Auch der Binzer Bürgermeister sieht die Sache pragmatisch. "Das muss jeder für sich entscheiden, ob er in Prora Urlaub macht. Wer nicht will, fährt halt woandershin. Wir sind vor allem erleichtert, dass endlich was passiert", sagt Schneider. Aber der Besuch lohne sich, das sei der schönste Teil der Binzer Bucht. "Wie NS-Bauten genutzt werden sollen, ist in der Bundesrepublik nie wirklich diskutiert worden", sagt Busch. Falls doch, Lösungen wurden nicht gefunden. "Aber Architektur ist per se nicht böse. Es ist, was wir daraus machen."
Um zu verhindern, dass Prora zu einem Sammelpunkt für Ewiggestrige wird, hat Busch eine Klausel im Kaufvertrag verankert. Darin verpflichtet sich der Wohnungseigentümer, auf die Historie Rücksicht zu nehmen, eine Nutzung durch nationalistische und neo-nazistische Kräfte wird ausgeschlossen. "Das Anbringen von nationalsozialistischen Symbolen am Bauwerk oder an den Fenstern, und zwar auch an deren Innenseiten, ist nicht gestattet." Braunes Gedankengut kann man Busch ohnehin nicht vorwerfen, schließlich ist der 54-Jährige der Sohn des DDR-Schauspielers und Arbeitersängers Ernst Busch. "Ich wurde vielleicht für verrückt gehalten, aber nie für einen Nazi."
Die Nacht beim Führer selbst gestaltet sich als recht erholsam. Die Apartments sind unterschiedlich geschnitten und eingerichtet. Ganz bewusst: individuelles Wohnen statt Gleichschaltung und Kasernenstuben. Prora sei "das größte architektonische Entnazifizierungsprojekt der Bundesrepublik", sagt Busch.
Ganz verschwinden darf die Geschichte freilich nicht, das weiß Busch. Stelen vor Block II sollen künftig über die Kehrseite Proras informieren. Und auch die ungewisse Zukunft der beiden Museen ist geklärt. Bund und Land haben 6,8 Millionen Euro für ein gemeinsames Dokumentationszentrum zugesagt. Ein Teil von Block V wird im Originalzustand erhalten und als "Zeitfenster" dienen – also in NVA-Grau und ohne Balkone. "Wir hoffen, dass es 2021 losgeht", sagt Misgajski.