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"Da brauchen Sie schon einen Krieg…", sagt Regisseur Stanley Motss alias Dustin Hoffman in dem wunderbaren Film "Wag the Dog" auf die Frage, wie man denn die Öffentlichkeit davon ablenken könne, dass der US-Präsident im Weißen Haus eine Pfadfinderin begrapscht hat. Worauf Strippenzieher Conrad Brean alias Robert De Niro hintergründig lächelt – und gemeinsam mit Motts gegen Albanien zu Felde zieht. Rein medial, versteht sich – aber mit derart viel Nachrichten-Getöse, dass kein Mensch mehr von den Übergriffigkeiten im Oval Office redet.
Nun ist die Corona-Pandemie kein Krieg und leider kein bisschen eine Inszenierung – aber gleichwohl dieses eine gewaltige Thema, das alles andere erschlägt. Und so darf sich Andreas Scheuer ein wenig fühlen wie jener ertappte US-Präsident. Er hat etwas ausgefressen, aber niemand nimmt Notiz davon. Ist irgendwo noch die Rede von Maut-Desaster, vergeudeten Steuergeldern und getricksten Ausschreibungen? Nein, man liest, hört und sieht Virus, Virus, Virus…
Noch nicht mal der Deutsche Bundestag kann in Zeiten von Abstandsgebot und Ausgangsbeschränkungen regulär zusammentreten – und natürlich tagt auch der Untersuchungsausschuss nicht mehr, in dem die obskure Rolle des Bundesverkehrsministers aufgeklärt werden soll. Mitte Dezember 2019 hat er seine Arbeit aufgenommen – ob bis zum Ende der Legislatur im Herbst 2021 ein Ergebnis vorliegt, ist nach der wochenlangen Zwangspause fraglich.
Dabei wäre reichlich zu tun nach dem vernichtenden Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Längst geht es ja nicht allein mehr um die gute halbe Milliarde Euro, auf die sich die Forderungen der Betreiber belaufen dürften. Auch das gesamte Prozedere ist Thema. So kam unter anderen der Bundesrechnungshof zu dem Schluss, dass Scheuers Ministerium gleich mehrfach gegen Vergabe- und Haushaltsrecht verstoßen hat.
Um offiziell im vom Bundestag vorgegebenen Kostenrahmen von zwei Milliarden Euro zu bleiben, soll eine zusätzliche Milliarde in Schattenhaushalte ausgelagert und damit verschleiert worden sein – insbesondere über den Trick einer Mitbenutzung von Zahlstellen für die Lkw-Maut. Vor diesem Hintergrund droht aktuell offenbar auch T-Systems mit Schadensersatzforderungen. Das Unternehmen war seinerzeit aus dem Pkw-Bieterverfahren ausgestiegen, weil zum damaligen Zeitpunkt eine eigene Infrastruktur für die Mauterhebung Bestandteil der Ausschreibung war.
Gestoßen hatte sich der Bundesrechnungshof auch an der einseitigen Vertragsgestaltung zu Lasten der Steuerzahler. Für den Fall eines negativen EuGH-Urteils war vereinbart worden, Schadenersatz in Höhe der entgangenen Gewinne über die volle Vertragslaufzeit an die Betreiber zu zahlen. Und: Offenbar fanden kurz vor der Vertragsunterzeichnung diverse Geheimtreffen mit dem Konsortium Kapsch/Eventim statt, das später auch den Zuschlag bekam.
Der Bundesverkehrsminister bestreitet sämtliche Vorwürfe. Doch von seiner anfänglich gelobten Transparenz ist wenig geblieben. Medienwirksam in den Bundestag gerollte Akten ließ er kurz darauf wieder abholen und als Verschlusssache deklarieren. Und als wäre das nicht genug, verschwanden unter dubiosen Umständen sämtliche Daten von Scheuers Diensthandy – exakt wie bei Ex-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die sich wegen der Berater-Affäre ebenfalls einem U-Ausschuss stellen muss.
Den wohl bemerkenswertesten Satz zum Thema Maut allerdings hat man schon fast wieder vergessen. Gesagt hat ihn Bundeskanzlerin Angela Merkel Ende vergangenen Jahres vor dem Bundestag: "Ich finde, dass Andi Scheuer eine sehr gute Arbeit macht."
Kurz danach kam Corona …