Im Bundesverkehrsministerium ist die Euphorie ebenfalls auf der Strecke geblieben. "Vielleicht in fünf bis zehn Jahren", heißt es da. Und auch dann eher nur auf speziellen Routen. Bei Suchverkehr im Parkhaus etwa oder auf Autobahnen, wo es keine Kreuzungen und keinen Gegenverkehr gibt. Ähnlich die Einschätzung bei den Autobauern: Vor 2030, so der Tenor, würden selbstfahrende Autos wohl nicht in erklecklichen Stückzahlen auf die Straße rollen. Dabei wollten Politiker wie Konzernlenker mit geringeren Stau- und Fahrzeiten doch zigtausende Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.
Ein Problem ist das Geld. Nicht erst seit Beginn der Corona-Krise. Und zwar auf allen Seiten. Die Kunden wollen nicht so tief in die Tasche greifen wie die Hersteller einst gedacht haben. Für ein wirklich autonom fahrendes Auto sind Kameras, Ultraschall, Radar, Laser und jede Menge Sensoren nötig, von der Rechnerleistung für Datenverarbeitung in Echtzeit gar nicht zu reden. Das alles kostet. Die Hersteller bei Entwicklung und Produktion – und den Staat in Sachen Infrastruktur. Schon eine simple Ampel müsste aus Sicherheitsgründen zum Licht noch parallel ein Funksignal aussenden. Und das wäre erst der Anfang.
Beim Auto würde sich mit der komplexen Technik schnell mal der Grundpreis verdoppeln. Da zucken selbst betuchtere Privatkunden. Und das, obwohl die Deutschen nach Untersuchungen für ein selbstfahrendes Auto im Schnitt sogar 24 Prozent Aufschlag zahlen würden – in China und den USA sind es weniger als zehn. Und so sind die Grenzen klar: Mehrpreis für einen Stau-Assistenten gerne – aber eben keine 30 000 Euro zusätzlich für Rundum-Versorgung. Bei den Herstellern sieht man das ähnlich. Autonome Systeme, räumt man dort ein, würden sich auf absehbare Zeit vor allem für Nutzfahrzeuge oder Fahrdienste lohnen.
Zumal gerade Lenker hochpreisiger Autos meist im besten Sinne altmodisch sind und gerne selbst ins Volant greifen. Schließlich sind Emotionen und Fahrfreude mit die wichtigsten Kaufgründe. Und genau da liegt gerade für Premium-Anbieter das Risiko. Wenn das Auto von morgen vollautomatisch rollt: Warum sollte man sich noch für ein ganz bestimmtes entscheiden? Wer fährt wie im Taxi, dem reicht eine Art Taxi. Motor, Getriebe oder Fahrwerk sind dann ja keine Kriterien mehr. Nicht mal mehr das schicke Cockpit oder der Klappen-Auspuff. Wozu noch Markentreue, wenn es nur mehr Freude am Sitzen gäbe und keine mehr am Fahren?