Der Schock und die Aufarbeitung

Am Mittag danach zeugt nicht mehr viel von dem, was in einer Katastrophe hätte enden können: das rot-weiße Absperrband der Polizei vorm Tatort, ein verkohlter Haufen, womöglich die Überreste von Fahrzeugteilen, der Anflug von verbranntem Plastik und Metall in der Luft. Am späten Dienstagabend sind im Innenhof des Rathauses zwei Elektroautos der Stadtverwaltung in Flammen aufgegangen. Darunter der Dienstwagen des Oberbürgermeisters, ein Mercedes EQC 400, sowie ein ebenso vollelektrischer Audi, der Dominik Sauerteig (SPD) ebenfalls zur Verfügung stand. Ein Fenster des angrenzenden Gebäudekomplexes macht am Mittwoch den Eindruck, als sei es ob der freigesetzten Hitze geradezu zerflossen. Die Polizei geht ersten Erkenntnissen zufolge von Brandstiftung aus, noch in der Nacht hat sie einen 54-jährigen Coburger festgenommen. Die Kriminalpolizei ermittelt. Der entstandene Sachschaden beläuft sich auf schätzungsweise 100 000 Euro, eine E-Ladesäule ist ebenso betroffen.

Um kurz nach 22.30 Uhr erreichten mehrere Notrufe von Passanten die Einsatzzentrale. Da begann das Feuer bereits, auf ein nahegelegenes Gebäude überzugreifen. Die angerückte Feuerwehr brachte den Brand jedoch schnell unter Kontrolle. Insgesamt dauerte der Einsatz laut Kommandant Maximilian Brückner drei Stunden. Zwei Männer löschten die Fahrzeuge unter Atemschutz. Anschließend kontrollierten sie das Umfeld auf Glutnester. Vor Ort kristallisierte sich heraus, so schreibt es die Polizei in ihrem Bericht, dass jemand die beiden Autos absichtlich angezündet habe. Die folgende Fahndung war schnell von Erfolg gekrönt.

Nach Informationen der Neuen Presse handelt es sich bei dem mutmaßlichen Täter, der auf dem Ketschenanger aufgegriffen wurde, um jenen Mann, der schon vor einem halben Jahr in der Vestestadt einen Großalarm ausgelöst haben soll. Ein Gegenstand, der aus der Entfernung wie eine Bombe anmutete, hatte im Februar dafür gesorgt, dass der Marktplatz an einem Samstagvormittag evakuiert und anschließend für mehrere Stunden gesperrt werden musste. Der 54-Jährige soll auch für diverse Sachbeschädigungen in Coburg verantwortlich sein, es laufen gleich mehrere Anzeigen. Die örtliche Staatsanwaltschaft hat gegen ihn nun einen sogenannten Unterbringungsbefehl in eine psychiatrisches Klinik erwirkt.

„Ich bin erschüttert und entsetzt über diese Tat“, lässt der Oberbürgermeister tags darauf mitteilen. „Was hätte alles passieren können, wenn die Feuerwehr nicht rechtzeitig eingetroffen wäre und die Dienstwagen rechtzeitig gelöscht hätte?“ Die Sparkasse, das Rathaus, der gesamte Block hätten in Flammen stehen können, so Sauerteig. „Wir hätten womöglich ein zweites Inferno wie in der Herrngasse erleben müssen.“ Damals, im Mai 2012, brach ein Großbrand in der Altstadt aus. Die verheerende Bilanz: 13 Verletzte, zerstörte Fachwerkhäuser und ein Millionenschaden. In der Nacht zu Pfingstsonntag fing ein Dachstuhl Feuer – die Flammen griffen schnell auf die umliegenden Gebäude über.

Im Rathaus seien viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besorgt, fährt der Sozialdemokrat fort, sie fragten sich, was als nächstes passiere. „Ich hoffe, der Schuldige kann für seine Tat zur Rechenschaft gezogen werden.“ Zudem bedankt sich Sauerteig ausdrücklich bei Feuerwehr und Polizei für deren Einsatz. „Alle zusammen haben sicherlich Schlimmeres verhindert.“

Die Kriminalpolizei bittet derweil um Mithilfe aus der Bevölkerung. Zeugen, die zur fraglichen Zeit im Bereich des Rathauses auffällige Personen und/oder Fahrzeuge gesehen oder andere verdächtige Wahrnehmungen gemacht haben, werden gebeten, sich telefonisch bei der Kripo zu melden (09561/645-0).  Die Ermittler interessieren sich insbesondere für ein Pärchen, das sich zum Tatzeitpunkt in unmittelbarer Nähe aufgehalten haben soll und möglicherweise Informationen zur Aufklärung der Tat beisteuern kann.