt entnervt. "Müssen wir denn heute unbedingt einkaufen?" Ich fluche leise vor mich hin, stelle mich in die Mitte der Gasse und warte, dass jemand den Rückwärtsgang einlegt. Draußen tobt das pure Chaos. Im Auto ist es heiß, ich sollte doch endlich einmal die Klimaanlage reparieren lassen. Ich drehe das Fenster runter. Eine Frau mit Einkaufswagen schiebt sich gemächlich in unsere Richtung. Ich betrachte die Dame: Sie hat pinkfarbene Haare, die zu einem kecken Pferdeschwanz zusammengebunden sind. Irgendwie erinnert sie mich ein bisschen an Enie van de Meiklokjes. Noch auffälliger als ihr Kopfschmuck ist ihr Kleid: ein kurzes, knallbuntes Etwas, auf dem vorne Arielle, die kleine Meerjungfrau, prangt. Die Dame kommt näher. Erst jetzt, bei genauerem Hinsehen, sehe ich es. Sie ist schätzungsweise um die siebzig. Schöne Beine hat sie ja noch, denke ich. Aber dieses Outfit! Geschmacklos? Verrückt? Oder doch vielleicht witzig? Während sie mit schwindelerregend hohen Plateauschuhen und Dutzenden von Glitzerspängchen im Haar an meinem Corsa vorbeistakst, schenkt sie uns ein strahlendes Lächeln. Sie winkt. Meine Tochter winkt begeistert zurück. "Mama, die Frau hat aber sehr schön ausgesehen. Warum ziehst du eigentlich nicht so ein Kleid an?" Soll ich jetzt sagen, dass ich fürs Arielle-Outfit zu alt bin? In meinem Schrank hängt hauptsächlich Schwarz. Ich schaue dem schillernden Paradiesvogel im Rückspiegel hinterher und stelle fest: Die Lady sorgt bei mir und meiner Tochter für gute Laune. Im Supermarkt muss ich an die Grauen Panther denken. Gibt es die eigentlich noch? Wenn ja, sollte sich die Partei umbenennen. Offenbar ist heutzutage das Alter bunt. Und zwar nicht nur klamottentechnisch. Chapeau!